schaftspolitische Abgrenzungen nicht in vergangene Jahr hunderte retrospektieren, ohne Gefahr zu laufen, einer ungewollten Vorschubleistung für gewisse folkloristische und ethnologische Manipulationen gegenwärtiger Regime verdächtigt zu werden. Historische Orts- und Personennamen aus damals deut schen, jetzt besetzten Siedlungsgebieten, in slawisierter Form zu schreiben, sollte man dem Opportunismus der Journaille überlassen, denn es beeinträchtigt den Wert eines zeitlos gemeinten objektiven Werkes. Einzelanmerkungen: Zu S. 16, 30 und 171: Natürlicher als die fragwürdige Aufteilung in „Mitteleuropa" und „Der Osten" wäre eine Aufteilung in „Städtisches Kunsthandwerk", „Dorf malerwerkstätten", „Malerhandwerkliche Gebiete" und „Hüttengewerbliche Gebiete". Die „Laienkunst" sollte man nicht auf die „moderne" beschränken, da sie wie im Kanton Luzern auch anderswo früher betrieben wurde. Zu S. 25 u. 26: Über Schlesiens und Nordböhmens Pro duktion kann niemand abschließend aussagen, ehe Erich Wiese's Sachkatalog über 1500 nordböhmische und schlesische Hinterglasbilder seines Riesengebirgsmuseums in Hirschberg/Schlesien und seine Sachbearbei tung von mehr als 10.000 Exemplaren dieses Raumes unverfälscht publiziert werden, die von allen Autoren seit 1945 (außer Knaipp) totgeschwiegen wurden. Die von Linckenheld bis Vydra immer wiederholten Ver suche einer örtlichen Zuordnung nach Begriffen wie „Das Atelier mit dem Vorhang" oder „der Maler der Madonnen mit dem Spitzenschleier" usw. sind längst überholt, seit man solche oft kurz einwirkenden Mode strömungen in fast allen Werkstätten festgestellt hat. Es ist bedauerlich, sie hier wieder aufleben zu sehen. Wohl gab es gelegentlich nahe einem Erzeugungsort eine Gnadenstätte. Werkstätten oder Wandermaler an Wallfahrtsorten wurden oft erwähnt, nie — auch hier nicht — nachgewiesen. Die meisten Werkstätten produ zierten und exportierten Wallfahrtsmotive oft weit ent fernter Gnadenorte: Schlesien für Lauffen im Salzkam mergut, Sandl für Radna an der Marosch (Banat) oder Buchers für La Salette (Frkr.). Zu S. 28: Das „Zinnoberrot" ist lt. erhaltener Geschäfts bücher billige Bleimennige. Nachtblauer Bildgrund war in Raymundsreut und Außergefild, nie jedoch in Bu chers typisch. Schwarzer Bildgrund als Ersatz für Verspiegelung schließt überall Rußbilder und Goldschliff bilder ab. Zu S. 29:„Aus einer Krone strömende Draperien" heißen ikonographisch und heraldisch „Wappenzelt", „Wappen mantel" oder „Pavillon". Zu S. 33: Eine hausgewerbliche polnische Hinterglasma lerei ist durch keinen Namen, keine Archivalien bewie sen. Die deutsche oder slowakische Produktion in jetzt polnisch besetzten Gebieten kann man dafür ebenso wenig geltend machen wie die Importe aus einst deut schen Gebieten. Hinterglasdekorierte Deckgläser für Holzschnitte und Papierbildchen wurden in den maler handwerklichen und hüttengewerblichen Gebieten er zeugt und in alle Welt exportiert. Ihre Erzeugung in Polen ist unbewiesen. Zm S. 34: Das profane Biedermeierbild fand seine Hei mat keinesfalls „vor allem in Westpreußen", es ent stand vielmehr in ganz Mitteleuropa und in Amerika zur gleichen Zeit. Zu S. 35: Für die Anfänge der rumänischen Hinterglas malerei im 17. Jh. kann selbst Cornel Irimie nur die Ikonenmaler in Laz anführen, wo vermutlich um 1700 Ikonen auf Holz, Leinwand und hinter Glas (?) ge malt wurden (Maria Pötsch / St. Stephan in Wien, Oö. Landesmuseum Linz und Sammig. Knaipp, letztere beide hinter Glas). Die Massenerzeugung in Siebenbür gen entstammt der 2. Hälfte des 19. Jhdts.! Wer kennt wo auch nur ein Hinterglasbild der „weinenden" MarienIkone von Nicula ab 1699? Zu S. 36: Das „spanische Element" der volkstümlichen Hinterglasmalerei Süditaliens wurde durch die deut schen Importe aus Schlesien, Nordböhmen, Bayern über Cadiz vermittelt. Zu S. 47: Kreuzwege nicht mehr in Ober- und Nieder bayern als in Schlesien, Nord- und Südböhmen wie Sandl! Zu S. 48: Spiegelrahmen nicht nur in Augsburg und Uffing, sondern in fast allen hüttengewerblichen Gebie ten! Desgleichen gab es dort neben dem WeichholzRippleistenrahmen überall „harte" Rahmen, etwa nur 10—20 Prozent, welche den Bilderpreis um 50—150 Pro zent verteuerten! Zu S. 49; In der volkstümlichen Kunst sind Hinterglas bilder als Einzelkunstwerke unbekannt, im Kunsthand werk selten, in der Laienkunst der Luzerner Patrizier frauen glaubhaft. Zu S. 50: Nicht Bauern malten hinter Glas, sondern Hin terglasmaler besaßen gelegentlich Kleinstlandwirtschaf ten zur Selbstversorgung. Das Geplauder des obskuren Reiseskribenten Josef Meßner abermals wiederzugeben, war unnötig. Zu S. 51: Hinterglas-Votivbilder wurden meist mit dem Gnadenbild auf Lager vorgearbeitet und bei Bestellung mit den zu schützenden Votanten (u. Tieren) ergänzt. Zu S. 58: In den frühen Perioden zeichnet Raymunds reut blasse bis dunkle Sepiakonturen und gelegentlich rote, später fast nur mehr schwarze. Zu S. 59: Tomann behandelt nach 1895 vom Hörensagen geprägte Berichte der Epigonen. Damals war die Volks kunst in Buchers schon ein Viertel) ahrhundert tot. Zu S. 61: Der erfreulichen Erkenntnis der großen Be deutung der Originalrahmen an einem Sachgut der Volkskunde widerspricht die überwiegende Wiedergabe rahmenloser bzw. im Format beschnittener Bilder. Zu den Abbildungen: In Abb. 27, Tafel 2 und 3, Keiser Tafel 46 a und desgl. Museum Ried i. 1. erkennen wir einen mehrfach abge wandelten holländischen Stich des 17. Jhdts., schreiben jedoch die Hinterglasbilder der Schule Augsburg in Ober bayern, 2. Hälfte 18. Jh., zu. Abb. 56 halten wir für Augsburger Schule in Ober bayern, eine Generation älter als Abb. 54/55.
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