OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

vorliegende Werk zwar die ältere regional-beschreibende Literatur nicht ersetzt, aber in fundamentaler Weise er gänzt. Ernst Burgstaller Klaus Beitl: Votivbilder. Zeugnisse einer alten Volks kunst. Salzburg 1973 (Residenz-Verlag), 160 Seiten mit 7 Textabb. und 48 Farbtafeln. S 270.—. Votivtafeln und Hinterglasbilder* zählen zur Zeit zu den wohl beliebtesten Themen für die Herausgabe an sprechender, reich illustrierter Publikationen. Auch das vorliegende Werk von Klaus Beitl — Wiss. Rat am österreichischen Museum für Volkskunde in Wien und bereits durch eine stattliche Reihe wissenschaftlicher Ver öffentlichungen aus dem Gebiet der Volkskultur hervor getreten — ist in erster Linie ein Bildband mit einer allerdings bestens fundierten und trotz der gebotenen Kürze inhaltsreichen Einführung in dieses Thema. Im ersten Einleitungskapitel „Wallfahrtsbrauch und Votivbildopfer" geht Beitl von der ihm heimatlich ver trauten Wallfahrtsstätte Maria Geburt zu Tschagguns im Montafon aus und stellt an Hand der Geschichte die ser Regionalwallfahrt den allgemeinen Entwicklungsgang dar. Dieses Beispiel bietet dem Verfasser genügend An knüpfungsmöglichkeiten, um dann in aller Kürze „Funk tion und Erscheinung des Votivbildes" theoretisch ab zuhandeln, ein nidit leichtes, aber von Beitl gemeistertes Unterfangen. Wenn auch das gebotene Bildmaterial — aus den Be ständen des österreichischen Museums für Volkskunde in Wien — nur österreichische (incl. Südtiroler) Bei spiele bringt, so entzog sich der Verfasser nicht der Auf gabe, im Kapitel „Entstehung und Geschichte des Votiv bildes" auch die außerdeutsche Entwicklung kurz zu skizzieren. Als älteste überlieferte Votivtafeln außer halb des romanischen Bereichs nennt Beitl jene von Riffian bei Meran (1487) und von Wilten bei Innsbruck (1487 und 1490), die in die Kategorie des „Stifterbildes" fallen. Die Einleitung wird durch eine Übersicht über „Samm lung und Forschung" ergänzt, an die sich thematisch das ausführliche Literaturverzeichnis am Ende des Buches anschließen würde. Im Bildteil wird zu jeder dargestellten Votivtafel eine Kurzgeschichte des betreffenden Wallfahrtsortes bzw. eine Erläuterung des Bildes geboten; die Bdldbeschreibungen samt bereits vorhandener Literatur dazu sind im anschließenden, ausführlich bearbeiteten „Katalog" gesammelt. So hervorragend nicht nur die Bildwieder gabe, sondern auch die getroffene Auswahl nach den verschiedenen thematischen Möglichkeiten (Kultobjekte, Stiftungsgründe, Bildkomposition etc.) ist, so entspricht siie doch nicht dem Titel des Werkes und den Einlei tungskapiteln. Die Herkunft der dargestellten Votiv bilder ist auf Österreich und Südtirol beschränkt, und hier wieder entsteht zwangsläufig der Eindruck, daß das Votivbild vor allem eine tirolische Angelegenheit sei, da nahezu drei Viertel aller Bilder aus Tirol stammen. Oberösterreich ist nur durch eine in Schwertberg er worbene Tafel von 1772 vertreten. Bei dem unter Nr. 16 gezeigten Votivbild von 1761, verlobt von „Barbara Maysenbergerin Weberin zu Peyerbach", dürfte es sich um das neben unserem Peuerbach genannte Bayerbach a. d. Rott bei Griesbach handeln, da in den Matriken bücher jener Zeit im Pfarramt Peuerbach dieser Name nicht aufscheint. Neben dieser räumlichen Einengung ist aber auch auf eine zeitliche Beschrärücung hinzuwei sen, indem das jüngste gezeigte Bild aus dem Jahre 1868 stammt; wohl alles der Einfachheit halber und dem Ver lag zuliebe, der nur Bilder der „schönen, alten" Sachen verkaufsträchtig sieht. D. Assmann Gislind M. Ritz: Hinterglasmalerei. Geschichte, Erschei nung, Technik. München 1972 (G. Callwey), 172 Sei ten mit 162 Abb., 48 Farbtafeln. S 537.—. Mit diesem allumfassenden Titel und mit ihrem Namen hat die Autorin ein großes Anliegen zu vertreten, da es unvermeidbar ist, in den Maßstäben zu lesen, die das Werk ihres berühmten Vaters, Josef Maria Ritz, gesetzt hat. Freilich blieb bei dem sehr gedrängten Textteil (nur 46 Seiten ohne „Einleitung", „Technik und Pflege", „Bilderläuterungen" usw.), also etwa dem durchschnitt lichen Umfang der Teilmonographien von Buchner, Keiser, Schmidt und Knadpp) kein Raum für neue For schungsergebnisse wie neu nachgewiesene Werkstätten, Erzeuger- und Händlernamen usw. Bei einer so aktiven Forscherin, der zudem die Unterstützung des wissen schaftlichen Apparates sicher ist, dürfen wir jedoch mit einer späteren Erfüllung offengebliebener Wünsche rech nen. Aus dem Blickfeld der Volkskunde mögen die kunst philosophischen Passagen dahingestellt bleiben. Wir be grüßen die gestraffte Schilderung der kunsthistorischen Entwicklung bis zur Gegenreformation und halten sie für die bisher beste zusammenfassende Aussage über diese Perioden der Stilkunst des Hinterglasbildes seit H. W. Keiser. Gegenüber der Behandlung des volkstümlichen Hinter glasbildes haben wir jedoch grundsätzliche und einzelne Einwände. Wir könnten uns viele Wiederholungen er sparen, wäre die Rezension über Vydra (öst. Ztschr.f. Vkde. 1958, Heft 3, S. 288—295) entsprechend berück sichtigt worden. Leider aber wurden zahlreiche der unbe wiesenen, teils unhaltbaren oder längst widerlegten Aus sagen Vydras und ähnlicher Autoren unkontrolliert und überbetont übernommen. Da wir diese Rezension hier nicht einfügen können, müssen wir den interessierten Lesern überlassen, das zu tun. So wäre es wünschenswert, bei einer Neuauflage das zwischen Südböhmen und Niederbayern, Nordböhmen und der Oberpfalz gelegene und von diesen Räumen kulturgeographisch, stilistisch und genealogisch abhän gige Westböhmen statt dem „Osten", Mitteleuropa zuzu ordnen. Der „Osten" beginnt nun einmal erst an der Westgrenze des geschlossenen orthodoxgläubigen Kul turraumes und man kann gegenwartsbedingte gesell- * Vgl. die entsprechenden Rezensionen von F. Knaipp und E. Burg staller in diesem und im letzten Heft der Oö. Heimatblätter.

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