OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

Ein Vischel-Autograph aus Wien In der wohl zu Anfang des 19. Jahrhunderts an gelegten Autographensammlung des Wiener Hofkammerarchivs finden sich, nach dem Ge sichtspunkt der eigenhändigen Niederschrift oder zumindest Namensfertigung gesammelt, insge samt 375 Handschriften von Herrschern, Staats männern, hohen Beamten und Künstlern^. In die letztgenannte Gruppe ist ein Brief des bedeu tendsten österreichischen Geographen des 17. Jahrhunderts, Georg Matthäus Vischer, ein zureihen, den er 1675 an die Hofkammer zu Wien richtete^. Der Künstler und Wissenschaftler Vischer wurde am 22. April 1628 in Wenns im Pitztal (Tirol) geboren. Er war der Sohn eines bemittelten Bau ern und empfing nach Absolvierung der theologisdien Studien die Priesterweihe. Als Angehö riger des Bistums Passau bewarb er sich, nach dem er zuvor Benefiziat in Andrichsfurt war, 1666 um die erledigte Pfarrerstelle in Leonstein bei Molin, die er auch am 9. Juni desselben Jahres durch den Patron dieser Pfarre, den Gra fen Georg Sigmund von Salburg, verliehen er hielt. Nach Ausweis der Pfarrbücher versah er nur in den Wintermonaten sein Amt, während er in den Sommermonaten mit Erlaubnis des Pass auer Ordinariates seinen topographischen Arbei ten nachging. 1668 resignierte er wegen der Un vereinbarkeit seiner Würde mit seinen Interes sen und folgte vier Jahre später einem Ruf der steirischen Stände zur Erstellung einer Landes karte. Spätestens 1684 finden wir Georg Matt häus Vischer, nachdem er noch eine Karte von Siebenbürgen und Ungarn geschaffen hatte, als Mathematiklehrer der Hofedelknaben in Wien. Am 24. März 1695 entschloß er sich eine Karte von Niederösterreich anzufertigen, starb aber, nach einer kurzen Lehrtätigkeit gegen Ende sei nes Lebens im Stift Kremsmünster, am 13. De zember 1696 im Alter von 68 Jahren in Linz®. Mehr als tausend baugeschichtlich wichtige An sichten von Städten, Schlössern, Burgen imd Klö stern in Niederösterreich, Oberösterreich, Steier mark, Mähren und Ungarn verdanken wir dem Topographen und Zeichner Vischer. Zahllose Kartenwerke im Maßstab 1:144.000 und 1:185.000 tragen seine ureigenste Handschrift. Sein größtes Verdienst war die Vereinigung von kartographischen, zeichnerischen und landes kundlichen Aussagemöglichkeiten. Hofkammerarchiv - Wien, Autographensammlung Nr. 347, fol. 1 f. Die Autographenrückseite enthält die Adresse sowie weitere von fremder Hand eingetragene Notizen, die Weiterleitung und Bearbeitung der Bitte Vischers be treffend. Die Transkription erfolgte nach den „Richt linien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte" von Jo hannes SchuItzeL Hochlobliche Kayßerliche Hof Cammer, Cenädig vnd Hochgebüettunde Herren Herren etc. Eür Excellentz vnd Gnaden ruhet in Gnädigen Angedenkhen wie ich mit harter Mühe vnd Arbeith die zwey Mappen vber beide Erzherzogthumber Osterreich vnder vnd ob der Ennß nebenß den darzugehörigen Topographien ge zeichnet vnd in Kupfer stechen lassen. Y^an aber solche nebenß den vbrigen Kayh Erblanden alß benantlich das Königreich Ungarn, Königreich Boheim, gedachte beide Erzherzogthumber, die Herzogthumber Steyer, Carenthen, Crain, Schleßien, Marchgrafthumber Mähren Burgau die fürstliche Grafschafft Tyrol sambt dem Breißgau oder Vorder österreichischen Landen sambt vnd sonders in allem .13. Stukh in ein khleinere Form nemblich einen grossen Regalpogen mit dem dar innen sich befindenen hochen vnd nidern Adl vnd einer khurzen Beschreibung auß Khupfer zu ' Vgl. Friedrich Walter, Inventar des Wiener Hofkam merarchivs (Publikationen des österreichischen Staats archivs, II. Serie; Inventare österreichischer Archive, Band VII), Wien 1951, 71 If. —• Meinem lieben Freund Dr. Leopold Auer, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, bin ich für mannigfache Hilfe zu Dank verpflichtet. ^ Hofkammerarchiv - Wien, Autographensammlung Nr. 347. — Vgl. Transkription in Beilage. ' Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, 51. Teil, Wien 1885, 45 ff. — Eduard Straßmayr, Georg Matthäus Vischer. Topographie von Oberösterreich, 1674 nebst dessen Landkarte von Oberösterreich 1669. Neudruck ... mit einer Abhandlung über Georg Matthäus Vischer, Linz 1923. — Österreich-Lexikon, 2. Bd., Wien 1966, 1200 f. ^ In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 102 (1966), 9 (Punkt 31 a).

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