OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 1/2

gebracht, an welcher er selbst sammt seinen zwei Kran kenwärtern von Alderspach zuerst, dann auch der hie sige Chorherr Albin... gestorben sind. Der Propst war gleichfalls von der Krankheit befallen, jedoch mit Got tes Gnade durch Schwitzen und Aderlaß davon wieder befreit worden... auch der Stiftsdekan Sebastian Guer der Pest erlegen. ... Nach einem anderen Schreiben des Propstes vom 5. März 1649... hatte der Pfarrer von Ort die Pestkranken versehen. Im Herbste 1649 begab sich Propst Jakob, um der aufs neue hier wiederum mehr auftauchenden Seuche zu ent gehen, auf die Pfarren nach Niederösterreich hinab ... In Neustadt jedoch ward dieser vortreffliche Mann... von der Seuche befallen, welcher er auch... am 3. Ok tober daselbst erlag*"." Für G. Weiß war es Tatsache, ciaß an dieser Stelle ein Pestfriedhof war: „Es war hier alter Friedhofgrund, wo schon zur Zeit der Pest 1649 viele Tote begraben worden sind^^." Wenn auch kein urkundlicher Beleg dafür gefunden wurde, so sprechen doch viele Momente dafür, nämlich die Abgelegenheit, die Fortführung als Begräb nisplatz in späteren Jahren (siehe unten), die Tatsache, daß schon vor dem jetzigen Bau von 1845 hier eine kleine Feldkapelle bestand und schließlich Vergleiche aus anderen Cebieten^^. Bei der Aufzählung der einzelnen „Pestjahre" und der jeweils hauptsächlichsten Verbreitungs gebiete dieser Seuche nennt B. Pillwein^^ Rei chersberg für die Jahre 1647—1650. Wesentlich besser unterrichtet sind wir über die Beerdigung von etwa tausend Soldaten bei der Doblkapelle während der Franzosenkriege. Die Schicksale des Stiftes zu dieser Zeit untersuchte eingehend der spätere Propst Konrad II. MeindP^ (1900—1915) von Reichersberg. Schon Anfang des Jahres 1796 wurde im Stift ein Militärspital eingerichtet, und zwar für „Marodeure" des österreichischen Heeres. Die Einweisung von ungefähr 800 (!) Mann der „Tirolischen Armee", von der das Kreisamt in einem Dekret vom 4. April 1797 sprach^®, kam gottlob nicht zustande, doch verblieben immer wieder kranke Soldaten, so 1799 u. a. von Bayern zurückkehrende Russen, im Stiftsspital. Im Jahre 1800 wurde im Stift das „Militärspital Nr. 7" eingerichtet; am 26. Juni wurde vom Kreisamt mitgeteilt, daß 600 Kranke daselbst eintreffen werden. Um derart viele Menschen unterbringen und verpflegen zu können, mußte man im Klosterhof einen großen Kochherd her stellen, in dem sieben eiserne Kessel eingemauert waren; auf den Schüttböden, im Konvent- und Kreuzgang wurden hölzerne Verschalungen und Abteilungen angebracht^®. Am 18. Dezember 1800 waren die ersten fran zösischen Truppen in diese Gegend gekommen. Nach dem Frieden von Luneville (1801) und dem Rückzug der Franzosen wurden die Behelfsunterkünfte wieder entfernt, die Böden ausgebessert, die Wände frisch getüncht usw. Doch schon we nige Jahre später verheerte wiederum Krieg das ganze Land. Am 29. Oktober 1805 setzten die Franzosen imd Baiern unter Napoleon neuerlich über den Inn. Bis zum Jahre 1810 dauerten die verschiedenen Hin- und Hermärsche, Einquartie rungen, Plünderungen, Ablieferungen, Beschädi gungen etc. Am meisten aber war das Stift wohl neuerlich unter der Errichtung eines Militärspi tals betroffen; nachdem bereits die Österreicher immer wieder hier ihre Kranken und Verwunde ten zurückgelassen hatten, wurde schließlich ein französisches Militärspital eingerichtet: „Der Krankenstand erreidite in wenigen Tagen eine Höhe von 720 Köpfen und stieg nodi weit darüber. ... in allen Zimmern des Stiftes mit Ausnahme von höchstens sieben lagen Kranke, so audi auf allen Gän gen zu ebener Erde sowol als im ersten Stocke, auf den Schüttböden, in der Bibliothek und diesmal selbst in der Kanzlei. Die Kreuz- und Conventgänge waren wie 1800 mit Brettern belegt und mittelst Verschläge in mehrere Abtheilungen getrennt, in welchen zur Winters zeit eiserne Oefen angebradit wurden; für die Rauch durchzüge mußte die Mauer an vielen Stellen durch brochen werden. Die Räumlichkeiten tmter dem Dache schützte man durch hölzerne Versdiallungen, welche am Dachstuhle befestigt waren. Jedes Gemach trug eine *» Appel, S. 261 ff. »* Weiß, S. 13. Im ca. 20 km entfernten Andorf wurde 1634 am Pest friedhof eine verlobte Sebastianskapelle erbaut; vgl. Florian Oherchristl: Die St.-Sebastians-Kirche in An dorf (= Rieder Heimatkunde, 16. H.), Ried 1929, S. 2. — Ober ähnliche Pestdenkmäler im östlichen Hausruck siehe in diesem Heft der Oö. Hmtbl., S. 63, 66, 75 f. *" Benedikt Pillwein: Geschichte, Geographie und Stati stik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns, 4. Theil: der Innkreis, Linz 1832, S. 7. ** Konrad Meindl: Die Schicksale des Stiftes Reichersberg 1770—1822, Passau 1873. Ebenda, S. 87. " Ebenda, S. 91.

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