OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 1/2

Die Doblkapelle zu Reichersberg VonDietmarAssmann Mit 3 Abbildungen und 1 Grundri£skizze Rund 500 m SSW vom Meierhof des Chorher renstiftes Reichersberg liegt die „Doblkapelle" (siehe Abb. 1). Diese Schreibweise ist der mund artlichen Aussprache angeglichen. Gelegentlich wird in Aufzeichmmgen und in der Literatur von der „Tobel"-Kapelle gesprochen. In der Proviso rischen Ausgabe der österr. Karte 1:50.000 ist das Bauwerk ohne Namensbedgabe als „Kirche" eingetragen, was wohl in etwa dem Bau nach, nicht aber der Funktion nach stimmt. In der 1965 aufgenommenen Neubearbeitung dieses Karten blattes wurde die Kapellensignatur verwendet und die Bezeichnung „Dobl Kpl." beigefügt, welche Schreibweise auch hier verwendet wird. Die Kapelle steht auf Stiftsgrund und gehört auch dem Stift, das in den Jahren 1972/73 eine gründliche Restaurierung des gesamten Baues veranlaß tie. Wenngleich es sich dabei um keine großartige Bauschöpfung handelt und auch das Inventar nichts besonders Hervorragendes birgt, so ist doch die mit dieser geräumigen Kapelle verbun dene Lokalgeschichte einige Beaditung wert; nicht zuletzt wird auch auf den Wallfahrtscha rakter dieses Heiligtums zu verweisen sein. Und alles zusammen läßt die Doblkapelle dann auch als Bauwerk in einem anderen, bedeutenderen Licht erscheinen. Schon 1946 veröffentlichte G. Weiß*, der damalige Propst von Reichersberg, zur Hundertjahrfeier eine Broschüre, in der neben einer „Chronik der Tobelkapelle" eine kurze Geschichte der Altpfarre Münsteuer, eine Lebensbeschreibung des Erbauers der Kapelle, die Themen der verschiedenen darin gehaltenen Fastenpredigten und schließlich allgemeine Ge danken über die Verehrung des Hl. Kreuzes, den Kultgegenstand dieser Kapelle, Platz fanden. Der Name der Kapelle kommt von einem nahe gelegenen Graben, der sich ab hier zu einem „Tobel" erweitert und vertieft, der zwischen Reichersberg und Obernberg zum Inn hin abfällt. Davon haben auch die umliegenden Fluren ihren Namen „Dobler-Felder" erhalten und südlich der Kapelle stand einst das „Doblgut zu Hasleichet", das 1931 abbrannte und lücht mehr aufgebaut wurde*. Nach einem Brand im Jahre 1686 wurde es von Propst Theobald Antiesner für das Stift erworben und zu den Meierhofgründen einbezogen^. Dieser Tobel bildete, wie schon die älteren Histo riker K. Meindl® und J. Strnadt® und desgleichen wieder F. Pfeffer^ darlegten, die alte Grenze zwi schen dem Rotgau imd dem Mattiggau, lokal zwischen den Altpfarren Münsteuer, zu der ur sprünglich auch das Gebiet um Redchersberg gehörte, und St. Georgen bei Obemberg. Nicht selten wurden an alten, wichtigen Grenzen Bild stöcke oder kleine Kapellen errichtet. Der Überlieferung nach steht die Kapelle auf einem alten Pestfriedhof. Insbesondere im Jahre 1649 fielen dieser Seuche auch im Gebiet um Reichersberg viele Menschen zum Opfer. B. Appel (1876—1899 Propst von Reichersberg) schildert in seiner Geschichte des Stiftes ausführ lich die damalige Situation: „Nun fingen in Bayern infolge des langwierigen Krie ges® die traurigen Folgen desselben, Hunger, pestartige Krankheiten und Viehseuchen an in einem erschreck lichen Grade sich einzustellen und um sich zu greifen. Nach dem Berichte des Propstes' ... vom 2. August 1648 starben zu Schärding täglich 6 bis 8 Personen, noch mehrere zu Braunau und an anderen Orten; auch wurde seit etlichen Wochen her weder mehr geläutet, noch Gottesdienst gehalten In liebevoller Fürsorge für das Wohl des Hauses hatte Propst Jakob schon am 7. Juni desselben Jahres 10 Chorherren und Brüder auf die Pfarren nach Niederösterreich geschickt und nur Einige im Stifte zurückbehalten, damit so, wenn eine Abtheilung der immer mehr um sich greifenden Seuche erläge, wenigstens die andere erhalten würde. Und wirklich brach dieselbe auch bald dahier aus. Pa ter Joseph vom Kloster Alderspach, welcher dahier hospitirte, hatte sich nämlich aus Neugierde, um nachzu sehen, wie es in dem verwüsteten Alderspach aussehe, dorthin begeben und von dort die Pest mit herüber ' Blatt 29, Schärding. ® Gerhoch Weiß: Hundert Jahre Tobelkapelle zum gekreuzigten Heiland in Reichersberg (1845/1945), Linz o. J. (1946). ® Ebenda, S. 11. Bernhard Appel: Geschichte des regulirten lateranensischen Chorherrenstiftes des heiligen Augustin zu Reichersberg, Linz 1857, S. 274. ® Konrad Meindl: Geschichte von Obernberg am Inn, Regensburg 1872, S. 20. ' Julius Strnadt: Inviertel und Mondseeland; Archiv f. österr. Gesch., 99. Bd./II, Wien 1912, S. 499, 504. ' Franz Pfeffer: Historische Gebietseinheiten; Blatt 6 und 7a des „Atlas von Oberösterreich", 1. Liefg., Linz 1958. ® Gemeint ist der Dreißigjährige Krieg. ' Propst Jakob Christian (1637—1649).

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