OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 1/2

Burgengründer — Uradelige Familien aus Oberösterreich (II) Von Walter Neweklowsky Mit 3 Abbildungen UNFREIE DIENSTLEUTE Unabsehbar ist die Menge der kleinadeligen und reisigen Leute. Sie alle standen in Diensten großer Herren, sdieinen audt unter den Ministerialen hochfreier Herren und Fürsten auf, aber der Aufstieg zu den Dienstherren des Landes, dem Herrenstand, war ihnen versagt, sie verblieben im Ritterstand. Erst in der Neuzeit, im 16. und 17. Jahrhundert, gelang es fast allen uradeligen Familien, die Erhebung in den Freiherren- und Grafenstand zu erreichen. Es soll hier keine Entwicklungsgeschichte des Adels gebracht, aber doch aufgezeigt werden, wie die führende Gesellschaftsschicht ständig von unten her Zuzug hatte rmd sich ergänzte. Vielfach erfolgte der Aufstieg aus dem hörigen Bauern stand, aus dem der freie Herr seine Leute für Hof- und Burgdienste nahm. Diese Dienst- und Burgmannen waren durch ihre ritterliche Lebens weise aus der Menge der Unfreien herausge hoben, nachdem sie durch die Gunst ihrer Herren zu kleinem oder großem Gutsbesitz gekonunen waren. Auch saß in jedem Dorf ein Amtmann oder Verwalter des Grundherrn. Manchem verhalf diese gehobene Stellung zu Macht und Reichtum und zu einer Herrschaft über das DorfL Jüngere Bauernsöhne machten sich als reisige Knechte durch Tapferkeit ver dient, doch war die maßgebende Grundlage für den Aufstieg einer Familie der Eigenbesitz (Allode) und die Lehen, denn Grund und Boden boten die Grundlage, durch Geld- und Naturalzinse zu Vermögen und Einfluß zu gelangen. Bei manchen Familien läßt sich das Emporsteigen aus dem hörigen Bauernstand nachweisen, z. B. bei den Tanpecken, Mühlbachern und anderen. In den Traditionsurkunden der oberösterreichi schen Klöster sind Himderte Zeugen angegeben, die als Zunamen einen Ortsnamen führen und deren soziale Stellung vielfach nicht erkennbar ist, doch ist anzunehmen, daß unter den in einem Ort Ansässigen die sozial Gehobeneren als Zeugen herangezogen wurden. Eine Adelsfamilie, die bei ihrem Aufscheinen vor 1350 den Namen eines Ortes als Zunamen führte, gilt als uradelig. Doch mögen auch freie Grundbesitzer wohl habend genug gewesen sein, um gehamischt zu Roß aufzureiten und so unter die ritterbürtigen Leute aufzurücken. Die These Julius Strnadts über den Fortbestand gemeinfreier Bauem aus der germanischen Besiedlungszeit bis in das hohe Mittelalter scheint nicht mehr vertretbar; offen bar stammen die mehr oder weniger von Untertanslasten freien Bauern aus der Rodungs zeit des 11. bis 13. Jahrhunderts^. Jedenfalls war es aber den Dorfherren oder deren Söhnen möglich, durch Besitz oder durch Kriegsdienste sich der adeligen Schicht anzuschließen. Ob ihnen dieses auf Dauer gelang oder ob sie in der Menge der bäuerlichen Untertanen wieder ver schwanden, lag wohl am Wechselspiel der Kräfte mit ihrer übergeordneten Herrschaft. Eine starre Trennung von Rittertum als Lebensform und Adel als rechtlicher Stand, wie sie Johanna Maria van Winter^ vertritt, ist, bedingt durch die Einheit aller Lebenserscheinungen im Mittelalter, schwer denk bar. Die Worte Ritter und Adel waren im Laufe der Jahrhunderte in ihrem Gebrauch und ihrer Bedeutung einem Wechsel unterworfen. Nadi van Winters Forschungen wird das Wort „Ritter" seit 1060 für „miles" (Soldat) und erst gegen 1200 im Sinne des Edlen tmd Ritterlichen auch für adelige Herren gebraucht. Dieses ritterliche Lebensideal wird dann als Bestand teil des adeligen Lebens übernommen. Unabhängig davon hatte sich die Schicht mit ritterlicher Lebensweise im 13. Jahrhundert zu einem erblichen Adelsstand, dem Ritterstand, entwickelt. Durch Lebensform und Lebensstellxmg war der Eintritt in den Ritterstand weiterhin offen. Seit dem 14. Jahrhundert erhielt der Ritterstand auch Zuzug durch reiche Stadtbürger, die Rittergüter erwarben oder in den landsässigen Adel einheirateten. Erst nachdem der luxemburgische Kaiser Karl IV. den Gebrauch der Nobilitierung aus Frankreich in das Deutsche Reich gebracht hatte, bürgerte sich im Laufe des 15. Jahrhunderts die Erhebung in den Adel durch die Fürsten ein. Ausdruck des Adels war jedenfalls Grundeigentum und ritterliche Lebensweise. Dazu gehörte der Sitz als Schöffe im Gericht, was sowohl Pflicht als auch Privileg war; die Herren sind in der Landschranne „an dem Rechten gesessen", wie der Ausdruck dafür in den Urkunden lautete. Als Folge ihrer gehobenen Stellung begannen diese Dienstleute seit dem 12. Jahrhundert ihre Wohnsitze als Burg auszubauen oder außerhalb ' Richard Schmidt, Burgen und Schlösser in Schwaben, 1958, S. 7. ' Friedrich Schmidt, Die freien bäuerlichen Eigengüter in Oberösterreich, Breslauer Hist. Forschungen 1941, H. 16, 8. ' Johanna Maria van Winter, Rittertum — Ideal und Wirklichkeit, 1969,13.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2