Die „Astrologische Calculation" des Doktor Joseph Grünpeck Mit 2 Textabbildungen Der kaiserliche Kaplan, Historiker, Astronom, Arzt imd Dichter Dr. Joseph Grünpeck dürfte sich in Steyr erstmals zu Anfang des Jahres 1508 aufgehalten haben, wahrscheinlich zur Über nahme einer Fischhub, die ihm Kaiser Maxi milian I. für „langwerig dinst" um tausend Gulden überlassen hatte^. Diese Liegenschaft, die bisher der Ratsbürger Dietrich Reischko von der landesfürstlichen Herrschaft Steyr als Lehen inne hatte^, befand sich in der Nähe des Neu tores bei der oberen Ennsbrücke^, auch Wiesen und Äcker gehörten dazu. Grünpeck diente hie für der Herrschaft jährlich 1 Gulden 11 Pfennig^. Als der Geschichtsschreiber in Steyr weilte, war die Bürgerschaft in zwei feindliche Lager ge spalten. Der im November 1506 ausgebrochene Aufstand der Handwerker wider die Ratsbürger war noch nicht beigelegt®. Besonders hell flackerte die Empörung wieder auf bei den Wah len der Stadtfunktionäre für das Jahr 1508. Zu der vor Weihnachten 1507 festgesetzten Wahl wurden zur „Verhütung von Unordnungen" als Kommissäre der Abt Ulrich von Garsten, der Anwalt im Lande ob der Enns Georg von Rohr bach und der Landschreiber Siegmund Astner nach Steyr entsandt. Aber auch diese Persönlichkeiten konnten die rivalisierenden Parteien nicht einigen, da die Handwerker „untaugliche Leute" für die Wahl vorgeschlagen hatten. Um Unruhen zu verhin dern, verschoben die Kommissäre die Ratswahl auf Jänner 1508®. Einen günstigen Wahltermin für die Ratsbürger, die wie andere Zeitgenossen für sterndeuterische Spekulationen zugänglich waren, sollte nun der anwesende Doktor Grün peck, der als Astrologe bekannt war, aus der Planeten-Konstellation voraussagen^. Hierüber berichtet Valentin Preuenhueber in seinen Steyrer Annalen: „Ein Ersamer Rath hat sich derley widrigen Unruhe, nicht unzeitig besorgt, und sich derentwillen vorher des Himmel und der Planeten Lauff, um dieselbe Zeit erkundigt; Wie dann noch bey den Actis eine Astrologische Calculation des im ersten Buch gedachten Dr. Joseph Gruenpeckens®, welcher zur selben Zeit auf der Mühl beym Spital gewohnt, vorhan den; Dabey sich geschrieben findet: ,Als aus weist diese Figur, wird dieser Tage (der 9te Jenner) glücklich seyn den Herren; Der lOde Jenner aber den gemeinen PöbeP in etlichen Articuln fürziehen' ". In Gegenwart der Kommissäre Abt Ulrich von Garsten, Georg von Rohrbach und Erhard Schweinpeck, Pfleger zu Ebersperg, fanden daher die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen auch am 9. Jänner statt. Uber die „Calculation" des Doktor Joseph dürften jedoch die „Herren" nicht sehr „glücklich" gewesen sein. Aus ihrer Mitte wurde wohl Pangraz Dorninger zum Bür germeister gewählt^^, aus den Reihen des „gmein Pofl" aber ging der revolutionär gesinnte Rädelsführer Hans ScheubP® als Stadtrichter hervor. ' Stadtarchiv Steyr: Mittelkasten, Lade 20, Nr. 4175. ^ V. Preuenhueber, Aimales Styrenses, Nürnberg 1740, S. 215. ® In der Umgebung von Steyr gab es mehrere Fischhuben. Die Fischhub des Reischko befand sich aber nicht, wie F. Berndt meint, auf dem rechten Ennsufer (Vorstadt Schönau). F. Berndt, Die drei Fischhuben in Ennsdorf. Bilder-Woche der „Tages-Post" v. 11. 12. 1932. — Ders., Die Fischhuben des Sdilosses Steyr. Steyrer Zeitung, Beilage „Zum Feierabend" v. 20. 11. 1958. * Oö. Landesarchiv Linz: NS III 266, „Alt aufgerichtes Urbarium über die Kaiserl. Herrschaft Steyr" 1524, Fol. 370: „Doctor Joseph von einer Visdhhueben vor dem Newen Thor bei der Pruckh von dem Reischko herkommend dient zu St. Martinstag 1 fl 11 x". — Die Steyrer nannten Grünpeck auch „Doktor Joseph". ' Diese Streitsache wurde auch durch eine Entscheidung Kaiser Maximilians nicht geschlichtet. Sie endete 1511 mit einer Niederlage der Handwerker. ° Preuenhueber, Annales Styrenses, S. 182. — F. X. Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer, Linz 1837, S. 178. ' Vermutlich war Grünpeck auch beeinflußt von den auf astrologischen Studien beruhenden geschichtsphilosophischen Ansichten des Würzburger Abtes Johannes Trithemius, der als der bedeutendste Astrologe zu An fang des 16. Jahrhunderts auch mit Kaiser Maximilian astrologische Probleme erörterte. — K. Eder, Deutsche Geisteswende zwischen Mittelalter und Neuzeit. Salz burg 1937, S. 123 f. ® Im ersten Buch seiner in 10 Bücher gegliederten An nalen befaßt sich Preuenhueber auf Seite 4 mit der An sicht Grünpecks über die Entstehung der Stadt Steyr. ° Im Original „gmein Pofl". Preuenhueber, Annales Styrenses, S. 184. Dorninger war Bürgermeister im Jahre 1508. — E. Krobath. Die ersten fünf Bürgermeister der Stadt Steyr. Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. Heft 15,1955, S. 48. 1^ Als Sdieubl 1511 mit den am Aufstand maßgeblich be-
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