Hier zeigt sich nun, daß die durch den Geburts adel geprägte Gesellschaftsstruktur des Mittel alters durchaus nicht so starr gegliedert war, wie es uns aus heutiger Sicht scheinen mag. Wohl hat jede herrschende Schicht die Tendenz, sich gegen unten abzuschließen, doch gab es zu allen Zeiten Emporstrebende, die durch Tüditigkeit und Fürstengunst hochkamen. Wie einerseits eine unfreie Fürstengefolgschaft in die führende Herrenschicht aufstieg, so nahmen andrerseits freie Herren, deren Grundbesitz zu gering war, um als Rückhalt für eine politische Machtaus weitung zu dienen, landesfürstliche und geistliche Lehen. Sie traten dadurch zwar in den Stand der Vasallen, erlangten aber damit die Mittel, ihrer Familie einen oft ungeahnten Aufstieg zu Macht und Reichtum zu öffnen. Ebenso kamen die Söhne aus der Ehe eines Hochfreien mit einer vermögenden Erbtochter eines Ministerialen in die Ministerialität, aber dadurch stand ihnen, nun nicht mehr im Gegensatz zum Landes fürsten, größte Besitzausweitung offen. Manche Ministerialenfamilie, die im 12. Jahrhundert den Namen einer neuen Burg annahm, war ursprüng lich freien Standes, doch nur selten konnte sie ihren freieigenen Besitz auf Dauer der Lehen schaft des Landesfürsten entziehen. In den Ur kunden und Traditionsbüchern werden die Be zeichnungen „liber" für frei und „nobilis" für adelig nicht einheitlich verwendet und ihre Be deutung ist im Laufe der Jahrhunderte Ände rungen unterworfen. Es ist daher nicht immer möglich, Ursprung und Stand einer Adelsfamilie beim ersten Auftreten mit dem Namen einer Burg zu klären, auch wenn Besitzverhältnisse, Stellung in den Zeugenreihen der Urkunden und Stand der Ehepartner zur Beurteilung herange zogen werden. Steirische Ministeriale Zuerst tritt uns die große Gruppe der Ministe rialen der Markgrafen von Steier im ehemaligen Traungau entgegen, die zum Teil schon als Dienstmannen der zu Wels und Lambach resi dierenden Traungaugrafen und Markgrafen der oberen Kärntner Mark aufscheinen. Mit dieser „oberen Kärntner Mark" gelangten sie 1056 an die Otakare, die späteren Markgrafen und Her zoge der Steiermark. Durch den Erbvertrag auf dem Georgenberge bei Erms 1186 kam die Steiermark nach dem Tode Herzog Otakars 1192 an den Babenberger Leopold V. Herzog von Österreich. Dieser Vertrag war mit Einwilligung der inzwischen zu bedeutendem Einfluß gelang ten steirischen Ministerialen geschlossen worden, die darin auch ihre Rechte und Pflichten, beson ders in lehens-, Vermögens- und erbrechtlicher Hinsicht, bestätigt erhielten. Durch den Anfall der Steiermark an die Babenberger wurde die Verschmelzung zwischen den österreichischen und steirischen Ministerialen angebahnt, die in unserem Raum durch die 1239 begonnene und 1254 vollendete Abtrennung des Traungaues von der Steiermark beschleunigt wurde^^. Ebenso wie die Markgrafen selbst nannten sich eine Anzahl von Ministerialen, wohl ursprüng lich Burgmannen, seit etwa 1100 „de Stiria" oder „de Styre" nach der Burg Steyr. Aus ihnen gingen später namhafte Geschlechter hervor, wie die Starhemberger und Losensteiner in Ober österreich, die Hohenberger in Niederösterreich und die Pemecker in der Steiermark, die alle den steirischen Panther in verschiedenen Ab wandlungen im Wappen führten. Starhemberg (Gem. Haag a. H., Bez. Grieskirchen) Gundacker de Stiria erwarb durch Heirat mit der hochfreien Richeza von Steinpach deren großes Erbe am Hausruck und nannte sich seit 1150 „de Steinpach". Sein Sohn Gundacker II. de Stiria ehelichte ebenfalls eine Hochfreie, Alhaid von Haunsperg, und erhielt 1198 vom Bischof von Passau die Herrschaft Wildberg im Hasel graben verliehen, die seither im Besitz der Familie blieb. Gundacker III., deren Sohn, 1224 bis 1235 de Styria und 1240 de Steinpach be nannt, erbaute die Burg Starhemberg bei Haag am Hausruck und scheint erstmals 1240 als „de Storichenberch" auf. Er und seine Nachkommen behielten den Namen, der sich im Laufe der Zeit von Storchenberg über Starchenberg und Stahrenberg in Starhemberg änderte. Im Zuge Gerhard Berthold u. Hansjörg Pfeiler, Otakarische Ministeriale aus dem Traungau, Mittig. d. oö. Lan desarchivs, 8. Bd. (1964), 146; Alois Zauner, Königs herzogsgut in Oberösterreich, Mittig. des Oö. Lan desarchivs, 8. Bd. (1964), S. 142.
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