OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

er gewonnen, indem er es ihrem Inhaber zum Geschenk machte^^. Den Übergabsvertrag, in welchem jene Erlaubnis eingebaut war, unterschrieb als Zeuge auch Mei ster Stephan Jegg, ein Zeugnis für sein nahes Verhältnis zu Grabmer. Jeggs Werkstatt war vorerst reichlich mit Arbeit versorgt, denn 1722 beschäftigte er nicht weniger als vier Gesellen^®. Um ihn und seine Nachfolger aber für alle Zeit vor dem neuen Konkurrenten zu schützen, wurde diesem in dem gleichen Vertrag ausdrücklich auf erlegt, sein erlerntes Gewerbe nur als „Gäumeister" zu betreiben, d. h. er sollte ausschließ lich für die Bauernschaft arbeiten und, wie wört lich zu lesen ist, „sich aller Arbeith sowoll in allhiesigen Marckht-Burgfridt als in das löbl. Stüfft zu ewigen Zeithen, umb willen derselbe (!) allhiesigen Hof- und Marckhttischler sehr nahe über Hals sitzet, gänzlichen enthalten". Weiter sollte der neue Meister keinen Gesellen beschäftigen, außer er war selbst wegen Krank heit durch längere Zeit arbeitsunfähig, und je den nach vierjähriger Lehrzeit freizusprechenden Lehrjungen birmen 14 Tagen entlassen. Sollte er dennoch vom Stift oder vom Markt Aufträge annehmen, wurde ihm mit Konfiskation der ge lieferten Arbeit und des dafür eingenommenen Verdienstes gedroht, dagegen versprach ihm die Obrigkeit Schutz vor anderweitiger Konkurrenz. Grabmer und seine Nachfolger haben diese Be dingungen des Vertrages gewissenhaft beachtet, sonst wäre ihr Verhältnis zur Familie Jegg nicht so ungetrübt geblieben: Bei der Bewertung von Hans Georg Grabmers Nachlaß 1768'® erbat sich die Witwe den Markttischler und Ratsbürger Christian Jegg, Meister Stephans Sohn, als Schätzmann, und als dessen Sohn Matthias Jegg 1805 gestorben war, heiratete seine Witwe im nächsten Jahr den zweitjüngsten Sohn Hans Georg Grabmers, den damals 54jährigen Tischler Josef Grabmer, der bisher in der Werkstatt auf der Köttendorfmühle gearbeitet hatte und nun Meister der Markttischlerei wurde. Es ergibt sich also ganz notwendig der Schluß, daß nicht die damals stark vom Stift mit Auf trägen beschäftigte Jeggsche Tischlerei, sondern die ausschließlich auf bäuerliche Kundschaft ver wiesene Grabmersche Werkstatt als Ursprungs stätte der sich nach 1760 entwickelnden Florianer Bauernkasten zu betrachten ist. In Aufbau und Form folgen sie weitgehend jenem Prunkschrank von 1720''', in Größe, Material und Dekor mußte sich der Köttendorftischler, wie er nun genannt wurde, freilich auf den Geschmack und die Bedürfnisse seiner Landkundschaft einstellen. Statt kunstvoll intarsierter und furnierter Hart holzmöbel verfertigte er jetzt bedeutend kleinere Schränke und Truhen aus Weichholz, die er mit bunten Furniernachahmungen und Ornamenten bemalte. Die Verschlingungen der Einlegearbeit wichen roten und blauen Blumen aus dem Bau erngarten oder einfach aufgeklebten Stichen mit Kriegs- oder Jagdszenen. Daß Grabmer mit den Bauern der Umgebung in bestem Einvernehmen lebte, geht daraus hervor, daß nach seinem Ableben am 22. April 1768'® die Besitzer zweier nahe gelegener Bauerngüter, nämlich der Maier zu Weßling rmd der Schilhuber, die Vormundschaft über seine vier rmmündigen Kinder aus zweiter Ehe übernahmen. Und daß es die Landleute nicht an Aufträgen fehlen ließen, kann aus der Entwicklung seiner VermögensVerhältnisse geschlossen werden. Als im Juli 1749 seine erste Frau gestorben war, ver pflichtete er sich in einem Vergleich mit den fünf nachgelassenen Kindern, jedem 160 Gulden müt terliches Erbteil zukommen zu lassen'®. Diese Großzügigkeit kann nicht allein damit erklärt werden, daß Frau Eva Maria Grabmer Tochter des wohlhabenden Florianer Ratsbürgers und Handelsmanns Wolfgang Diberger war, der ihr " Ein Parallelfall ist 1676 zu Basel bezeugt, wo der Kunstschredner Johann Christiian Frisch aus Linz dem Rat sein Meisterstück, einen prächtigen Ratstisch, zum Geschenk machte und daraufhin die Erlaubnis erhielt, sich in Basel als Meister niederzulassen (Heinrich Kreisel, Die Kunst des deutschen Möbels, Bd. 1, Mün chen 1968, S. 272). Windisch-Graefz, S. 366. c" OÖLA, LGA, F 97, f. 66 v. ff. Diese Hinterlassen schaftsabhandlung wird in folgendem noch mehrmals herangezogen. " Man vergleiche Abbildung 1 mit dem schon einige Male abgebildeten Florianer Reiterkasten im Linzer Schloßmuseum (Hist. Jahrb. d. Stadt Linz 1955, S. 401; Das Museum im Linzer Schloß, Linz 1963, S. 175; Franz Lipp, Oberösterreichische Stuben, S. 183). Pfarre St. Florian, Totenb. 3, 16. " OÖLA, LGA, F 78, f. 113 V.

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