wurde, 22 Jahre alt. Da sein Elternhaus, damals die Köttendorfmühle genannt, heute das Haus Weilling Nr. 8, etwa einen halben Kilometer süd lich der Florianer Glockengießerei am anderen Ipfufer gelegen, nur eineinhalb Kilometer von Jeggs Tischlerei (heute Gasthaus Stanek, Markt St. Florian Nr. 25) entfernt war, hat er mit größter Wahrscheinlichkeit in dieser Werkstatt sein Handwerk gelernt, wo Stephan Jegg ab 1713 bei der Arbeit an den Türen und Lamperien des damals neuerbauten Westtrakts® dringend flei ßiger Mitarbeiter bedurfte. Hans Georgs Vater, Michael Grabmer (auch Grabmayr), war nicht Tischler, sondern Zimmermann, so daß dem Sohn, als er nach dreijähriger Wanderschaft wie der in seine alte Werkstätte zurückkehrte, um dort sein Meisterstück zu verfertigen, als solches ein großer Gewandkasten aufgegeben wurde. Stephan Jegg mag den tüchtigen Gesellen ver anlaßt haben, seine Zinnintarsien statt in Eben holz in leichter zu bearbeitenden schwarzen Kitt einzulegen, um das Möbelstück innerhalb der vorgeschriebenen Zeit fertig zu bringen. Nach der Handwerksordnung von 1762 sollte der als Meisterstück zu liefernde Kasten binnen vier Monaten vollendet sein und für jede Woche dar über sollte der Geselle der Zunft einen Reichs taler Buße zahlen. Ebenso mag Jegg in Aner kennung der hervorragenden Leistung damit ein verstanden gewesen sein oder gar es angeregt haben, daß Hans Georg Grabmer an besonderer Stelle seines Werks die zu einem Ornament gestalteten Anfangsbuchstaben seines Namens anbrachte. Ein Meisterstück solchen Ausmaßes war nicht dazu bestimmt, bei seinem Verfertiger zu blei ben. Eine Wiener Tischlerordnung von 1662® schreibt vor, daß das Meisterstück nicht von „altväterischer Arbeith und also beschaffen sein soll, daß es wiederum verkaufft werden möge". Als Erwerber des mächtigen Prunkstücks kam wohl nur der größte Kunstfreund und Bauherr der Gegend, Propst Johann Baptist, in Betracht — wie sonst wäre es jetzt im Besitz des Stiftes? Da er aber nicht nur großzügiger Auftragsgeber und Förderer der Jeggschen Werkstatt, sondern auch höchster Repräsentant und dermaliger In haber der stiftischen Grundherrschaft war, von dessen Gnade und Huld sich sein Untertan Grab mer gegebenenfalls eine besondere Gunst erhof fen konnte, hat dieser dem Propst sein Meister stück nicht verkauft, sondern in passender Form als persönliches Geschenk dargebracht. Der Mei ster mag wohl durch eine Gegengabe in barer Münze dafür bedankt worden sein. Ein Beleg da für liegt aber nicht vor, denn was die Pröpste jener Zeit aus ihrer Privatschatulle bezahlten, der ein jährlicher Freibetrag aus dem Einkommen des Stiftes zustand, hat in den Kämmereirech nungen keinen Niederschlag gefunden^®. Propst Johann Baptist ließ das prunkvolle Möbel in sei nen eigenen Räumen, also in der früher Propstei genannten Prälatur im ersten Stock des West trakts aufstellend^, allerdings nicht ohne erst Meister Leonhard Sattler zu beauftragen, es mit einem mächtigen holzgeschnitzten Aufsatz zu versehen, der uns heute freilich etwas über dimensioniert anmutet^®. Der eigentliche Dank für das schöne Geschenk, wie ihn der nun bald 24jährige Meister erhofft hatte, bestand in der Erlaubnis, auf dem Hause, das ihm die Eltern am 29. Jänner 1722 um 250 Gulden überließen, auf der zur Stiftsherr schaft gehörigen Köttendorfmühle (Abb. 3), eine neue Tischlerwerkstätte zu begründen^®. Die Bedingung, durch welche die begreiflicherweise gegen jede Vermehrung der Werkstätten einge stellte Handwerkszunft so eine Neugründung er schwerte, hatte Grabmer durch sein Meisterstück erfüllt; die Obrigkeit, ohne deren Erlaubnis keine neue Werkstatt eingerichtet werden durfte, hatte ® Windisdi-Craetz, S. 364. " OÖLA, Landschaftsakten, Bd. 828, Nr. 1 c VIII 11/7. Freundliche Mitteilung von Herrn DDr. Karl Rehberger, Archivar und Kustos der Sammlungen dm Stifte St. Florian, dem der Verfasser in vielfacher Hinsicht zu bestem Dank verpflichtet ist. " Nadi dem Nachlaßinventar von Propst Johann Bap tist Födermayr (OÖLA, Landeshauptmannschafts akten, Bd. 24) befanden sich die meisten der jetzt in den Kaiserzimmern stehenden großen Kasten in den von dem Verstorbenen bewohnten Räumen der „Propstey". Der Aufsatz verhält sich zum Körper des Schranks wie 1 zu l'/s, während bei den Schränken der Präla tensakristei das Verhältnis etwa 1 zu 5 ist. " OÖLA, LGA (= Landesgerichtsarchiv), F. 51, f. 9 f.
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