OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Landeshauptmann Dr. Erwin W e n z 1 : Umweltschutz in Oberösterreich Bewußtseinsbildung Umweltschutz ist in allen Industrienationen der Welt zu einer der aktuellsten gesundheits- und gesellschaftspolitischen Aufgaben geworden. Der Themenkreis der Umweltgefahren hat in den letzten Jahren die Titelseiten der Zeitungen, die Sendezeiten des Rundfunks und Fernsehens er obert. Je mehr davon gesprochen und geschrie ben wird, desto größer wird das Unbehagen vieler. Die Öffentlichkeit in allen Teilen der Welt stellt mit zunehmender Betroffenheit fest, daß die Menschen, gezwungen durch eine rasante wirtschaftliche und technische Entwicklung, auf dem besten Wege sind, ihre Umwelt systema tisch zu zerstören. Noch bis vor kurzem sind die Gefahren, die sich besonders in den letzten Jahr zehnten aus der Bevölkerungszunahme, der Ver städterung, dem technischen Fortschritt und dem wachsenden Wohlstand ergeben haben, vielfach für übertrieben gehalten worden. Auch heute noch meinen viele, daß es sich bei den Forde rungen des Umweltschutzes um leeres Gerede handle, um eine Modesache, die wieder vorbei gehen wird, weil ja alles halb so schlimm ist und weil wir schon immer in einer verschmutzten Umwelt gelebt haben. Andere wiederum befällt tiefster Pessimismus, weil sie der Ansicht sind, daß das bestehende Mißverhältnis zwischen den notwendigen Forderungen und der Wirklichkeit nicht mehr behoben werden kann. Beide haben unrecht. Es ist natürlich bereits höchste Zeit, aber noch nicht zu spät, um eine allmähliche Umkehr des Trends zu erreichen, wenn wir auf allen Gebieten unsere Bemühun gen intensivieren. Wunder dürfen wir freilich keine erwarten; dazu sind die umweltgefährden den Faktoren unserer industriellen Zivilisation zu groß, um die Umstellung unserer Technologie und unserer Lebensweise von heute auf morgen zu erreichen. Wir müssen vielmehr alles daran setzen, um die immer steiler werdenden Zu wachsraten der Verschmutzung zu verringern, schließlich zum Stillstand zu bringen und im be sten Fall eine allmähliche Abnahme der Ver schmutzung zu erreichen. Dies gilt selbstver ständlich für die gesamte Umweltbelastung. Auf einzelnen Sektoren müssen freilich bald ent scheidende Verbesserungen des gegenwärtigen Zustandes eintreten, um andere Bereiche, in de nen sich eine weitere Zunahme der Belastungen Information, Aufgaben, vorerst nicht verhindern läßt, wie etwa bei der Luftverschmutzung durch Autos, zu kompensie ren. Wie soll nun eine Verbesserung der gegenwär tigen Situation in unserem Bundesland Ober österreich erreicht werden? Ich bin mir darüber voll im klaren, daß meine Erklärung des Jahres 1972 zum Oberösterreichischen Umweltschutz jahr mit allen vorgesehenen Initiativen, Aktionen und Maßnahmen nicht ausreichen wird, die Pro bleme des Umweltschutzes in dieser kurzen Zeit zu lösen. Das Oberösterreichische Umweltschutz jahr soll daher in erster Linie dazu dienen, alle mit Umweltschutzfragen zusammenhängenden Tätigkeiten unter einen einheitlichen Gesichts punkt zu stellen, um dabei nicht urmötig wert volle Zeit zu vergeuden. Dazu bedarf es be sonderer legistischer, administrativer und publi zistischer Aktivitäten auf Landesebene. Die in diesem Jahr begonnenen Aktivitäten müssen zu mindest so lange fortgesetzt werden, bis ent sprechende Maßnahmen des Bundes einsetzen. Aber auch dann wird erfahrungsgemäß ein Großteil der Durchführung von Bundeskompe tenzen in den Händen der Bundesländer liegen. Es ist eigentlich ganz natürlich, daß in der ersten Phase, die das Umweltschutzjahr darstellt, vor allem von den Gefahren, Ursachen und Abhilfe möglichkeiten nur gesprochen wird, weil eine so schwerwiegende und tiefgreifende Problematik, wie sie der Umweltschutz mit sich bringt, zuerst von der Öffentlichkeit und allen in Frage kom menden Instanzen einmal erfaßt werden muß. In einer demokratischen Gesellschaft kann man ohne tiefgreifende Bewußtseinsbildung keine fol genschweren Maßnahmen durchführen. Eines ist freilich klar: Wenn es uns ernst ist mit dem Um weltschutz, dann müssen wir ein Konzept ent wickeln, in welches sich alle taktischen Maßnah men einfügen lassen. In einer demokratischen Gesellschaftsordnung kann also nicht einfach von oben her dekretiert werden und selbst in Dik taturen ist es fraglich, ob solche einschneidenden Maßnahmen, wie sie ein wirksamer Umwelt schutz erfordert, nicht trotz hoher Strafdrohung immer wieder umgangen und durchbrochen wer den. Aufklärung zählt daher zu den vornehm-

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