OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Die Ähnlichkeit der Ausbildung der Stufen am Stufenstein mit der Art der Stufen am Eiben stein, sind auch Oberamtmann K. A. Wagner^ aufgefallen. Es mag befremdend und unglaublich anmuten, daß das neue Schloß, ohne erobert oder einem Brande zum Opfer gefallen zu sein, abgetragen wurde, noch dazu nur sieben Jahre nach seiner endgültigen Vollendung. Es wurde derart gründ lich abgetragen, daß Ing. W. Gotting vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung, der die Vermessung der Burgruine mit ihrem Vorge lände in verdienstvoller Weise im Jahre 1963 durchgeführt hat, berichten konnte^, daß von dem prächtigen Schloß außer einem Mauerrest auf der Westseite kein Stein mehr zu finden war. Es muß wahrlich ein Prachtschloß gewesen sein, denn außer der Bauzeit von sechs Jahren dauerte es noch 25 Jahre, bis die Inneneinrich tung fertiggestellt war. Der Bau des Schlosses, im italienischen Stil begonnen, wurde deshalb ausgeführt, weil seinem Bauherrn die alte goti sche Burg nicht mehr zeit- und standesgemäß erschien. Der weitgereiste und kunstsinnige Bau herr, der spätere Graf Windhag, verstand es, sein neues Schloß großartig einzurichten. Eine Hauptzier des neuen Schlosses bildeten die Ge mäldegalerien, die drei Stockwerke einnahmen. Die Bibliothek mit ihren 16.000 Werken bean spruchte drei große Säle. Ein weiterer Saal barg die reichhaltige Kunstsammlung mit unschätz baren Kostbarkeiten. Der große Münzkasten enthielt in 600 Schubfächern 19.574 Münzen, darunter seltene hebräische, babylonische und assyrische Prägungen. Es gab eine Rüstkammer mit einer wertvollen Waffensammlung, eine 14 m lange Werkzeugkammer für alle Handwer ke, eine reich eingerichtete Apotheke mit Labora torien, sieben große, Springbrunnen, 14 Trink brunnen, ein „Wildbädl zum Schwitzen und Lustbaden", Grotten mit Wasserspielen für ver schieden gefärbte Wasser, wasserspeiende Stein statuen und anderes mehr. Außerdem waren außerhalb des Schlosses ein gut eingerichtetes Brauhaus, ein großer, durchaus gewölbter Schloßmeierhof, ein großer Meierhofgarten, in dem Hirsche, Rehe und Hasen gehegt wurden, ein Fasangarten, ein Tiergarten mit einem Schildkrötenteich, zehn Fischteiche und ein gro ßer Lustgarten mit Lusthaus und Springbrunnen vorhanden. Aber all diese Herrlichkeiten hatten keine lange Dauer. Kurz nach dem Tode des Grafen von Windhag wurden sie von seiner eigenen Tochter zerstört und vernichtet. Aus dem Material des bis auf die Grundfesten niedergerissenen Pracht schlosses in Windhaag und des gleichfalls abge tragenen Schlosses Pragtal ließ sie auf dem westlich gegenüberliegenden Hügel ein neues Kloster und eine große Kirche erbauen. Am 3. Januar 1700 starb sie als erste Priorin des neugegründeten Klosters. Sie hinterließ 12.700 Gulden an Schulden. Das ungeheure Vermögen ihres Vaters war verbaut, verprozessiert und verschleudert worden. Um die Gründe ihrer Handlungsweise einiger maßen zu verstehen, ist es notwendig, ihr Elternhaus kennenzulernen: Ihr Vater wurde am 21. Februar 1600 als Sohn des lateinischen Schul meisters, Magister Jodok Entzenmüller, in Babenhausen an der Günz im bayrischen Schwa ben geboren und auf den Namen Joachim ge tauft. Mit 15 Jahren kam Joachim auf die Hoch schule von Ingolstadt, vollendete seine Universi tätsstudien in Wien, wo er zum Doktor der Philosophie promovierte. 1626 war Enzmilner — so schrieb er sich — unter bayrischem Einfluß zum Syndikus und Advokaten der oberöster reichischen Stände in Linz ernannt worden und erwarb sich nachträglich das juristische Doktorat laut Diplom vom 5. September 1626. Im August 1627 ernannte ihn Kaiser Ferdinand II. wegen „geleister Dienste in dem jüngst entstanden Bauernkrieg" zum Kaiserlichen Rat. Laut kaiser lichem Diplom vom 26. Juli 1630 wurde ihm das altererbte väterliche bürgerliche Wappen neu verliehen und nach seinem damaligen Landgut das Prädikat „von und zu Kürchberg" gegeben; außerdem wurde er mit anderweitigen Privile gien begabt, darunter dem eines Comes Palatinus. Auch wurde er zum rittermäßigen Lands mann erhoben. Das Landgut Kürchberg ist das ' Ernst Burgstaller, Wladimir Obergottsberger, Karl. A. Wagner: Der Eibenstein und seine Probleme. Oö. Hei matblätter, Jg. 23 (1969), Heft 1/2, pag. 113. * Amt der oö. Landesregierung, Landesbaudirektion, Ing. W. Gotting: Aufnahmeberidit der Burgruine Windhaag nach dem Stande 1963, pag. 4.

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