OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Jahre 1674 ist an der Stelle des Nischensteines ein verandaartiger Aufbau auf der Felsenterrasse zu erkennen, während der Stein selbst vom Haupttrakt überbaut ist. Es ist nun ziemlich wahrscheinlich, daß die Einebnung der Stein oberfläche bei dieser Gelegenheit erfolgte. Das erhabene Winkelstück (A) war vermutlich als Mauerwiderlager belassen worden, und zwar dürfte der Nordsüdschenkel als Fundament für eine Mittelmauer gedient haben, in welcher Flucht auch 3,30 m nördlich ein 3,30 m langer und 75 cm breiter Felsrücken von 15 cm Höhe fällt. Aber durch den Bau nicht erklärlich sind die Rillen (R) auf der Steinoberfläche, die Nische und die Gestaltung des Vorplatzes (siehe Textz. 2). Jedenfalls ist die Nische für irgend einen Gebrauch auch im Keller nicht geeignet, da sie dafür zu klein und zu niedrig ist. Man kann also armehmen, daß Rillen, Nische, Vor platz und Terrasse ihre Gestaltung bereits vor der Erbauung der gotischen Burg, die urkundlich 1290 erwähnt ist, erfahren haben. Hiermit nähert man sich schon der Zeit der Christianisierung dieser Gegend und kommt zu der Vermutung, daß es sich hier um einen Kult platz unserer vorchristlichen Vorfahren handeln könnte. Im übrigen erinnert die Nische und der Aufgang an eine ähnliche Anlage bei den Externsteinen am Nordostabhang des Teutobur ger Waldes, die als Symbolgrab gedeutet wurde. In diesem Zusammenhang gesehen, dürfte auch dem „Kanzelfelsen" (siehe Abb. 2) eine ent sprechende Bedeutung zukommen. Der Felsen erhebt sich 80 m nördlich des Nischensteines im rechten Winkel nahezu senkrecht 7 bis 8 m über das flache Gelände. Zwei Meter vom Steilrand entfernt befindet sich eine kreisrunde Vertiefung von 2 m Durchmesser und horizontal abgearbei tetem Rand. Die Tiefe der Grube wurde noch nicht festgestellt. Eine schmale Stiege an der Südwand führt zu der Vertiefung auf dem Plateau. Diese Stiege besteht heute aus sauber bearbeiteten Werkstücken von Fensterum rahmungen, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem abgerissenen Barockschloß stammen. Nordöstlich in einer Entfernung von 17 m von der erwähnten Vertiefung steht eine noch gut erhaltene Kapelle. Nach der Topographie von Vischer ist die ganze Felspartie als Gloriette aus gebaut. Wenn man am Fuß dieser Felspartie steht, hat man den Eindruck, daß hier die Natur eine wunderbar geeignete Predigtkanzel geschaf fen hat, was mich auch zu der Bezeichnung „Kanzelfelsen" veranlaßt hat. Oder hat diese Stelle vielleicht in grauer Vorzeit zur Beobach tung der Gestirne gedient? War es eine Opfer stätte? Eine Aufhellung wäre vielleicht ciurch Freilegung und Aushebung der derzeit stark verwachsenen Grube möglich. Noch ein dritter Stein erregt die Aufmerksam keit in dieser historischen Landschaft. Er liegt an der Nordostecke des Torgrabens der alten Burg, im Lageplan (siehe Textz. 1) als „Stufenstein" gekennzeichnet. Er besitzt neun eingehauene Stufen mit einem mittleren Gehmaß von 21 mal 40 cm und einer mittleren Länge von 1,70 m. Auf der rechten Seite des Stiegenauf ganges sind ca. neun kleinere Stufen in Quer richtung in den Felsen gehauen (siehe Abb. 3). Die kleinen Stufen haben sicherlich dazu ge dient, ein Widerlager für eine Mauer zu bilden. Diese Mauer war vermutlich die östliche Ab schlußmauer des Torgrabens und hatte vom Wehrturm beim Traitkasten des Vorhofes der alten Burg zur Nordostecke der Burg geführt. Wenn die Topographien halbwegs richtig ge zeichnet sind, so waren die großen Stufen nicht als Mauerwiderlager verwendet worden, da sie nicht überbaut waren. Sie mußten daher dem Verkehr gedient haben, weil Mauerreste der gotischen Anlage erst 2 m nördlich der obersten Stufe festzustellen sind und in der Topographia Windhagiana (siehe Textz. 3) Stufen zu sehen sind, die in den Torgraben hinabführen. Der Torgraben war nicht nur im Osten mit einer Wehrmauer mit Schießscharten, sondern auch im Westen mit einer Wehrmauer mit Zinnen ge sichert. Beide Wehrmauern mußten im Angriffs falle von wehrhaften Dienstleuten rasch besetzt werden können, wozu vermutlich diese Stufen gedient haben, denn auch zur westlichen Tor grabenmauer führen Stufen. Es sind hier acht Stufen, Gehmaß 28 mal 30 cm, mittlere Länge 1 m, die sich an der Südwest-Ecke der Schloß kapelle befinden, 5 m von dem Ausgang eines unter der Apsis ins Freie mündenden Ganges, wie auf Abbildung 4 zu sehen ist.

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