OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Emanuel Simek verweist jedoch nadrdrücklich darauf, daß die Bestattungsart der Bojer — nach illyrisdiem Brauch — der Leichenbrand und die Beisetzung in einer Urne unter einem Grabhügel ist. Die Bestattungsart der Skelett-Flachgräber aber sei dem Keltenstamm der Volcae-Tectosages zuzuschreiben, der, auch nach dem Bericht Caesars, im thüringischen Abschnitt der Hercynien seine mitteldeutschen Stammessitze hat^^. Da Bojergruppen ursprünglich auch in Gallien (Saone, Marne, Doubs), in Oberitalien und nördlich der Donau als Nachbarn der Vindeliker sitzen, sind die südböhmischen Bojer entweder ein ostwärtsgewanderter Zweig des nordbayri schen Stammes oder sie sind wie diese durch keltische Überschichtung der illyrischen Hügel gräberkultur auch in Südböhmen autochthon entstanden. Auf die illyrische Grundlage deutet jedenfalls auch der Name Boii, der sich aus dem Keltischen nicht erklären läßt, auf illyrischem Siedlugsgebiet aber wiederholt zu finden isti2, i3_ jg). ursprünglich wohl mehr ein Appelativum als ein Eigenname. Gelegentlich entwickelt sich im Illyrischen wie im Kelti schen aus älterem o ein a'''. So könnte, vorausgesetzt, es wäre ein idg. Erbwort, das kelt. baga „Kampf"'®, ebenso wie das germ. bagja, bei Schmeller B. W. dt. bäg „Streit", das gr. ßof| „Schlachtgeschrei, Kampfgetümmel", das slaw. boj „Kampf" — mit dem ill. Stamm boi- verwandt sein. Es kommt öfters in kelt. Personennamen und Namenstei len vor'®: Ad-bogius, Bogioiüus und Boionius, im kelt. Stammesnamen Tolisto-bogii und läßt auf die Bedeutung „Krieger, Kämpfer" schließen. Daß die Bojer einen sol chen Namen zu Recht trugen, lehrt ihre waffenlärmerfüllte Geschichte in nahezu ganz Europa. Die deutsche wie die tschechische Vorgeschichts forschung weist darauf hin, daß sich der Begriff „Boiohaemum" — Heimat der Bojer — nicht iiüt dem heutigen geographischen Begriff Böhmen deckt. Das Siedlungsgebiet der böhmi schen Bojer sei identisch mit dem Gebiet des Hügelgräbervolkes in Süd- und Südwestböhmen sowie Nordostbayern. Seine Westgrenze sei das Gebiet der illyrischen Naristen am Regen und Cham in der Oberpfalz, die Ostgrenze das Ge biet der illyrischen Rakater im niederösterreichi schen Weinviertel und das der illyrischen Parmai- und Adrabai-Kamboi am Waldviertier Kamp. Die Südgrenze werde von der Donau gebildet", die Nordgrenze etwa vom Kaiser wald, vom Brdywald und dem Waldgürtel zwi schen Sazawa und Luschnitz. Die Lage der Bojer inmitten anderer illyrischer Stämme, wie auch ihr Name, läßt darauf schließen, daß sie eben falls ursprünglich Illyrier waren, die in den 500 Jahren der Latenezeit mehr oder weniger keltisiert worden sind. Auf die Zugehörigkeit zum illyrischen Hügelgräbergebiet wurde schon hin gewiesen. Bezeichnend ist vielleicht auch, daß sich ihr aus wandernder Bevölkerungsüberschuß um 60 a. C. nach Westpannonien wendet^®, wo ja die historischen Sitze der Illyrier angenommen wer den und sich die Zahl der Hügelgräber nach Osten zu verstärkt^®. Im letzten Jahrhundert vor Christi Geburt ist nun auch in Südböhmen das Vorkommen von Flachgräbern mit Skelettbestattung neben der alten Brandbestattung in Hügelgräbern festzu stellen®®. Es werden also mittelböhmische Kel ten, aus dem Bernautal etwa, in die von Bojern teilweise verlassenen Gebiete nachgerückt sein. Daneben sind auch große hermundurische Gräberfelder und Siedlungen bei Pfestovic und " E. Simek, wie Anm. 6, S. 33; dt. S. 523. Ernst Schwarz: Germanisdie Stammeskunde, Heidel berg 1955, S. 31. " Julius Pokorny: Zur Urgesdiidite der Kelten und Illy rier, Halle 1938; Ztschr. f. Celtische Philologie, Bd. XX, Heft 2/3, Bd. XXI/1, S. 9. " Ebenda, S. 180. '® Withley Stokes: Urkeltisciier Sprachschatz, Göttingen 1894. — Alfred Holder: Alt-Celtischer Sprachschatz, Leipzig 1896, Nachdrudc Graz 1961. '" A. Holder, wie Anm. 15. " E. Simek, wie Anm. 6, S. 18 ff.; dt. S. 521. — Leonhard Franz: Kelten und Germanen in Böhmen, 1937, S. 17. — E. Schwarz: Die Frage der slawischen Landnahmezeit in Ostgermanien, 1929; zitiert zustimmend: E. Simek: Cechy a Morava za doby fimske, 1923 (Böhmen und Mähren in römischer Zeit): Boiohaemum habe Süd böhmen einschließlich Oberpfalz bis zur Donau be deutet. Mit römerzeitlich bezeichnet die ältere tsch. Literatur prinzipiell die Zeit der germanischen Besied lung Böhmens und Mährens. (500 Jahre!) J. Schränil: Die Vorgeschichte Böhmens und Mährens, Berlin 1928, S. 250: „Nach Velleius Paterculus ist die Donau die Südgrenze Boioh." E. Schwarz, wie Anm. 12, S. 30. " Ilona V, Hunyady: Die Kelten im Karpatenbedcen, Buda pest 1942, mit Karte. Bedfich Duhsk^: Pravek jiärfch Cech, 1949, S. 390, Karte.

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