OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Wirkens in Linz nachdrücklich gepflegt. Neben den Publikationen steht nicht unwesentlich die Tätigkeit als Herausgeber („Briefe an die Wie ner Philharmoniker", „Wagner-Nietzsche Brief wechsel während des Tribschener Idylls" u. a.; verschiedene Kompositionen des 18. Jahrhun derts). Für seine wissenschaftliche Tätigkeit nahmen ihn die Gesellschaft für Musikforschung und die Int. Gesellschaft f. Musikwissenschaft auf. 1964 wurde er Wirkendes Mitglied der Gesellschaft zur Herausgabe der DTOe. Schließlich bleibt noch, der schöpferischen Tätig keit Jergers zu gedenken. Das Hauptgewicht liegt auf dem Gebiet der Orchesterwerke, in denen er, bei bevorzugter Verwendung traditioneller For men, im Bereiche funktionsgerechter Tonalität mit streng linearer Vielstimmigkeit zuweilen die Grenzen des tonalen Raumes berührt. Von mystisch-erhabener Einfachheit sind hingegen die Vokalschöpfungen getragen. Von den Orchester werken, deren sich bedeutende Dirigenten an genommen haben, wie etwa Bruno Walter, Hans Knappertsbusch, Clemens Krauß, Herbert von Karajan, sind u. a. zu nennen: Partita für Orchester, 1930. Sinfonische Variatdonen über ein Choralthema, 1937. Salzburger Hof- und Barodcmusik, 1939. Sinfonia brevis Salisburgensis, 1950. Die gewaltigste und umfangreichste Komposi tion stellt das abendfüllende Volksoratorium „Hymnen an den Herrn" (nach Texten deutscher Mystiker) für Soli, Knabenchor, gemischten Chor, großes Orchester und Orgel dar. Wie schon gesagt, stand Jerger kurz davor, die wissenschaftliche Laufbahn zu beschreiten. Aber er war zu sehr praktischer Musikübtmg verhaf tet, als daß er diese für immer hätte missen können. So ergriff er die sich bietende Gelegen heit, die Leitung des Konservatoriums zu über nehmen. Es kann hier nicht in extenso auf alle seine Leistungen als Konservatoriumsdirektor eingegangen werden, es seien nur einige wesent liche Punkte herausgegriffen. Wilhelm Jerger setzte sidi zur Aufgabe, aus dem Bruckner-Konservatorium eine angesehene musi kalische Bildungsstätte zu macken. Hauptanlie gen war, jenen jungen Menschen, die sich der Musik zuwenden, für die Ergreifung eines musi kalischen Berufes eine optimale Ausbildung angedeihen zu lassen. Die Funktion des BrucknerKonservatoriums als Ausbildungsstätte für Be rufsmusiker sollte gegenüber der musikalischen Laienausbildung mehr und mehr in den Vorder grund treten. Daß es mit der Ausbildung im jeweiligen Instrumentalfach oder Gesang nicht sein Bewenden haben sollte, war ihm als selbst umfassend gebildeten Musiker von großer Wich tigkeit. In diesem Bestreben erfuhr der Studien betrieb eine Umstrukturierung und wurde durch fachliche und allgemeine Bildungsfächer ergänzt. Auf der anderen Seite sollte der Studierende bereits während des Studiums mit den Proble men der Musica practica konfrontiert werden im Hinblick auf die spätere Berufsausübung. Der Verwirklichung dieses Anliegens diente in erster Linie die Gründung von Musiziergemeinschaften, nämlich des Kammerorchesters, der Bläserkam mermusik und des Kammerchores. Dem Ziele der Hinführung zur Musizierpraxis dient auch die vermehrte Heranziehimg der Stu dierenden zu öffentlichen und internen Veran staltungen, als Frucht der pädagogischen Arbeit. Einen erheblichen Anteil daran haben die zu den „Wochen des Bruckner-Konservatoriums" zu sammengefaßten Abschlußveranstaltungen jedes Schuljahres, die ebenfalls von Wilhelm Jerger initiiert wurden. Zur Bewältigung der reorganisierenden Aufbau arbeit wurden Einrichtungen geschaffen, deren wichtigste ein Kollegium von Fachgruppenvertre tern sowie das Referat für schulische Angelegen heiten sind. Dem Wissenschaftler Wilhelm Jerger war auch der Ausbau der Bibliothek als Quelle von Stu dienbehelfen für Lehrer und Studierende eine vordringliche und grundlegende Sache. Seit sei nem Amtsantritt wurde der Bestand der Biblio thek von etwa 4000 auf derzeit weit über 18.000 Titel an Büchern und Noten angehoben. Ein vordringliches Anliegen war ihm auch eine durchgreifende soziale Besserstellung des ihm anvertrauten Lehrkörpers. Hier hat er von An fang an Großes geleistet. Schließlich galt sein ganzes Bestreben der Er richtimg einer neuen angemessenen Heimstätte für das Bruckner-Konservatorium, nachdem das alte Haus an der Waltherstraße für den inten-

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