OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

gang in die SAweiz nur gelegentlich als Inter pret eigener Orchesterwerke am Dirigentenpult gestanden, so begaim er mit der Übernahme des Bruckner-Konservatoriums eine systematische Orchesterarbeit mit dem von ihm ins Leben ge rufenen Kammerorchester. Er tat dies mit der rein pädagogischen Zielsetzung, Lehrer der Strei cherklassen und deren fähigste Schüler in der Orchesterpraxis auszubilden. Hier werden die einzelnen Komponenten der Aufführungspraxis, wie Stilfragen, Ornamentik, Artikulation etc. an einer breit gestreuten Auswahl der Orchester literatur vom Barock bis zur Gegenwart erörtert und praktiziert. Mitbestimmend in der Pro grammgestaltung der Kammerorchester-Kon zerte ist auch immer das Bestreben, österrei chische und bevorzugt Komponisten unserer en geren Heimat aufzuführen. Nebenbei hat Wilhelm Jerger Konzerte sowie Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen mit be deutenden Orchestern geleitet, von denen hier nur die Wiener Philharmoniker, das MozarteumOrchester und die Bamberger Sinfoniker genannt seien. Wilhelm Jergers musikpädagogische Tätigkeit umfaßt den Unterricht am Wiener Volkskonser vatorium von 1936 an und die Vorlesungen aus Instrumentenkunde an der Wiener Musikakade mie von 1939 bis 1945. Nach der Lehrtätigkeit an der Universität Freiburg nahm er den Unter richt auch am Bruckner-Konservatorium wieder auf mit Harmonielehre sowie den Vorlesungen aus Instrumentenkunde im Seminar für Musik erziehung. Für einen Menschen von so starkem Bildimgs drang und solch insentivem historischen Inter esse war es geradezu eine Lebensverwirklichung, sich neben der praktischen Musikausübung der Wissenschaft zuzuwenden. Der Grund für wis senschaftliches Arbeiten wurde gelegt durch die Studien an der Wiener Universität bei dem Sy stematiker der modernen Musikwissenschaft Guido Adler. Daß die österreichische Musik des 18. Jahrhunderts im allgemeinen und die Wie ner Klassik im besonderen das zentrale For schungsgebiet des Wiener musikhistorischen In stituts war, mag zusammen mit der intensiven Konfrontation mit dieser Musik bei den Wiener Philharmonikern und einer ursprünglichen we sensmäßigen Veranlagung der Grund sein für die Vorliebe Jergers für die Musik dieser Epoche, auch in der späteren Arbeit mit dem Kammer orchester — abgesehen von der Einsicht in den musikpädagogischen Wert etwa Wolfgang Ama deus Mozarts. Die musikwissenschaftlichen Studien kormten erst nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz wieder aufgenommen werden. An der Universi tät Freiburg fand Wilhelm Jerger in dem Direk tor des dortigen musikwissenschaftlichen Insti tutes, Prof. Dr. Franz Brenn, einen hervorragen den Lehrer, der seinen Studenten größte Akribie in der Forschung und strengste Sorgfalt in der wissenschaftlichen Methode abverlangte. Dem entsprechend zeichnen sich Wilhelm Jergers wis senschaftliche Arbeiten durch gründliche Aus schöpfung des zu erforschenden Gegenstandes wie durch mustergültige Ausführlichkeit des bei gegebenen wissenschaftlichen Apparates aus. Die Frucht dieser ausschließlich wissenschaft lichen Periode war eine Reihe von selbständigen Publikationen sowie Beiträgen und Abhandlun gen in verschiedenen Periodica. Aus der umfang reichen Bibliographie seien hier nur demonstra tiv genannt: „Constanün ReSndl, 1738—1799. Ein Beitrag zur Musik geschichte der deutschen Schweiz im 18. Jahrhundert" (Phil. Driss.). ,,Die Haydn-Drudce aus dem ,Archiv der Theater- und Musikliebhaber-Gesellschaft in Lüssem' nebst Materialien zum Musikleben in Luzem" (als Habil.Sdirift gedacht, wegen der Bewerbung um die Direktion des BrudcnerKonservatoriums nicht mehr eingereicht). Beide Werke sind im Universitätsverlag Freiburg erschie nen. Ferner existiert eine Reihe von musikhistorischen Abhandlungen, die die Auswertung folgender archivalischer Arbeiten darstellen: „Die Musikbibliothek des Jesuitenkollegiums Solothurn" (1955). „Ordnung, Bestimmung und Beschreibung einer Samm lung von Musikalien aus der Zeit zwischen 1775 und 1785 im Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Freiburg" (800 Drucke, Abschriften und Originalkompo sitionen; 1956). „Katalog der Musikalien in der Zentralbdbliothek Luzern" (1958). Bereits vor der Schweizer Studien- und Assi stentenzeit war Jerger mit Veröffentlichimgen hervorgetreten und hat diesen Bereich seines

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