OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 3/4

Professor Dr. Wilhelm Jerger 70 Jahre Am 27. September 1972 beging der Direktor des Bruckner-Konservatoriums des Landes Ober österreich in Linz, Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Jerger, seinen 70. Geburtstag. Wilhelm Jerger wurde am 27. September 1902 in Wien geboren. Neben der Volks- und Mittel schule besuchte er den Feterlini-Knabenchor und begann 1916 das Musikstudium an der Wiener Musikakademie im Hauptfach Kontrabaß bei dem bedeutenden Kontrabassisten E. Madensky. Daneben studierte er Musiktheorie bei E. Mandyczewsky und Fr. Moser; weitere Lehrer waren C. Vogt und M. Springer sowie für kurze Zeit der Komponist Fr. Sdireker. Ferner absolvierte er einen Orgelkurs bei dem ehemaligen Salz burger Domorganisten Fr. Sauer. 1922 wurde das Studium mit der Reifeprüfung abgeschlossen, und im gleichen Jahre noch wurde Jerger unter der Direktion von Fr. Schalk als Kontrabassist in das Wiener Staatsopernorchester engagiert; damit war er Mitglied der Wiener Philharmoni ker. 1922/23 und 1925 bis 1927 studierte W. Jerger an der Wiener Universität Musikwissenschaft. Daran schloß sich eine kurze Unterweisung im Dirigieren bei Fr. Schalk. Neben dem Orchesterdienst unterrichtete Jerger von 1936 an am Wiener Volkskonservatorium, und 1938 erhielt er einen Lehrauftrag für Instru mentenkunde an der Wiener Musikakademie; 1942 wurde er Professor. Die Wiener Philhar moniker wählten ihn 1939 zu ihrem Vorstand. In dieser Eigenschaft oblag es ihm, die CentenarFeier des weltberühmten Orchesters zu organi sieren, an welcher die Berliner Philharmoniker, das Orchester des Maggio Musicale Fiorentino, das Concertgebouw-Orchester Amsterdam, die Budapester Philharmonie und die Wiener Sym phoniker mitwirkten. Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte mit dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bei den Wiener Philharmonikern eine einschnei dende Wende im Leben Wilhelm Jergers. Nach dreijährigem Aufenthalt in Salzburg ging er 1948 nach Luzern und nahm an der Universität Frei burg (Schweiz) das musikwissenschaftliche Stu dium wieder auf, um es 1952 mit der Erlangung des Doktorates der Philosophie abzuschließen. Er war eben im Begriffe, den endgültigen Schritt in die wissenschaftliche Laufbahn zu tun, als sich die Möglichkeit ergab, sich um die vakante Stelle des Konservatoriumsdirektors in Linz zu bewer ben. Wilhelm Jerger kehrte in die österreichische Heimat zurück und trat am 15. August 1958 das Amt des Direktors des Bruckner-Konser vatoriums an, in das er am 24. September des selben Jahres durch Landeshauptmann Doktor Heinrich Gleißner feierlich eingeführt wurde. In der Person Wilhelm Jergers begegnet uns der gar nicht so seltene Fall, daß ein Mensch von frühester Jugend an musikalischer Betätigung und schließlich dem Musikerberuf zustrebt, ob wohl außer einer natürlichen musikalischen Be gabung keine spezifische Voraussetzung existiert, die man als vorgegebene Basis für eine musi kalische Laufbahn ansehen könnte. Dennoch ent faltet sich hier aus eigener Kraft eine Persön lichkeit, deren ganzen Lebensinhalt die Musik ausmacht. Und eine ganz singuläre Erscheinung ist die unglaubliche Vielseitigkeit und Fülle, mit der sich Jergers Leben für die Musik und mit der Musik vollzieht. Wir haben hier zu betrachten den ausübenden Musiker — als Instrumentalist wie als Dirigent —, den Musikpädagogen, den Wissenschaftler, den Komponisten xmd schließ lich den organisatorische Fähigkeiten, tiefgegrün detes Fachwissen, pädagogische Erfahrung und musikalisch handwerkliches Können vereinenden Leiter einer Musiklehranstalt. Betrachten wir zunächst Wilhelm Jerger als aus übenden Musiker. Es gibt wohl keinen glänzen deren Ausweis für das Können eines Instrumentalisten als die Tatsache, direkt von der abgeschlossenen Ausbildung weg im Alter von 20 Jahren in das Staatsopernorchester engagiert und dadurch Mitglied eines Orchesters von Welt rang, wie es die Wiener Philharmoniker sind, zu werden. Fast ein Vierteljahrhundert währte die aktive Zugehörigkeit zu diesem Elite-Klangkör per, und das bedeutet ein Vierteljahrhundert intensive Auseinandersetzung mit der gesamten großen symphonischen Weltliteratur unter Diri genten ersten Ranges. Daneben wurde auch Kammermusik betrieben mit hervorragenden Ensembles und Künstlern. Der instrumentalen Betätigung im Orchester steht die Arbeit mit dem Orchester gegenüber. War Wilhelm Jerger bis etwa zu seinem Weg-

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