OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 1/2

Schrifttum Atlas von Oberösterreich. Erläuterungsband zur 3. Lie ferung (Kartenblätter 41—54), Linz 1971; 175 S., 46 Abb., 18 Karten. Erläuterungsband zur 4. Lieferung (Karten blätter 55—67), Linz 1971; 232 S., 56 Abb., 7 Karten, 2 Profile. Hrsg. vom Institut für Landeskunde von Ober österreich; Schriftleitung: Hochschulprof. Dr. Ernst Burgstaller. Wir haben in unserer Besprechung der 4. Lieferung des Atlasses von Oberösterreich im Jahrgang 24, Heft 3/4, dieser Zeitschrift die beiden Erläuterungsbände bereits angekündigt. Nun liegen sie in ausgezeichneter drucktechruscher Ausführung vor, wiederum mit äußerster Genauigkeit und in engster Obereinstimmung mit den Atlaskarten selbst redigiert. Dadurch gewinnt das Kar tenwerk an Wert als Nachschlagskompendium und Grundlage für weitere Forschungen auf den jeweiligen komplex behandelten Sachgebieten. Im übrigen ist der Atlas von Oberösterreich mit diesen Bänden abgeschlos sen. Daß dieses wissenschaftliche Unternehmen in einer verhältnismäßig kurzen Zeit erfolgreich beendet wer den konnte, liegt nicht zuletzt bei seiner Leitung. Der Erläuterungsband zur dritten Lieferung des Atlasses (Kartenblätter 41 bis 54) ergänzt die Sachgebiete Phäno logie (Heinrich L. Werneck f), Urgeschichte (Josef Reitinger), Industrie und Gewerbe (Otto Lackinger und Herbert Maurer), Holz, Papier, Leder, Textil, Be kleidung, Nahrungs- und Genußmittel sowie Bevölke rungsgeschichte, Bevölkerung und Wirtschaft nach Raum einheiten, Entwicklung des Personenverkehrs zwischen 1854 und 1964 und Straßen (alle Herbert Maurer). Freunde und Experten der Volkskunde aber werden schon auf die Erläuterungen des Kartenwerks über Früh lingsbrauchtum, Sommerbrauchtum, Erntebrauchtum, Bäuerliches Erbrecht und Totenbrauchtum gewartet ha ben. Diese Beiträge, von Ernst Burgstaller verfaßt und mit außergewöhnlich übersichtlichen Karten versehen, gehen über Erläuterungen weit hinaus. Sie sind, zieht man noch die in den Fußnoten angeführten Literaturhin weise in ihrer Gründlichkeit und Ausführlichkeit in Be tracht, stupend mit Geist und einer Fülle von Wissen und Erfahrung geschriebene wissenschaftliche Arbeiten. Mitgegebene, gut reproduzierte Fotos, zum Teil einmalige Aufnahmen, können als willkommenes An schauungsmaterial bezeichnet werden, das in der Volks kunde stets wertvoll ist. Diese Arbeiten, durch die der Erläuterungsband zur dritten Lieferung des Atlasses eine Aufwertung erfährt, berühren uns auch menschlich. Man kann sie als eine Abschiedsgabe ihres Verfassers ansehen, der nunmehr, nach Erreichung der Altersgrenze, in den Ruhestand tritt. Wir kennen Ernst Burgstaller als einen der bedeutend sten Forscher über Gebildbrote in unserer Zeit, aber auch über unsere Maibaumbräuche (Frühlingsbrauch tum). Er hat sich im Zusammenhang mit den Männer bünden der Zechen auch viel mit dem Sommerbrauchtum, so mit dem der Unruhnächte beschäftigt. Hier gibt es eine geschlossene Darstellung dieses Brauchtums in Oberösterreich, und zwar stets — im übrigen seine Stärke — hineingestellt in den mythischen Kreis. Da durch wird auch dieses Brauchtum nicht als ein rein lokales gekennzeichnet, sondern als Teil einer größeren Brauchtumskonfession, die Zeit und Gegend zurückläßt und Einsichte in viele Entwicklungen der Menschheit ver mittelt. Biologie und Soziologie werden bemüht. Damit erweist sich die Forschung Burgstallers als eine zeitge mäße, die jedoch in die Zukunft greift. Es sei, um ein Beispiel einer solchen Forschung an Hand dieser Beiträge zum Erläuterungsband der dritten Lieferung besonders herauszustellen, die Darlegung des bäuerlichen Erbrechts in Oberösterreich erwähnt, ob gleich jene über das Totenbrauchtum ebenfalls neue Aspekte aufzeigt. Gerade dieses Erbrecht weist wieder um auf die Trennungslinie zwischen Ost und West hin, die beim Brauchtum vielfach durch das Land geht, ent weder fixiert durch Ältesten- oder Jüngstenrecht, aber auch durch den Auszug der alten Bauersleute („Aus zug" und „Ausnahme"). Burgstaller hat auf diese Linie ganz allgemein hingedeutet, als man wissenschaftlich weit davon entfernt war, sie als ein Axiom zu erken nen. Umso bedeutender aber muß sie uns im Verlauf der Jahrzehnte erscheinen, als sie, wie sich immer ersicht licher herausstellt, keine wissenschaftliche Konstruktion zur Erhärtung einer gewagten Hypothese ist, sondern sich immer wieder in der Praxis, aus der Erfahrung be stätigt. Nicht vergessen seien die vier Beilagekarten zur Ge schichte der Siedlungsnamen in Oberösterreich, die Al fons Etz ausgeführt hat. Auch die große Karte als Bei lage zu den Erläuterungen für Blatt 48, das ist Indu strie und Gewerbe 1937, ist als eine statistische Berei cherung dieses Erläuterungsbandes anzuerkennen. Der Erläuterungsband zur vierten Lieferung des Atlasses zu den Kartenblättern 55 bis 67 zeichnet sich in erster Linie durch exakte Statistiken, Verzeichnisse und bild hafte Darstellungen, so zum Beispiel der bäuerlichen Ortsformen (Adalbert Klaar), bis in Details aus, die nicht nur den Fachmann, sondern auch den Laien fesseln müssen, werm er nur einigen Anteil an der Entwicklung des offenen Landes nimmt. Solche Aufstellungen (und hervorragende Fotos) machen noch andere Gebiete in dieser Hinsicht interessant, so die der Gräber- und der Siedlungsarchäologie (Amilian Kloiber xmd Lothar Eck hart). Wer sich allein mit dieser, erstaunlicherweise auf ein paar Seiten so umfassend gehaltenen Darstellung befaßt, erfährt mehr, als dies oft durch äußerlich noch so umfangreiche Arbeiten geschehen kann. Wiederum ein Beispiel dafür, daß wir in Oberösterreich vorzügliche wissenschaftliche Kapazitäten haben, die ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen brauchen. Erfreulich aber auch, das sei betont, daß die verantwortliche Schrift leitung des Atlasses für Oberösterreich sie für ihre Zwecke herangezogen hat. Speziell im Erkennen der je weiligen geistigen Kräfte, der geeigneten Mitarbeiter für ein großes Sammelwerk, das grundlegend sein muß, werden die Weichen für einen Erfolg in bezug auf eine zukünftige Forschung gestellt. Innerhalb dieser Pauschalanerkennung des Erläuterungs bandes zur vierten Lieferung möchten wir aber doch die

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