Denkwürdiges vom Greiner Strudel und Wirbel VonAlois Topitz Mit 6 Abbildungen und 1 Karte Im September des Jahres 1957 war die Füllung des dreißig Kilometer langen Stauraums zum Kraftwerk Ybbs-Persenbeug erfolgt. Versunken sind in ihm die letzten noch erkennbaren Strom schnellen des einst gefürchteten Strudels und des Wirbels. Versunken und auch vergessen. Ruhig gleiten die Schiffszüge durch das Stauwasser. Die Schiffahrt ist befreit von jeder emstlichen Ge fährdung und kann jenen Streckenteil nun so gar im Gegenverkehr befahren, der bis ins vorige Jahrhundert als der gefürchtete Greiner Strudel in ganz Europa bekannt war. Wer über die Vergangenheit etwas erfahren will, findet so gut wie alles im „Neweklowsky", die sem dreibändigen Werk über die Schiffahrt und Flößerei im Raum der oberen Donau^. Aus führlich wird über Geschichtliches berichtet, über die Schwierigkeiten bei der Tal- und Bergfahrt durch den Strudel, über Reiseberichte in allen Jahrhunderten, über besondere Begebnisse, Sa gen usw. Darüber hinaus soll die nachstehende Abhandlung dem Heimatfreund mancherlei Er gänzungen und Erklärungen bieten^. Daß wir heute noch imstande sind, ein genaues Bild über den Zustand dieser gefährlichen Strom hindernisse zu geben, verdanken wird dem obe ren Leiter der 1777 begonnenen großen Regulie rungsarbeiten im Struden, Joseph Walcher. Er meinte nämhch, man würde nach Durchführung der Arbeiten bei den höheren Stellen die Größe der Leistung nicht sehen, weil ja das Ergebnis nichts weiter als „die Abwesenheit von Gefahr" sei. Also sorgte er für die Anfertigung sehr ge nauer Abbildungen als Kupferstiche®. Leider kommen sie bei den üblichen Verkleinerungen im Buchdruck wenig zur Geltimg; zu dieser Ab handlung werden daher nur Ausschnitte daraus^ gebracht. Abbildung 1 gibt einen guten Überblick über die Lage des Strudels und des Wirbels. Die im Strudel wiedergegebenen Steinkugeln ragten nur beim spätherbstlichen Niederwasser aus dem Wasser. Die Steine, über die die talfahrenden Schiffe hinwegfahren mußten, waren einige Schuh rmter Wasser. Werm ein Schiff oder ein Floß leicht darüber streifte, war dies wahrschein lich sogar erwünscht, denn es wurde die Fahrt etwas abgebremst, wodurch die nachfolgende scharfe Rechtsbiegung leichter genommen wer den konnte. Wir sehen ja in Abb. 2, daß das durch den Strudel fahrende Schiff an jener Stelle den geraden Kurs auf das gegenüberliegende Ufer hat, wo zwei Schefleute mit einem Zillen haken warten, ob nicht Hilfe benötigt wird. Es ist jene Stelle, die in Abb. 1 eine Eindellung des Ufers zeigt. Diese könnte durch die Erosions tätigkeit des Stromes entstanden sein. Alle Hoch wässer führten ja stets viel Schotter mit, mit dem die Schubkraft des reißenden Wassers eine gute Schürf Wirkung erzielen konnte®. An jener Stelle konnten die Schiffe ohne ortskundigen Lotsen zerschellen. Roidtner® spricht von dem größten Fundplatz im Strudner Gebiet und sagt, man habe dort so viel Bronze gefunden, daß man daraus Faßpipen goß. Die einzelnen Steinkugeln hatten ihre Namen. Da war als erste die Marchkugel. Der Name deutet an, daß man an diesem Stein das Maß dafür genommen hat, wie groß der Tiefgang der durch den Strudel fahrenden Schiffe sein durfte^. ' Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei im Räume der oberen Donau, 3 Bde., Linz 1952, 1954, 1964. - Der Verfasser ist noch im vorigen Jahrhundert in St. Nikola geboren, war selbst ein eifriger Zillen fahrer und kam daher viel mit Schiffleuten in Be rührung. ® Walcher Joseph, Nachrichten von den in den Jahren 1778 bis 1781 in dem Strudel der Donau zur Sicherung der Schiffahrt vorgenommenen Arbeiten, Wien 1781. — Nachrichten von den bis auf das Jahr 1791 an dem Donaustrudel . . . Arbeiten, Wien 1791. '' Diese Kupferstiche bei Neweklowsky, Bd. I, Abb. 96 bis 99. 5 Ganz allgemein gilt: bei allen Flußengen staut das Wasser vor der Enge, besonders bei erhöhter Was sermenge. Mit dem Anstieg des Stauwasserspiegels wird das Gefälle in der Talenge größer, damit auch die Fließgeschwindigkeit und die Schubkraft. Mit dieser wächst auch die Erosionstätigkeit. Größte Tiefe im Struden war 30,5 m. Vgl. Schweiger - Lerchen feld A., Die Donau als Schiffahrtsweg . . ., Wien 1896, S. 60. ® Roidiner Josef, Die Fundplätze der keltischen, römi schen und altdeutschen Waffen, Münzen und Gerät schaften, Jb. d. Oö. Musealvereines, 30. Bd. (1871). ' Eine Marchkugel als Maßanzeiger hat es auch in Lauffen gegeben. Walcher hatte im Struden schon ein eisernes March mit Einteilung in „Gmünd" (d. i. die aufgestellte Faust mit ausgestrecktem Daumen) vor gefunden.
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