OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 1/2

Zur Geschichte der Welser Minoriten Von Wilhelm Rieß Die Stiftung des Welser Minoritenklosters — Geschichte des Klosters von der Gründung bis zur Reformation — Das Kloster bis zu seiner Umwandlung in ein kaiser» liches Hofspital — Die Wiedererrichtung des Minoriten= konvents in Wels. DIE STIFTUNG DES WELSER MINORITENKLOSTERS Um eine genaue Datierung der Stiftung festzu= setzen, reichen leider die vorhandenen Urkunden nicht aus. Der Stiftbrief des Klosters ist nicht er= halten und auch in den spärlichen Resten des Polheimerarchives ist kein genauer Hinweis auf= zufinden. In einer Aufzeichnung des Archives der Minori= ten in Wien^ wird das Jahr 1230 als Gründungs= datum des Klosters genannt. In einer von „Doctor Wiguleius Hundt"^ ver= faßten Beschreibung wird bezüglich der Grün= dung folgende Stelle angeführt: „Herr Weikhard von Pollhaimb, der 7. dieses Nahmens, HenricUdi von Pollhaimb Sohn, Thumbherr Zue Passau AO 1278 Bischoff allda 1280 biß 1283 an Stadt deß Ver= storbenen Bischoffs Peters; daß Minoriten Closter zu Weiß hat er gestüfft Anno 1230. Ist gestorben AO 1282 den 16. January, begraben zu Passau bey St. Ste= phan, vor dem Altar St. Maria mit dieser Überschrift: Armo Domini MCCLXXXII Weickardus Episcopus Pata= viensis XVI. Cal. Jan." Die von den Minoriten selbst verfaßte Grün= dungsgesdiichte berichtet weiter: „Wie und auf waß Weiß aber von Obbeschriebenen daß Closter gestiftet worden, ist nicht zu einer Nachricht bißhero vorkommen, dahero werden nur die dato be= findlichen Stüfftbrief Extrahierter, sambt dem waß das Closter Vermög selbiger genützt, und vor obligations verriebt, angezogen wie folgt®." Die Stiftung durch Weikhard von Polheim, Bi= schof von Passau, im Jahre 1230 muß als völlig unglaubwürdig aufgefaßt werden. Weikhard von Polheim wurde nämlich erst 1237 geboren^. Die letzte in der vorhin mehrmals erwähnten Stiftbriefsammlung® angeführte Stiftung datiert vom 1. Jänner X767, wodurch wir den Schluß ziehen können, daß sie in den letzten drei Jah= ren der sechziger Jahre des 1.8. Jahrhunderts an= gelegt wurde. Die Bemerkung „wie und auf waß Weiß aber von Obbeschriebenen daß Closter gestüfft wor= den" weist ziemlich eindeutig darauf hin, daß Ende des 18. Jahrhunderts bereits ein Großteil der ältesten Urkunden des Klosterarchives ver= lorengegangen war, sei es nun durch die zu Be= ginn der fünfziger Jahre des %6. Jahrhunderts er= folgte Umwandlxmg des Klosters in ein kaiser= hches Hofspital, oder auch durch die Wirren des oberösterreichischen Bauernkrieges und den gro= ßen Brand von 1626. Auch in Karl Donbergers „Chronik von Wels" — er schrieb sie in den Jahren 1851 bis 1867 — fin= den wir als Zeitpunkt der Stiftxmg das Jahr 1230 angegeben. Die diesbezügliche Stelle lautet: „Das Kloster ist wie wir bereits bemerkten eine Stif= tung der Herren v. Polheim. Die Zeit der Stiftung fällt um das Jahr 1230®." Donberger klagt ferner über „zu wenig zusam= menhängendes MateriaP", welcher Mangel ihn hindere, eine Geschichte des Klosters abzufassen. Das Gründungsdatum dürfte er derselben Quelle entnommen haben wie Konrad Meindl, der je= doch diese Datumsangabe bereits bezweifelt. In seiner „Geschichte der Stadt Wels in Oberöster= reich" befindet sich folgende Anmerkung: „Obwol® sich der Orden der Minoriten sehr schnell aus= breitete, ist doch die Angabe des P. Virgil Greiderer (German. Francisc. L, III., 542, B. der Bürgerschule 1872, 26—27) unwahrscheinlich, daß das Kloster in Wels be= reits 1230 entstanden sei, da der hl. Franz Ser., ihr Stifter, erst 1226 starb®." Das Gründungsdatum 1230 wird weiters noch in der „Relatio Fundationis Conventus Welsensi"^® angeführt. Dieser kurze geschichtliche Überblick der Ent= Wicklung des Welser Minoritenkonventes ist in Abschrift erhalten, weist aber keine Datierung be= züglich seines Entstehens auf. Das letzte im Text ' Archiv der Minoriten in Wien (abgek. AdM), Wels 44, Nr. 1 ® ebenda ® ebenda * Gilbert Trathnigg: Stammtafel der Polheimer (Manuskript) ® AdM, Wels 44 ® Karl Donberger; Chronik von Wels (Manuskript), Museum Wels, S. 440 e ' ebenda, S. 440 d ® „Obwol" — als Druckfehler im Original übernommen ° Konrad Meindl: Geschichte der Stadt Wels in Ober= Österreich, Wels 1878, Bd. II, S. 101, Fußnote 1 AdM, Wels 37

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