August Göllerich, Schüler und Interpret von Franz Liszt' Von Wilhelm J e r g e r Mit 2 Abbildungen Durch die vor einiger Zeit in Angriff genom= mene Aufarbeitung eines Teiles des umfangrei= chen Materials^ das wir einem Manne verdan= ken, dem Authentizität zukommt, nämlich August Göllerich (siehe Abb. i), sind wir um neue Erkermtnisse zum Thema „Franz Liszt und August Göllerich" bereichert worden. Dieses Ma= terial — es handelt sich um den weitläufigen Nachlaß August Göllerichs — gelangte durch seinen Enkel Hugo Rahitsch^ als Depositum in die Bibliothek des Bruckner=Konservatoriums. Was uns die zunächst zur Auswertung in Arbeit genommenen Teilstücke aus den Materialien, die „Tagebücher" August Göllerichs, überliefern, darüber wird in einer eigenen, in Vorbereitung befindlichen größeren Arbeit berichtet werden®. Es darf hier vermerkt werden, daß es einen Glücksfall bedeutet, eine derartig umfangreiche Privatsammlung in Linz zu wissen. Herrn Prof. Hugo Rabitsch darf ich auch an dieser Stelle aufrichtig danken, hat er doch mit der erteilten Erlaubnis, die „Tagebücher" auswerten zu dür= fen und dadurch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, der Liszt=Forschung einen wesent= liehen und wichtigen Dienst erwiesen. Die Sammlung, die von Erich Posch* aufgenom= men, jedoch noch nicht katalogisiert werden konnte, umfaßt nach provisorischen Signaturen: I. Noten, Nr. 1—31 II. Handschriften, Nr. 1—12 III. Briefe, Aufsätze und sonstige Schriften IV. Tagebücher August Göllerich, Nr. 1—14 V7I. Photographien V7II. Photos von Liszt mit Schülern, Bülow, Göllerich usw. V./III. Postkarten mit Brackner=Karikaturen, Aufnahmen von Bruckner=Stätten, Nr. 1—17 V./IV. Letzte Aufnahmen von Bruckner tmd 2 Photos von Kitzler, Nr. 1—8 V, 1; VI, 1; VII, 1; VIII, 1; IX, 1; X, 1; XI, 1; XII, 1; XIII, 1; XIV, 1; XV, 1; XVI, 1; XVII, 1; XVIII, 1; XIX, 1 = Diversa. VI. Abschriften Göllerichs von Liszt=Werken und Bruchstücke von Manuskripten von Liszt selbst und manchen handschriftlichen Einzeichnungen von Liszt, Nr. 1—52 Wie aus den „Tagebüchern" (Sign. IV/i—14) ersichtlich, hat August Göllerich, der von 1884 bis 1886 nicht nur einer der letzten Schüler Franz Liszts, sondern auch dessen Sekretär war, viele und wertvolle Aufzeichnungen gemacht®. Von den insgesamt 14 Tagebüchern enthalten sechs ausschließlich Berichte über den Unterricht bei Franz Liszt und den Umgang mit Liszt. Göllerich sah Liszt im Jahre 1882 zum ersten Mal, imd zwar vor der Aufführung des „Parsi= fal" in Bayreuth. „1883 sah ich Liszt bei den Festspielen, denen er nun vorzustehen sich verpflichtet fühlte, wieder. Im nächsten Jahre durfte ich mit ihm in nähere persön= liehe Berührung treten."" Franz Liszt weilte im April 1884'' in Wien, und Toni Raab, eine seiner hervorragendsten Schü= lerinnen, seine „petite Retzoise" — sie stammte aus Retz in Niederösterreich —, hatte August Göllerich dem Meister vorgestellt. In seinem Buch „Franz Liszt=Erinnerungen" schreibt Göl= lerich®: „Als exklusiver Schumann= und Brahms=Enthusiast war ich nach Wien gekommen, als Schüler A. Bruckners, Mitarbeiter des Wagner=Museums, das N. Oesterlein' eben aufzubauen begann, und als Freund Hugo Wolfs, der mir in stiller Stube — nahe dem Himmel — Berlioz vorlas, war ich mit meinen künstlerischen Anschauungen gereift, als midi — der im Elternhause des Malers 1 August Göllerich (1859—1923), Sdiüler Franz Liszts von 1884—1886, leitete von 1890—1896 die Ramann=Volkmannsche Musikschule in Nürnberg und war von 1896—1923 Musikdirektor des Linzer Musik= Vereins und Schuldirektor der Musikvereinsschule. Erich Schenk, der anläßlich des 140. Geburtsjahres Franz Liszts (1951) das Geburtshaus in Raiding zur Gedächtnisstätte ausgestaltete, reiht ihn in seinem Führer „Das Geburtshaus Franz Liszts zu Raiding im Burgenland" [1951] in jene berühmte Schülergene= ration ein, der Liszts Sorge seines Lebensabends galt. ' Professor am Bruckner=Konservatorium. " Franz Liszts Klavierunterricht 1884—1886 nach den Tagebuchaufzeichnungen von August Göllerich. " Professor am Bruckner=Konservatorium und Leiter der Bibliothek. ® A. G ö 11 e r i c h, Franz Liszt (Siehe Literaturüber= sieht am Schluß), S. 27. " A. Göllerich, Erinnerungen. S. 1. ' Liszt hielt sich, wenn er in Wien weilte, bei der Witwe seines Stiefonkels, des Generalprokurators Dr. Eduard Ritter v. Liszt (1817—1879) auf. Vgl. Dr. Eduard Ritter von Liszt jun.: Franz Liszt. Wien — Leipzig 1937. S. 45 ff. ® A. Göllerich, Erinnerungen S. 2. ' Nikolaus Oesterlein : Katalog einer R.=Wagner= Bibliothek. 4 Bde. Neudrude der Ausgabe 1882—95. Tutzing 1968.
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