Beiträge zur Geschichte des Marktes Tragwein VonJosef Heider Wohl in keiner Pfarre des Mühlviertels bieten die alten Kirchenmatrikeln so viele Hinweise zur Orts= und Pfarrgeschichte als in der Pfarre Tragwein. Es handelt sich meist um kurze No= tizen, welche gelegentlich der Eintragung einer Taufe, einer Trauung oder eines Begräbnisses angebracht wurden. Sie beleuchten oft schlagartig eine Situation oder bieten einen Hinweis auf ein besonderes Ereignis jener Zeit. Wenn auch mög= licherweise einige dieser Anmerkungen schon be= kaimt sind, soll hier doch versucht werden, durch eine chronologische Reihung der einzelnen Nach= richten einen Beitrag zur Geschichte des Marktes und der Pfarre Trag wein zu leisten. Es begann im Jahre 1584. Am 28. 10. dieses Jah= res trat der evangelische Prediger Georg Rosen= schön die Stelle eines Pfarrers von Tragwein an. Unter diesem Datum richtete er auch die Matri= kein der Pfarre ein und gab damit Tragwein den Vorzug, die ältesten Kirchenbücher des Mühl= vierteis zu besitzen. Als Vorspruch schrieb er auf die Titelseite des Trauungsbuches: „Hodizeit=Register, das ist VerzaiAnus derer Personen, so allhier zu Tragein Copulieret und zusammen geben worden vom Pfarrer dermals Georgio RosensAön von dem 28. Oktobris des 1584 Jars an zu reAnenwie folgt." Auffallend ist, daß Pfarrer Rosenschön im ersten Jahr seiner Amtstätigkeit (1585) 58 Hochzeits= paare traute, während nachher der jährliche Durchschnitt an Eheschließungen bei 15 lag. Die= ser Umstand läßt darauf schließen, daß die Pfarre Tragwein vor dem Jahre 1584 längere Zeit unbesetzt war und manche Brautpaare — wie es damals hieß — „in Unehren zusamben leb= ten". Für diese Annahme spricht auch die Tat= Sache, daß von den 116 Hochzeitsleuten 45 ver= witwet waren. Anmerkungen, Brautleute wären „in Unehren zusambenkhomben" oder hätten „in Unzucht" gelebt, finden sich im Trauungs= buch während der ganzen protestantischen Aera. Solche Paare wurden erst getraut, nachdem sie „öffentlich Büß gethan". Die in solchen Fragen strenge Auffassung findet auch darin ihren Aus= druck, daß nicht nur in der protestantischen, sondern auch anschließend in der katholischen Zeit, bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts, Kin= der, die früher als zur vorgesehenen Zeit nach der Eheschließung zur Welt kamen, als „illegi= tim" bezeichnet wurden. Eine Notiz, welche die Zeitverhältnisse grell be= leuchtet und eine Ahnung von der Härte der damaligen religiösen Kämpfe vermittelt, beschäf= tigt sich mit der Sekte der Wiedertäufer, die von allen nach Luther entstandenen Sekten wohl am schärfsten verfolgt wurde. Regula Spiegel, eine Tochter des Jakob Spiegel, Bürger zu Tragwein, hatte am 28. 1. 1598 Bartholomäus Hartwig aus Schnelbing in Schlesien geheiratet und war bald darauf mit ihrem Mann weggezogen. Nach eini= gen Jahren war sie zu ihrem Vater nach Trag= wein zurückgekehrt. Hier heiratete sie als Witwe am 30. 10. 1605 den Veit Stübinger, Binderge= seil aus Leutershausen im Frankenland. Als Be= weis für ihre Witwenschaft hatte sie einen Schein vorgelegt, welcher zu folgendem Ver= merk im Trauungsbuch veranlaßte: „Bartl Hartwig, SAuster, so naA Anweisung eines für= gelegten SAeins im Wiedertäuferhof bei SAwarzwald in Mähren gelegen, neben anderen Wiedertäufern von dem Kriegsvolk sol ersAIagen und umbbraAt worden sein." Ein späterer Zusatz im Trauungsbuch stellt allerdings die Echtheit der Bescheinigung in Frage; „dies soll ein falsAer SAein gewesen sein, wie man es erst hemaA erfahren." Nach 25jähriger Amtstätigkeit ist Pfarrer Georg Rosenschön am 25. 10. 1609 in Tragwein gestor= ben. Gewissenhaft berichtet der Schulmeister: „Hier enden siA die Kindestauffen, so bey Lebzeiten Herrn Georg RosensAön allhier zu Tragein sein ge= taufft worden, welAe in Summa maAen 2.173." Die letzte Trauung hatte Pfarrer Rosenschön am 17. 7. 1609 vorgenommen. Anschließend ver= merkt der Schulmeister: „NaAfolgende HoAzeiten sein allhier verkündigt wor= den, weil die Pfarr unversorgt gewesen und eines Teils vom Pfarrer zu SAwertberg, eines Teils vom Pfarrer zu Zell und dem SAlossprediger zu Hagenberg copu= liert worden, bis ein neuer Pfarrer kommen und die Stell durA naAbesAriebenen Pfarrer wieder ersetzt worden ist." Aber erst am 10. 7. 1610 nennen die Kirchen= bücher wieder einen Pfarrer zu Tragwein. Unter diesem Datum enthält das Taufbuch folgende Notiz:
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