OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 1/2

der Schuster Isenflamm ein Paar Schuhe gedop pelt und damit sein Leben gerettet. Vorher war er wegen seines Liebesbemühens um ein hohes Fräulein zum Tod verurteilt gewesen. Sagen haben meist irgend einen örtlich oder historisch wahren Anlaß. Folgende Sage könnte sich wirklich ereignet haben. Ein Raubritter war auf der Burg Sarmingstein belagert worden. Als seine Lage hoffnungslos wurde, verband der Ritter seinem Roß die Augen und sprengte in die Tiefe, wo Reiter und Roß zerschmettert lie gen blieben. Noch heute endet die etwa drei bis vier Meter hohe, lange Bruchsteinmauer der Ruine an jenem senkrecht abstürzenden Felsen, bei dem sich die Aufführung einer Mauer er übrigt hatte. Wer nicht weiß, wie es früher ausgesehen hat, dem mag das heutige Landschaftsbild recht lieb lich erscheinen, besonders mit dem raschen Wechsel der Ansichten bei der Fahrt durch die Strudenstrecke. Ob dabei das Wasser langsamer oder schneller fließt, kann ihm gleichgültig sein. Früher hatten die Uferbewohner eine viel stär kere Beziehung zum Strom als heute und lebten mit ihm. Der Strom war ein Teil der lebendig erscheinenden Natur mit einem nach Jahres zeiten wechselndem Jahresrhythmus. Es wech selte die Wassermenge und damit die Geschwin digkeit und die Farbe. Das Ufer war keine Linie, sondern unregelmäßig von Kugeln begleitet. Die Menschen lebten mit dem „Wassa, da Doana". Fast jedes Haus hatte seine eigene Zille. Und wer keine hatte, ließ sich überführen. Wenn je mand seine Kinder suchte, wo waren sie — am Wasser. Die älteren Kinder paßten auf die jün geren auf. So lernten schon die kleinen Kinder das Wasser lieben und scheuen. Nie hörte ich, daß einmal ein Kind ertrunken wäre, wenn es am Wasser spielte oder in einer angehängten Zille schaukelte. Aber jetzt sind die neuen Ufer mit senkrechten Mauern mörderisch geworden. Wenn ein Kind ins Wasser fällt, kann es nir gends an der senkrechten Mauer hochkommen, und kaum jemand kann ihm helfen, zumal es auch keine Zillenhaken mehr gibt, die man frü her leicht zur Hand hatte. So ist Ende Juni 1967 in Sarmingstein ein zwölfjähriger Schüler eine Woche vor der Zeugnisverteilung einer solchen mörderischen Mauer zum Opfer gefallen. Im Stauraum des Kraftwerkes Jochenstein hat man überall an den Ufern flache Böschungen angelegt. Dies hatte der bayrische Landschafts architekt Alwin Seifert so eingeplant. Der Strudengau hätte für ein Gleiches genug Gelegen heit geboten. Hier aber haben die Menschen so sehr die schöne, innere Bindung zum Wasser verloren, so daß es von Grein bis Persenbeug keine einzige Überfuhr mehr gibt. Freilich, es ist ja auch das Wasser im ganzen Stauraum so schmutzig-schlammig geworden, daß man sich im Sommer gründlich abwaschen muß, falls man doch in der Donau „baden" war. Beim Hößgang ist zwischen dem Damm und dem Steilhang ein klares Wasser. Dorthin kom men im Sommer sogar Amstettner zum Baden. Im Stauraum hört sich auch das Fischen auf. Man hat wiederholt in den Stauraum hundert tausende Jungfische eingebracht. Aber in diesem Schlamm kann sich kaum mehr Leben halten^". Dank der Arbeit der Schiffsschrauben bleibt ein Gerinne ziemlich schlammfrei. Man merkt auch, daß die Fließgeschwindigkeit jetzt bedeutend größer ist als einen halben Meter in der Sekunde zur Zeit des Einstaues. Doch das sind Verhält nisse, die nicht mehr viel ärger werden können und den Uferbewohner schon ziemlich kalt las sen. Dazu kommt aber jetzt die Hochwasserfrage, die nun ganz anders aussieht als zuletzt im Jahre 1954. Seither sind die Stauräume der Kraftwerke Aschach und Wallsee neu hinzugekommen. Rinsum^^ hat im Jahre 1954 errechnet, daß im Stauraum von Jochenstein jährlich 400.000 cbm Im Sommer 1971 war das Wasser der Donau in der Wachau einige Zeit so mißfärbig braunschwarz wie der Schlamm im Ybbser Stauraum. Ein Fischer bei Spitz zeigte mir einen Weißfisch mit Flecken auf dem Schuppenkleid und mit bleichen statt roten Kiemen. Solche Fische habe er schon mehrere wieder ins Was ser geworfen. Meine Nachforschung ergab, daß man im Stauraum zeitweise Schlamm gebaggert und in große Zillen verladen hatte, die man unterhalb des Kraftwerks in die Donau entleerte. Ein solches Vor gehen zeigt die Hilflosigkeit gegenüber dem Schlammproblem. Rinsum A. von. Der Oberlieger; österr. Wasser wirtschaft, Jg. 6 (1954), H. 1/2, S. 29—38.

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