OÖ. Heimatblätter 1972, 26. Jahrgang, Heft 1/2

Der Ort St. Nikola (im Hintergrund von Abb. 5) erscheint urkundlich zuerst unter dem recht un klaren Namen „Pahin"^" als Bezeichnung eines Gutes. Im Vordergrund dieser Abbildung sieht man den Ort Hößgang, rechts eine Mühle mit einem großen oberschlächtigen Wasserrad. Sol che Wasserräder mit einem Durchmesser von 6 bis 8 m waren noch nach 1918 auf dem Weg von Spitz auf den Jauerling zu sehen und die zarte, leichtgewichtige Ausführung zu bewun dern. Damit hatte man die große Fallhöhe kleiner Bächlein ausnützen können. Dahinter gehen zwei Menschen mit Tragkörben auf dem Rücken auf einem Weg aufwärts, der zu zwei merkwürdigen viereckigen Gebilden führt. Es handelt sich da bei um zwei Kalköfen, zu denen gerade Kalk steine getragen werden^®. Bei dem kleinen Haus mit Strohdach und Krüppelwalm beachte man die sehr kleinen Fenster; Fensterglas war damals noch sehr teuer. Da nicht alle Menschen gleich sind an körper lichen und geistigen Fähigkeiten, wie auch nach ihrer Herkunft, ergab sich damit in solchen an Aufgaben reichen Gemeinwesen meist eine na türliche Berufswahl. Die (bürgerlichen, behau sten) Schöffknechte mußten starke, rauhe Men schen sein, jederzeit bereit, mit allen Kräften im richtigen Augenblick verläßlich das Richtige zu tun. Schwächere und weniger geschickte Män ner waren nur schlechter bezahlte Tagwerker. Die ganz Schwachen konnten nur Schneider wer den, was die Träger dieses Berufes oft zum Gespötte werden ließ. Zimmerleute und Maurer mußten schon recht gut denken und rechnen können, was auch bei den meisten anderen Berufen, die für Struden vorhin aufgezählt wur den, zutrifft. Kreuzelschreiber, also Leute, die statt ihres Namens als Unterschrift drei Kreuze „hinmalten", gab es hier damals nicht. Lesen, schreiben und rechnen mußten die Kinder beim Schulmeister im Hause St. Nikola Nr. 14 lernen. Dort war vor 200 Jahren der Schulmeister Plaimer. Noch heute gibt es die meisten Namen, denen man vor 200 Jahren begegnet, die Kastenhofer, Zeitlhofer usw. Hervorzuheben wären noch die Weinstabl. Sie führten einen Wein stockstecken mit rankenden Reben in ihrem Fa milienwappen, waren Braumeister auf dem noch heute Brauhaus genanntem Gut und taten auch als Marktrichter ihre Pflicht. Der letzte Wein stabl aber war „abgehaust". Als heller Kopf war er in ganz Europa herumgewandert und lebte schließlich in Armut in Struden, indem er sein Brot mit Ausbesserungsarbeiten an Hausgeräten verdiente. Er kannte den ganzen Sternenhimmel. Als die Niederräder aufkamen, machte er sich eines aus Holz. Aber zum Fahren war es zu wenig gut. Dann arbeitete er an einem Flug zeugmodell, das den Vogelflug nachahmte. Doch beim Herunterfliegen vom Bräuerberg, oberhalb der Gedächtniskapelle, zerschellte es. Er verfer tigte aus Zeitungspapier Raketen für die Sonn wendfeiern, die besser als die sonst käuflichen waren. Im November 1910 ist dieser letzte Wein stabl (Norbert) im Alter von 83 Jahren gestor ben. Da ich ihm als Gymnasiast in meiner Fe rienzeit oft bei seinen Arbeiten zusah, um dabei etwas „abzuspicken", schenkte er mir eine mittel alterliche Pfeilspitze, die er bei den Sprengungen des Haussteines gefunden hatte. Sie ist nun im Schiffahrtsmuseum von Spitz zu sehen. Das Bild von St. Nikola (Abb. 6) stammt aus der Zeit vor 1900, denn nach dem Hochwasser Neweklowsky, Bd. I, S. 351 f. — Pahin, andere Schreibweise Pain, das bis heute in einem Hofnamen und in einem Waldnamen vorkommt. Das im Jahre 1054 erwähnte Boienstein wird wohl so viel wie Painstein sein und mit dem Gutssitz Pain überein stimmen, der 1186 in der Spitalswidmung der Beatrix von Clam gestiftet wurde und wohl mit der Lage des Pfarrhofes identisch ist. Die Kalksteine in den Tragkörben waren soge nannte Klaubsteine, die man aus dem Schotterbett des bei Niederwasser trockenen Hößgangs heraus suchte. Als nach Ende des Zweiten Weltkrieges Not an allem war, hat der Maurer Franz Brandstätter solche Kalksteine an der gleichen Stelle zusammen gesucht und sie dann in einem kleinen behelfsmäßi gen Kalkofen gebrannt. In St. Nikola hatte es neben dem Kuglerhaus einen Kalkofen gegeben, der nach Betriebsbeginn der Bahn Krems — Grein aufgelassen wurde. Aus den Schotterfeldern der Ennsmündung wurden die Klaubsteine in eine „Mutze" (große Zille, etwa 8 m lang und 2 m breit) verladen und beim Kalkofen mit einem Schrägaufzug bis zum oberen Rand des Ofens zur Einschüttöffnung gebracht.

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