Oberösterreichische Heimatblätter Jahrgang 26 1972 Heft 1/2
Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinsiitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreidi; Leiter: Hofrat Dr. Aldemar Sdiiffkom. 26. Jahrgang (1972) Heft 1/2 INHALT Alois Topitz : Denkwürdiges vom Greiner Strudel und Wirbel 5 Josef H e i d e r : Beiträge zur Geschichte des Marktes Tragwein 17 Wilhelm Jerger : August Göllerich, Schüler und Interpret von Franz Liszt 23 Wilhelm Rieß: Zur Geschichte der Welser Minoriten ... 33 Guido Müller : Das Gebiet des Halleswiessees im Salzkam mergut. Ein landeskundlicher Überblick 47 Dietmar Assmann : Eine neue Nikolaus-Wallfahrtsstätte in Linz-Urfahr und ihre Vorläufer 54 Wichtigste Ergebnisse der Volkszählung vom 12. Mai 1971 (Dietmar Assmann) 58 Hochschulprofessor Hof rat Dr. Ernst Burgstaller 65 Jahre (Aldemar Schiffkorn und Dietmar Assmann) 60 Obersenatsrat Dr. Hanns Kreczi 60 Jahre (Dietmar Assmann) 63 Senatsrat Dkfm. Dr. Erlefried Krobath t (Franz Ofner) ... 66 Schrifttum 68
Anschriften der Mitarbeiter: Josef Heider, Taborstraße 108/11,1020 Wien. Professor Dr. Wilhelm Jerger, Direktor des Bruckner-Konservatoriums, Wildbergstraße 18, 4020 Linz. Dr. Heidelinde Jung, Oö. Landesmuseum, Museumstraße 14, 4020 Linz. Univ.-Ass. Dr. Guido Müller, Geographisches Institut der Universität Salzburg, Akademie straße 20, 5020 Salzburg. Hauptschuldirektor i. R. Dr. Josef Ofner, Wiss. Konsulent der oö. Landesregierung, LeopoldWerndl-Straße 32, 4400 Steyr. Dr. Wilhelm Rieß, Museumsdirektor, Pollheimerstraße 17, 4600 Wels. Dr. Alois Topitz, Leystraße 19/18/27,1200 Wien. Professor h. c. Carl Hans Watzinger, Tungassingerstraße 38, 4020 Linz. Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare etc.) sind zu richten an den Heraus geber: Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich, 4020 Linz, Untere Donaulände 6, Tel. 26 8 21 und 26 4 26 (Redaktion). Verlag : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Druck : Oberösterreichischer Landesverlag, 4020 Linz, Landstraße 41. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten.
i^nläßlidi des Übertritts des bisherigen Schriftleiters der „Oö. Heimatblätter", W. Hof rat Hochschulprof. Dr. Emst Burgstaller, in den dauernden Ruhestand, wurde mit Beschluß der oö. Landesregierung vom 20. Dezember 1971 das „Institut für Landeskunde von Oberöster reich" aufgelöst und u. a. die Fortführung der Herausgabe der Heimatblätter dem „Landesinsti tut für Volksbildung imd Heimatpflege in Ober österreich" übertragen. Wie schon der Begründer der „Oö. Heimatblät ter", Hofrat Dr. Franz Pfeffer, 1947 im Vorwort des 1. Jahrganges dieser Nachfolgepublikation der 1919 von Adalbert Depiny ins Leben geru fenen „Heimatgaue" darlegte, wird es auch unser Bestreben sein, „in möglichster Vielseitigkeit, in sorgfältiger Darstellung und wissenschaftlicher Zuverlässigkeit" Landschaft, Geschichte und Volkstum in all der Mannigfaltigkeit aufzuzei gen, die das Land ob der Enns auszeichnet. Die Heimat ist unser aller Anliegen; ohne sie wären wir entwurzelt. Nur durch die Erforschung und Darstellung ihrer räumlichen Gegebenheit und der geistigen und kulturellen Kräfte, die sie formten und immer weiter formen, können wir uns, fern aller Schönmalerei und eines falsch verstandenen und verzerrt interpretierten Hei matbegriffes, jene Kenntnis erwerben, die zu ihrer Erhaltung und damit zu unserer eigenen Selbstbehauptung notwendig ist. Um dieses Ziel zu erreichen, bitten wir die bisherigen Mitarbei ter und Abonnenten um weitere Treue und Wer bung für unsere Arbeit. Das bekannte Goethewort „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen!" stellt heute vielleicht mehr denn je eine notwen dige Verpflichtung für uns alle dar, um nicht in unserem Zeitalter weitgehender Vermassung und reiner Konsumorientierung auf- und schließlich unterzugehen. Ein Wort noch zur Gestaltung der Heimatblät ter: Um die durch die im Februar d. J. einge tretene Erhöhung der Druckkosten abfangen und die Hefte also zum bisherigen Preis abgeben zu können, mußte nach einem billigeren Satz ge sucht werden, da die Beibehaltung des alten Prei ses nicht auf Kosten des Umfanges oder der Ausstattung gehen sollte. Damit ergab sich die Notwendigkeit der Zweispaltigkeit, wie sie be reits in mehreren ähnlich ausgerichteten Zeit schriften angewendet wird. Anregungen und Wünsche werden gerne entgegengenommen. Die Redaktion
Denkwürdiges vom Greiner Strudel und Wirbel VonAlois Topitz Mit 6 Abbildungen und 1 Karte Im September des Jahres 1957 war die Füllung des dreißig Kilometer langen Stauraums zum Kraftwerk Ybbs-Persenbeug erfolgt. Versunken sind in ihm die letzten noch erkennbaren Strom schnellen des einst gefürchteten Strudels und des Wirbels. Versunken und auch vergessen. Ruhig gleiten die Schiffszüge durch das Stauwasser. Die Schiffahrt ist befreit von jeder emstlichen Ge fährdung und kann jenen Streckenteil nun so gar im Gegenverkehr befahren, der bis ins vorige Jahrhundert als der gefürchtete Greiner Strudel in ganz Europa bekannt war. Wer über die Vergangenheit etwas erfahren will, findet so gut wie alles im „Neweklowsky", die sem dreibändigen Werk über die Schiffahrt und Flößerei im Raum der oberen Donau^. Aus führlich wird über Geschichtliches berichtet, über die Schwierigkeiten bei der Tal- und Bergfahrt durch den Strudel, über Reiseberichte in allen Jahrhunderten, über besondere Begebnisse, Sa gen usw. Darüber hinaus soll die nachstehende Abhandlung dem Heimatfreund mancherlei Er gänzungen und Erklärungen bieten^. Daß wir heute noch imstande sind, ein genaues Bild über den Zustand dieser gefährlichen Strom hindernisse zu geben, verdanken wird dem obe ren Leiter der 1777 begonnenen großen Regulie rungsarbeiten im Struden, Joseph Walcher. Er meinte nämhch, man würde nach Durchführung der Arbeiten bei den höheren Stellen die Größe der Leistung nicht sehen, weil ja das Ergebnis nichts weiter als „die Abwesenheit von Gefahr" sei. Also sorgte er für die Anfertigung sehr ge nauer Abbildungen als Kupferstiche®. Leider kommen sie bei den üblichen Verkleinerungen im Buchdruck wenig zur Geltimg; zu dieser Ab handlung werden daher nur Ausschnitte daraus^ gebracht. Abbildung 1 gibt einen guten Überblick über die Lage des Strudels und des Wirbels. Die im Strudel wiedergegebenen Steinkugeln ragten nur beim spätherbstlichen Niederwasser aus dem Wasser. Die Steine, über die die talfahrenden Schiffe hinwegfahren mußten, waren einige Schuh rmter Wasser. Werm ein Schiff oder ein Floß leicht darüber streifte, war dies wahrschein lich sogar erwünscht, denn es wurde die Fahrt etwas abgebremst, wodurch die nachfolgende scharfe Rechtsbiegung leichter genommen wer den konnte. Wir sehen ja in Abb. 2, daß das durch den Strudel fahrende Schiff an jener Stelle den geraden Kurs auf das gegenüberliegende Ufer hat, wo zwei Schefleute mit einem Zillen haken warten, ob nicht Hilfe benötigt wird. Es ist jene Stelle, die in Abb. 1 eine Eindellung des Ufers zeigt. Diese könnte durch die Erosions tätigkeit des Stromes entstanden sein. Alle Hoch wässer führten ja stets viel Schotter mit, mit dem die Schubkraft des reißenden Wassers eine gute Schürf Wirkung erzielen konnte®. An jener Stelle konnten die Schiffe ohne ortskundigen Lotsen zerschellen. Roidtner® spricht von dem größten Fundplatz im Strudner Gebiet und sagt, man habe dort so viel Bronze gefunden, daß man daraus Faßpipen goß. Die einzelnen Steinkugeln hatten ihre Namen. Da war als erste die Marchkugel. Der Name deutet an, daß man an diesem Stein das Maß dafür genommen hat, wie groß der Tiefgang der durch den Strudel fahrenden Schiffe sein durfte^. ' Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei im Räume der oberen Donau, 3 Bde., Linz 1952, 1954, 1964. - Der Verfasser ist noch im vorigen Jahrhundert in St. Nikola geboren, war selbst ein eifriger Zillen fahrer und kam daher viel mit Schiffleuten in Be rührung. ® Walcher Joseph, Nachrichten von den in den Jahren 1778 bis 1781 in dem Strudel der Donau zur Sicherung der Schiffahrt vorgenommenen Arbeiten, Wien 1781. — Nachrichten von den bis auf das Jahr 1791 an dem Donaustrudel . . . Arbeiten, Wien 1791. '' Diese Kupferstiche bei Neweklowsky, Bd. I, Abb. 96 bis 99. 5 Ganz allgemein gilt: bei allen Flußengen staut das Wasser vor der Enge, besonders bei erhöhter Was sermenge. Mit dem Anstieg des Stauwasserspiegels wird das Gefälle in der Talenge größer, damit auch die Fließgeschwindigkeit und die Schubkraft. Mit dieser wächst auch die Erosionstätigkeit. Größte Tiefe im Struden war 30,5 m. Vgl. Schweiger - Lerchen feld A., Die Donau als Schiffahrtsweg . . ., Wien 1896, S. 60. ® Roidiner Josef, Die Fundplätze der keltischen, römi schen und altdeutschen Waffen, Münzen und Gerät schaften, Jb. d. Oö. Musealvereines, 30. Bd. (1871). ' Eine Marchkugel als Maßanzeiger hat es auch in Lauffen gegeben. Walcher hatte im Struden schon ein eisernes March mit Einteilung in „Gmünd" (d. i. die aufgestellte Faust mit ausgestrecktem Daumen) vor gefunden.
Oberhalb Grein mußten nämlich die Schiffe zu fahren und sich erkundigen, was derzeit das March im Strudel anzeigt. Wenn das Schiff zu tief getaucht hatte, mußte „geschiftet" werden. Darunter verstand man das Entladen des Schif fes bis auf das mögliche Maß. Als 1777 die große Strudenregulierung begann, hatte man schon ein eisernes March, darauf die Einteilung nach Gmünd, das ist ein halber Schuh. Ich halte es für möglich, daß dies mit der Sprengarbeit des Tirolers Lergetporer® zusammenhängt, der für Sprengarbeiten im Strudel im Jahre 1768 900 Gulden erhalten hat, also eine schöne Summe, für die man schon recht viel sprengen konnte. Doch Lergetporer hat keinen erwähnens werten Erfolg gehabt. Der Grund kann aus den späteren Strudenarbeiten vermutet werden. Es hat sich nämlich mehrmals gezeigt, daß durch das Wegsprengen von Kugeln die bisherige Stauwir kung geringer wurde. Es sank der Wasserspiegel oberhalb dieses natürlichen Wehrs, wodurch neue, bisher unbekannte Felsen auftauchten. So also dürfte es dem Lergetporer ergangen sein. Und wegen des Absinkens verlor der alte March stein seine Gültigkeit. Eine andere Kugel im Strudelfahrwasser hieß Meißenkugel. Sie war den Schiffen der bergwärts fahrenden Gegenfuhren gefährlich. Dar auf könnte auch der Name hindeuten, der mit dem Werkzeug Meißel zusammenhängen dürfte. Die Wolfskugel war für die talfahrenden (naufahrenden) Schiffe ungünstig. Als anfangs No vember 1777 eine Kommission aus Wien zur Vorbesprechung der Strudenregulierung im Markt Struden eintraf, saß eine Naufuhr mit leeren Fässern schon drei Tage auf der Wolfs kugel fest, da sie ein Leck bekommen hatte. Eine Gegenfuhr mit Wein war auf die Meißenkugel aufgefahren, ohne sich freimachen zu können. Das war damals sehr günstig für die weiteren Entschließungen. Die vorhin genannten drei Ku geln waren dann auch die ersten, die vollständig bis in die Tiefe weggesprengt wurden. In Richtung zum linken Ufer lag das Bombenghachelt, das den älteren Namen Bumaghachelt hatte, was vielleicht lautmalerisch zu deuten ist, weil es „bum" macht, weim ein Schiff darauf fährt. Noch weiter lag dann das Waldwasser, das auch bei den Schiffleuten unserer DDSG noch diesen Namen hat. Zugrunde liegt aber, daß dort nach einer alten Skizze® das Gwaltwasser bei der Gwaltkugel vorbeifloß, weshalb dort keine Naufahrt möglich war. Die starke Stauwirkung der Steinbarrieren beim Strudel hatte zur Folge, daß das Wasser im Hessgang sehr rasch floß. Daher auch der Name, dem hessen, hetzen zugrunde liegt. Auf Abbildung 2 ist sehr schön das rund vier Meter hohe Steinkreuz mit den starken Eisen stützen auf der Insel Wörth zu sehen. Auch der Cruzifixus und die Magdalena am Fuß des Kreu zes sind aus Granit gehauen, stilmäßig eine Ar beit aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Aber die Sage erzählt von einem Tiroler Grafen, der mit seiner Frau auf einer Strudenfahrt verun glückte und darm zehn Jahre lang auf der Insel Wörth lebte, weil er seine Frau tot wähnte. Ebenso trauerte in Tirol die gerettete Frau um ihren Mann. Als sie von einem Einsiedler auf jener Insel erfuhr, eilte sie hin und fand ihren Mann wieder. Aus Dankbarkeit errichteten sie 1452 das Kreuz^®. Von einer Burg ist dort nur mehr ganz wenig zu sehen. Wahrscheinlich war dort jener Teufelsturm gestanden, von dem in der Sage vom schwarzen Mönch die Rede ist^^. ® Stauber F., Historische Ephemeriden über die Wirk samkeit der Stäirde von Oesterreich ob der Enns, Linz 1884. ' In den Akten der k. k. Navigationsdirektion des Hof kammerarchivs. Herndl Franz erzählt die Geschichte in „Weißt du, wo dein Glückstein liegt? Romantik aus dem Donau tal" (1931); auch in anderen Erzählungen („Das Wörtherkreuz", „D'ResI" u. a.) kommt er auf diese Sage von einem im Jahre 1540 verunglückten Ritter zurück. " Im Jahre 1045 fuhr der (in Ardagger geborene!) Kai ser Heinrich III. mit seinem Hofstaat und Bischof Bruno von Würzburg durch den Strudel und blieb zur Rast auf Burg Persenbeug. Dort war vor kurzem Graf Ebersberg gestorben und hatte seinen Besitz der Kirche vermacht. Die Witwe Richlita hatte Bischof Bruno gebeten, den Kaiser auf der Fahrt zu bestim men, daß der Besitz dem Neffen der Witwe zufalle. Beim Gastmahl in Persenbeug stürzte die Decke ein, wobei Bruno den Tod fand. Die Sage berichtet von einem schwarzen Mönch, der — nur von Bischof Bruno gesehen — beim Teufelsturm im Struden auf getaucht und drohend den Tod vorausgesagt habe.
Er war 1530 abgetragen worden, um mit dem Material bei Isperdorf eine Sperre gegen die türkischen Mordbrenner zu errichten^®. Man nimmt mit Recht an, daß auch die Römer dort einen Wachtturm hatten. Waren doch bei den Arbeiten zur Strudelregulierung zahlreiche römi sche Münzen gefunden worden, also Geldopfer, mit denen man den erzürnten Flußgott besänfti gen wollte. Auf Betreiben des in Grein gebore nen Wieners Franz Herndl war die Insel von Archäologen begutachtet worden. Man hat je doch keine römischen Reste gefunden. M. E. müßte man allerdings den Brunnenschacht aus räumen, dessen Mauerwerk sehr gut erhalten ist. Der Innendurchmesser ist nur etwa 150 cm, seine Tiefe dürfte nach der Lage weniger als zehn Meter betragen^®. Solche Brunnen sind meist fündig^^. Auf der Insel waren durch die Wassergieß 1862 Haus und Nebengebäude des Wörtherbauern weggerissen worden. Seither blieben die unbe waldeten Teile brach liegen. Dies brachte den Bauakkordanten Blaschek^® auf den Gedanken, auf der Insel eine Betonwarenfabrik zu errichten. Er kaufte im Herbst 1908 die Insel um 9000 Kronen. Hierauf setzte der wackere Herndl alle ihm erreichbaren Kräfte in Bewegung, um dies zu verhindern. Schließlich wurde als Erfolg einer parlamentarischen Interpellation die Insel vom Staat um 13.000 Kronen angekauft. Sie steht nun in der Verwaltung der Strombauleitung. Vor einigen Jahren hatte ein Herr aus einer bekannten Wiener Industriellen-Familie die Ab sicht, auf der Insel eine Bungalow-Siedlung zu errichten, nahm aber dann Abstand, als er die — damals unrichtige — Auskunft erhielt, die Insel stehe unter Naturschutz. Dieser Vorfall war der Anlaß, daß 1970 die Insel tatsächlich unter Naturschutz gestellt wurde^®. Strudel und Wirbel wurden im Lauf der Jahr hunderte oft in Bildern dargestellt, aber häufig ziemlich falsch. Um so wertvoller sind diese naturgetreuen Zeichnungen. Auf dem Schiff (siehe Abb. 3) kann man aus der schrägen Kör perhaltung der Schiffleute erkennen, daß es mit den vorderen und hinteren Steuerrudern die nötige Rechtsschwenkung erfährt. Für orts unkundige Fahrer war es bei erhöhtem Wasser stand leicht, über den Strudel hinwegzukommen. aber dann wegen der großen Geschwindigkeit um so schwieriger, „die Reiben richtig zu neh men". Daher begegnen uns die ersten urkund lichen Nennungen als Paige, Pogen tmd ähnlich^^. Durch die unter Maria Theresia begon nenen großen Strudenarbeiten konnte der Stru del gefahrlos in einer Breite von etwa 20 m durchfahren werden, aber die scharfe Biegung blieb. Auf Abbildung 3 ist hinter dem Schiff eine große Steingruppe zu sehen, genannt das Kellereck. Man hat später zehn Meter dieses Gesteins weggesprengt, um leichter um das Kel lereck herumzukommen. Trotzdem blieb es für die talfahrenden Schiffe eine nicht ungefährliche Stelle. Wer vor dem Einstau mit dem Personen schiff talwärts durch den Strudel fuhr, wird sich erinnern, daß an schönen Tagen, wenn das Ober deck voll Fahrgäste war, ein Matrose kam und die Fahrgäste aufforderte, auf die andere Seite, das ist auf die Innenseite des Bogens, zu gehen. Er wird sich erinnern, wie sich das Schiff beim Rechtsschwenken neigte. Noch in diesem Jahrhundert gab es Nauführer, die bei schwer beladenen Holzschiffen für die Fahrt durch den Struden aufgenommen wurden. Diese „Strumfahrer" steuerten das Schiff in der Weise auf das Kellereck zu, als wollten sie das Kurz Franz, Geschichte der Landwehre in Oesterreidi ob der Enns, Linz 1811, 1. S. 93. Damals war Kasim Beg mit 16.000 Mann bis ins Ybbstal vorgedrungen. Gutkas K., Geschichte des Landes Nö., 2. Teil, S. 22. Tiefe Brunnen wurden bergmännisch abgeteuft, zum Beispiel der Brunnen im Stift Melk auf 50 m, der auf dem Grazer Schloßberg auf 80 m. Noch tiefer müßte die Zisterne der Burg Sarmingstein (Säbnich) sein, deren Innendurchmesser von mir mit 3 Klafter, d. s. 5,7 m, gemessen wurde. IC vVo einst die Römer waren, sind Brunnen meistens fündig. (Eine Venus-Statuette im Schloßbrunnen von Aschach.) Dies wurde auch von der Abteilung für Bodenfunde des Bundesdenkmalamtes bestätigt. Lei der kommen solche Grabungsarbeiten wegen der vor geschriebenen Pölzungsarbeiten eines Brunnen machers sehr teuer. " Beim Bau der Bahn Krems — Grein, Eröffnung am 4. 12. 1909, wurden die einzelnen Baulose an soge nannte Akkordanten vergeben, von denen Blaschek einer war. " Zufällig hatte ich von den Bemühungen dieses Wiener Herren erfahren und konnte sogleich maßgebliche Personen zu einem Einschreiten veranlassen. " Neioeklowsky, Bd. L, S. 351 und 425.
Schiff mit Sicherheit dort anfahren lassen. Doch der dort herrschende Wasserabfall zog das Schiff rechtzeitig fort. Es kam zwar noch oberhalb Werfenstein durch seitliches Abtreiben ganz nahe an das linke Ufer, doch ohne daran anzu stoßen. Abbildung 4 zeigt den Ort Struden, in der Mundart Strum, überragt von der Ruine Wer fenstein. Von dieser hat man 1780 die donauseitige Mauer abgerissen, weil von dort öfters Trümmer in den Ort gestürzt waren. Rechts davon am Waldrand ist ein eigentümlicher Wall zu sehen. Die Stelle wird auf einer Skizze jener Zeit als „das alte Strudner Schloß" bezeichnet. Unterhalb Werfenstein^® ist ein Bretterfloß zu sehen, das knapp am Ufer vorbeifährt, wie dies im vorangegangenen Absatz erwähnt wurde. Hinter dem Floß am Ufer zwei Zillen und zwei Märmer. Es war den Strudnern vorgeschrieben, stets einige Leute zum Helfen bereit zu haben, für den Fall eines Unglücks. Dieselben Leute waren die Helfer bei den Gegenfuhren durch den StrudeF®. Die Liebfrauen-Kirche war unter Josef II. geschlossen worden, sehr zum Verdruß der Strudner, die auch von Leopold II. die Wie dereröffnung nicht erreichten. Beim Umbau für Wohnzwecke war noch eine kleine Glocke ge blieben. Darüber heißt es in der Familienchronik Schalberger (Sarmingsteiner Schiffmeister): „Der Schober Poldl, du meine Güte, ein Fak totum! Er hatte sein Heim in einem kleinen Raum der schon seit Kaiser Franz Josefs Zeiten aufgelassenen Kirche in Struden, war also Unter mieter und auch Hausmeister. Der Strick des eirrzigen noch vorhandenen Glöckleins endigte in seinem Bett, um bequemer Gebet- und Tag anläuten zu können. Er läutete mitunter den Tag ein, wenn er gerade wach wurde, was bei seiner Alkoholhuldigung stark wechselte, ja die sem Glücklichen schlug keine Stunde." Doch auch dieser kleinen Glocke hatte die Stunde ge schlagen, als sie am 23. November 1917, zu gleich mit dem aus dem Jahre 1617 stammenden Zügenglöckerl der Pfarrkirche St. Nikola, für Kriegszwecke abgegeben werden mußte^". Das große Mauthaus mit dem Doppeladler zwi schen zwei Fenstern steht noch heute. Bei der Strudner Wassermaut mußten alle Gegenfuhren angemeldet werden, worauf die zeitweise Sperre für die talfahrenden Schiffe veranlaßt wurde^i. Am 30. November 1853 wurde das Mautamt von einem Signaldienst abgelöst, den es noch heute gibt. Seit 1856 gab es sogar eine Telegrafen leitung von einem Signalwächterhaus in Isper dorf nach der Station in Struden-Baumgarten zur Vormeldimg der bergfahrenden Schiffe. Das hing mit dem Kraftschiffverkehr zusammen. Wir wollen nun einen Blick in die Steuer-Fassion von 1750 tun, weil daraus die Berufsverteilung zu ersehen ist. Es gab damals 36 Hausnummern mit 1 Gastgeb und Schöffmeister, 1 Holzhandler, 1 Greußler, 1 Fleischhacker, 2 Schuhmacher, 1 Werfenstein, von Werfel oder Wirbel. Diese Burg war schon um 1540 Ruine und wechselte in den letzten hundert Jahren mehrmals den Besitzer. 1905 ließ Dr. Jörg Lanz-Liebenfels den Turm wieder aus bauen. In diesen letzten Jahren hat sich der Linzer Chirurg Dr. Hannes Kopf durch zweckmäßige Ein bauten einen idyllischen Alterssitz geschaffen. Der Hufschlag für den Gegentrieb konnte bei hohem Wasser von Ybbs bis oberhalb Grein durchwegs am rechten Ufer erfolgen, weil daim zwischen dem Hausstein und dem Hang ein Wasserweg war. Sonst aber mußte man bei St. Nikola anschieben, wie man statt übersetzen sagte, ein zweitesmal von Struden auf die Insel hinüber und ein drittesmal über den Hößgang zum Rabenstein. Diese Wege, wie auch die Naufahrt, sind auf Abb. 1 mit punktierten Linien bezeichnet. Neweklowsky erwähnt nur einmal dieses Anschieben, nämlich in Bd. L, S. 508 (bis Großreifling ein 14maliger Uferwechsel, „Anschub") ohne nähere Beschreibung. Dies ging so vor sich: Man ließ die Pferde in die Einstellplätte einspringen und verheftete den ganzen Gegenzug so, wie er gezogen wurde. Mit der Seilmutze wurde ein zu entsprechender Länge zusammengeknüpftes Seil ans andere Ufer geführt, dort verheftet, worauf der ganze Gegenzug in einem Schwimg nachfolgte. Große Gegenzüge mit vielen beladenen Schiffen hatten als Vorspann 30 bis 50 Pferde (Neweklowsky, Bd. I, S. 291), der in Abb. 4 und 5 ersichtliche Gegenzug ist also sehr klein. Greiner Wochenblatt vom 2. 12. 1917 — Der Greiner Buchdruckereibesitzer Michael Hiebl hatte 1905 dieses Wochenblatt ohne Aussicht auf einen geldlichen Er folg ins Leben gerufen, hat es notdürftig auch über den Krieg 1914—1918 hinweggebracht. Am 9. Jänner 1924 starb nach schwerer Krankheit sein Sohn, der 44jährige Buchdruckereileiter Hugo Michael Hiebl. Als dann im gleichen Jahr, am 22. Oktober, er selbst mit 72 Jahren starb, hatte auch für diese Zeitung die Stunde geschlagen. Ausführlich geschildert bei Neweklowsky, Bd. II, vgl. Register.
Schneidermeister, 1 Webermeister, 1 Weber, 1 Seillermeister, 2 Schopper, 1 Huefschmied, 1 Maurer, 1 Kupferschmied, 1 Fischer, 1 Müller meister, 11 Schöffknechte und 4 Tagwerker. Die Zahl von 11 Schöffknechten erscheint gering. Doch im Orte Hößgang gab es sogar 17 Schöff knechte, die zu den erwähnten Aufgaben heran gezogen werden konnten. Der Wirbel selbst ist deutlich auf Abbildung 5 zu sehen, anscheinend bei geringem Wasser stand, weil der Trichter nicht groß ist. Bei hohem Wasserstand wurde er etwa 15 m breit, die Mitte war ungefähr IV2 m tief. Das war ja das Bezeichnende: Bei niedrigem Wasser war vor der Regulierung der Strudel mit seinen Klippen ge fährlich, der Wirbel aber nicht, bei hohem Was ser machte der Strudel keine Schwierigkeiten, um so mehr der Wirbel. Schon dadurch mußten die Reiseschilderungen recht widersprechend sein. Die einen übertrieben maßlos, am meisten, wenn sie die örtlichkeit selber gar nicht gesehen hatten, andere kamen zur Ansicht, das mit den Gefahren im Strudel sei ein bloßer Schwindel, damit man den Schiffleuten mehr Trinkgeld ge ben solle. Es ist sehr unterhaltsam, die vielen Reiseberichte bei Neweklowsky nachzulesen. Hier sei nur eine nicht erwähnte Stelle aus einer Schilderung von Abraham a Sancta Clara (1645 bis 1708)^^ angeführt: „So jemand auf dem Wasser nach Österreich zu fahren vorhabend ist, jagt ihm kein Ort mehrere Furcht ein als Grein. Das Weibergeschlecht trägt zuvorderst davor eine Abscheu, und wenn man nur einige Meldung davon tut, zittern sie schon wie eine schweinerne Sulz." Die gefährliche Fahrt durch den Strudel hat vie len Reisenden Angst bereitet, so auch jenen „schwäbischen, bayrischen Dirndln", die der Schiffmann in dem bekannten Lied über den Regensburger Strudel fahren mußte. Nach den Studien Uhlendahls^® zur Herkunft dieses Lie des geht die Entstehung auf die von Regensburg aus erfolgte Donaureise von 150 Mädchen zu rück, die Herzog Karl Alexander den braven Unteroffizieren der deutschen Regimenter als Bräute geschickt hatte, die nach dem Ende der Türkengefahr im Banat angesiedelt worden wa ren. Anscheinend geht aus den verschiedenen Fassungen des Liedes hervor, daß ein Spaßvogel von einem Passauer Schiffmann den Anfang gemacht hatte. In Grein hatten darm jene Mäd chen, die nicht ganz sicher waren, Gelegenheit zum Aussteigen, um unterhalb des Strudels wie der zuzusteigen. Da ist darm nur die Allerjüngste im Schiff geblieben. In Regensburg ist noch heute die erste Frage der Fremden nach dem Strudel — aber dort ist keiner. Die Felseninsel ist der Hausstein. Der zunächst liegende Berghang heißt heute noch Schloßleiten. Dies erinnert an eine ältere Bezeichnung als Schloß Lueg^^. Links vom Turm bemerkt man eine Statue, es ist Johannes Nepomuk, der Brükken- und Wegeheilige und so wie der hl. Niko laus Patron der Flößer und Schiffleute. Das Schiff davor steuert die linke Außenseite des nach rechts drehenden Wirbels an. Gegenüber am linken Ufer ist die turmartige Ruine Lan genstein. Vor dieser erschienen bei Niederwasser die „Bräuer-Kugeln", eine größere Steingruppe mit einem auffallend großen und langgestreck ten Stein, dem „langen Stoa". Vom Langenstein zum Hausstein konnte man leicht eine Kette span nen und damit die Schiffahrt sperren. Eine solche Kette diente bis in dieses Jahrhundert vor der Greiner Kirche zur Raseneinzäunung und ist jetzt im Landesmuseum in Linz. In den Jahren 1853 bis 1866 wurde der Haus stein vollkommen beseitigt, woran beim Langen stein eine Gedächtniskapelle mit einer Inschrift erinnert. Mit den Steinen wurde von dort bis zum Hößgang hinauf ein festgefügter Damm als Treppelweg ausgeführt, am linken Ufer eben falls ein solcher Damm, der vom Langenstein geradeaus gegen Struden verlief. Damit wurde die „Freithof-Lakn", wo vordem die Leichen Ertrunkener angeschwemmt worden waren, vom Strom abgesperrt. Abraham a Sancta Clara; Gr. W. BI. v. 24. 8. 1918, von Dr. H. Fischl. Uhlendahl Heinrich, Als wir jüngst in Regensburg waren. Berlin 1924. 49 Seiten (nur 275 Exemplare). Der Verfasser, Direktor der Deutschen Bücherei in Leipzig, hatte die kleine Ausgabe für eine Tagimg von Bibliothekaren bestimmt. In der Linzer Studien bibliothek unter I 21441, in der Wiener National bibliothek nicht vorhanden. In der Josefinischen Landaufnahme.
Der Ort St. Nikola (im Hintergrund von Abb. 5) erscheint urkundlich zuerst unter dem recht un klaren Namen „Pahin"^" als Bezeichnung eines Gutes. Im Vordergrund dieser Abbildung sieht man den Ort Hößgang, rechts eine Mühle mit einem großen oberschlächtigen Wasserrad. Sol che Wasserräder mit einem Durchmesser von 6 bis 8 m waren noch nach 1918 auf dem Weg von Spitz auf den Jauerling zu sehen und die zarte, leichtgewichtige Ausführung zu bewun dern. Damit hatte man die große Fallhöhe kleiner Bächlein ausnützen können. Dahinter gehen zwei Menschen mit Tragkörben auf dem Rücken auf einem Weg aufwärts, der zu zwei merkwürdigen viereckigen Gebilden führt. Es handelt sich da bei um zwei Kalköfen, zu denen gerade Kalk steine getragen werden^®. Bei dem kleinen Haus mit Strohdach und Krüppelwalm beachte man die sehr kleinen Fenster; Fensterglas war damals noch sehr teuer. Da nicht alle Menschen gleich sind an körper lichen und geistigen Fähigkeiten, wie auch nach ihrer Herkunft, ergab sich damit in solchen an Aufgaben reichen Gemeinwesen meist eine na türliche Berufswahl. Die (bürgerlichen, behau sten) Schöffknechte mußten starke, rauhe Men schen sein, jederzeit bereit, mit allen Kräften im richtigen Augenblick verläßlich das Richtige zu tun. Schwächere und weniger geschickte Män ner waren nur schlechter bezahlte Tagwerker. Die ganz Schwachen konnten nur Schneider wer den, was die Träger dieses Berufes oft zum Gespötte werden ließ. Zimmerleute und Maurer mußten schon recht gut denken und rechnen können, was auch bei den meisten anderen Berufen, die für Struden vorhin aufgezählt wur den, zutrifft. Kreuzelschreiber, also Leute, die statt ihres Namens als Unterschrift drei Kreuze „hinmalten", gab es hier damals nicht. Lesen, schreiben und rechnen mußten die Kinder beim Schulmeister im Hause St. Nikola Nr. 14 lernen. Dort war vor 200 Jahren der Schulmeister Plaimer. Noch heute gibt es die meisten Namen, denen man vor 200 Jahren begegnet, die Kastenhofer, Zeitlhofer usw. Hervorzuheben wären noch die Weinstabl. Sie führten einen Wein stockstecken mit rankenden Reben in ihrem Fa milienwappen, waren Braumeister auf dem noch heute Brauhaus genanntem Gut und taten auch als Marktrichter ihre Pflicht. Der letzte Wein stabl aber war „abgehaust". Als heller Kopf war er in ganz Europa herumgewandert und lebte schließlich in Armut in Struden, indem er sein Brot mit Ausbesserungsarbeiten an Hausgeräten verdiente. Er kannte den ganzen Sternenhimmel. Als die Niederräder aufkamen, machte er sich eines aus Holz. Aber zum Fahren war es zu wenig gut. Dann arbeitete er an einem Flug zeugmodell, das den Vogelflug nachahmte. Doch beim Herunterfliegen vom Bräuerberg, oberhalb der Gedächtniskapelle, zerschellte es. Er verfer tigte aus Zeitungspapier Raketen für die Sonn wendfeiern, die besser als die sonst käuflichen waren. Im November 1910 ist dieser letzte Wein stabl (Norbert) im Alter von 83 Jahren gestor ben. Da ich ihm als Gymnasiast in meiner Fe rienzeit oft bei seinen Arbeiten zusah, um dabei etwas „abzuspicken", schenkte er mir eine mittel alterliche Pfeilspitze, die er bei den Sprengungen des Haussteines gefunden hatte. Sie ist nun im Schiffahrtsmuseum von Spitz zu sehen. Das Bild von St. Nikola (Abb. 6) stammt aus der Zeit vor 1900, denn nach dem Hochwasser Neweklowsky, Bd. I, S. 351 f. — Pahin, andere Schreibweise Pain, das bis heute in einem Hofnamen und in einem Waldnamen vorkommt. Das im Jahre 1054 erwähnte Boienstein wird wohl so viel wie Painstein sein und mit dem Gutssitz Pain überein stimmen, der 1186 in der Spitalswidmung der Beatrix von Clam gestiftet wurde und wohl mit der Lage des Pfarrhofes identisch ist. Die Kalksteine in den Tragkörben waren soge nannte Klaubsteine, die man aus dem Schotterbett des bei Niederwasser trockenen Hößgangs heraus suchte. Als nach Ende des Zweiten Weltkrieges Not an allem war, hat der Maurer Franz Brandstätter solche Kalksteine an der gleichen Stelle zusammen gesucht und sie dann in einem kleinen behelfsmäßi gen Kalkofen gebrannt. In St. Nikola hatte es neben dem Kuglerhaus einen Kalkofen gegeben, der nach Betriebsbeginn der Bahn Krems — Grein aufgelassen wurde. Aus den Schotterfeldern der Ennsmündung wurden die Klaubsteine in eine „Mutze" (große Zille, etwa 8 m lang und 2 m breit) verladen und beim Kalkofen mit einem Schrägaufzug bis zum oberen Rand des Ofens zur Einschüttöffnung gebracht.
139927 erhielt der Garten vor der Schule (rechts) einen Zaun mit aushebbaren Eisengit tern. Das Schulhaus war 1805 durch die Markt gemeinde St. Nikola angekauft und umgebaut worden. Als die Schule dreiklassig werden mußte, erfolgte 1905 bis 1906 Abbruch und Neubau. Das Bild ist für die seinerzeitige Holz wirtschaft bezeichnend. Damals wurde in den Tälern das Holz auf den Bauernsägen geschnit ten. Diese waren in allen Teilen aus Holz ge macht, nur die Einblattsäge war aus Stahl. Die Bretter waren 2 Klafter (3,8 m) lang und ver schieden stark, nämlich halb Zoll, dreiviertel Zoll, ein Zoll (26 mm), dann die „Fünfviertier" und die „Pfosten" mit 2 Zoll. Der Holzhändler stapelte die „Laden" auf Stöße, bis eines Tages eine leere Plätte zum „Tauchen" bereit stand. Weiberleut mußten die Laden — mehrere je nach Gewicht — ins Schiff tragen, wobei sie auf die Schulter oder auf den Kopf ein Polsterl un terlegten, das „Kopfriedel". Männer legten die Traglast auf dem Lande auf, andere bauten in der Plätte die Ladung nach bestimmten Regeln auf. Man beachte, welche Mühe man sich mit dem Aufbau der festen Steinmauern genommen hatte. Vom SarmingSteiner Holzplatz war die letzte Plätte im Wiener Donaukanal im Oktober 1944 angekommen und von einer Fliegerbombe zer stört worden. Früher hatte man in Wien die ganze Ladung noch von Menschen austragen und auf den Holzplatz bringen müssen. Heut zutage werden die Bretter bei der Säge am Sarmingbach aufgeladen und sind wenige Stunden später mit dem Auto auf dem Wiener Platz. So sind jetzt überall die Ufer der Donau leer von Holzlagerplätzen. Auch Stamm- und Schleif holz wird nun bis zum Verbraucher geführt. Die Geschichte des Ortes hat am ausführlichsten Süßenböck^® beschrieben. Die Pfarre von Sankt Nikola — mundartlich Nigla — war im Mittel alter von Sarmingstein^® — mundartlich Sablingstoa — übertragen worden. Für die Annahme, daß die alte Kirche zum hl. Johannes nicht an Stelle der heutigen Kiliankirche, sondern ganz oben auf der Hochfläche stand, gibt es einige Gründe. Im Jahre 1147 hatte der Augustiner Orden die bewohnbare Burg zum Geschenk er halten. Sie liegt knapp unter der Hochfläche, auf deren ersten kleinen Erhebung eine Kirchenruine ist. Zu vermuten ist, daß diese etwa zwei Meter hohen Quadermauern der Anfang zu einem Kir chenneubau waren, der wegen der baldigen ver bürgten Übersiedlung des Ordens nach Wald hausen sinnlos geworden war. Man könnte mei nen, die Ordenspriester wollten ihre eigene Kir che haben, was verständlich ist. Doch spricht die Aussage des Franz Lehner, Besitzers des „Burgner"-Hofes, daß er auf der Wiese vor der Kirche mehrmals auf alte Gräber gestoßen sei, für ein Begräbnisrecht dieser Kirche, das aber nur Pfar ren zugestanden ist. Bekanntlich waren die Erst kirchen des Mühlviertels immer Holzkirchen. Erst Bischof Altmann, gestorben 1091, hat auf den Bau gemauerter Kirchen gedrängt. Aus der Familienchronik Schalberger®" sei hier nur folgendes angeführt. Alljährlich wurde ein Ruderschiff auf dem Schopperplatz gebaut. Ent weder ein Kelheimer für 30 Waggon Pflaster steine oder 800 Raummeter Scheiterholz, oder ein Kettenschlepp für 40 Waggon Pflastersteine. Die langen Bäume für die Seitenwände kamen Dieses Hochwasser ist mir unvergeßbar. Ich war acht Jahre alt, mein Vater Leiter der Schule, in der wir auch wohnten. Das reißende Wasser schoß an der Mauer des Schulhauses, das direkt auf dem Felsen stand, vorbei. Ständig lag ein tausendfältiges Brau sen und Zischen in der Luft. Die Mitte des Stromes war viel höher als die Ränder, es bestand eine bedeu tende Krümmung. In großer Menge trug das Wasser Bretter, Scheiter und Stämme mit sidr, allen mög lichen Hausrat, ganze Scheunen und Strohhaufen, totes Vieh und einmal sogar einen lebenden Hirschen. Unheimlich erschienen die großen entwurzelten Aubäume, wenn ab und zu ein starker Ast oder eine Wurzel emportauchte und sidi wie ein drohender Arm emporreckte. Süßenböck Linzer Volksblatt 1903, Nr. 183 bis 196. Süßenböck war damals Hilfspriester in St. Nikola. Auch auf die Schrift über Grein und Umgebung von Ludwig Commenda muß hingewiesen werden. Commenda war Volksschuldirektor in Grein und hat auch die Pfarr- und Schulchroniken der Umgebung be nützt. Im Atlas von Oberösterreich (Blatt 65 der 4. Liefe rung, 1969) unter „aufgelassene Pfarre mit vorreformatorischem Patrozinium", und zwar Johannes der Täufer. Familienchronik Schalberger, letzte Fassung von Jo sef Schalberger, Salzburg 1947, 26 Maschinschreibseiten, eingesehen bei Frau Oberschulrat Herma Schalberger, Linz.
auf der Enns herunter aus Großraming. Die sehr langen Bodenladen konnten nur auf wenigen Sägen geschnitten werden, so in Daiming bei Baumgartenberg. Alles Eisenzeug kam aus Losen stein. Die Kipfen besorgten „Kipfengraber" aus den verkrüppelten Beständen an den Hängen des Ostrongs. Das Moos zum Abdichten liefer ten „Miassucher" in Binkerln heran. Hauptliefe rant war der Foidl, der „Chef der sieben Kur fürsten". Da gab es nämlich bis zum Stau im Jahre 1957 am rechten Ufer unterhalb Sarmingstein bis gegen Freienstein sieben Häuseln in einigem Abstand voneinander. Man nannte sie scherzhaft die 7 Kurfürsten, da jeder eine Kuh oder wenigstens eine Ziege hatte. Als „die 7 Kurfürsten" prangen sie noch immer auf der Donaukarte des von der DDSG herausgegebe nen „Handbuch für Donaureisen". Sarmingstein verdankte seinen Aufstieg zum Markt dem Handel mit dem Hinterlande. Es hatte Wochenmärkte und einen Jahrmarkt. Aber St. Nikola, Struden und Hößgang entwickelten sich nur durch die Schiffahrt. Struden und Sankt Nikola sind Märkte (so daß jetzt in der einen „Gemeinde St. Nikola" drei alte Märkte sind), haben aber wie die meisten Märkte an der Do nau keine Wochenmärkte. Zum Strudel und Wirbel kam als drittes Hinder nis das Schwalleck (siehe Kartenskizze). Vor Grein hatte sich schon immer die Donau vom Struden her und erst recht durch das Schwalleck das Wasser gestaut, daß dadurch der Eindruck eines Sees entstand. Bei A und B war das Was ser noch ganz still, die Oberfläche glatt, aber bei C, wo vom Schwall der starke Abfall war, war es reißend. Man mußte bei der Talfahrt im Stromstrich bleiben. Wer aber zwischen Strö mung und Gegenströmung kam, wie etwa bei E und D, konnte durch eine plötzliche Neigung des Schiffes oder der Zille verunglücken. Bei einer mit Personen voll beladenen Zille sind die Leute versucht, bei einer Seitenneigung der Zille ihr Gewicht nach der niederen Bordseite zu ver lagern und damit die Zille unbedacht zum Ken tern zu bringen. So war es zum Beispiel am 7. August 1924, als der Überführer Aistinger zehn Personen von Struden nach Hößgang brin gen wollte. Unterhalb Werfenstein, etwa zehn Meter vom Ufer weg, wo die scharfe Grenze Der Greiner Schwall t/ D Schwalleck ( stau / zwischen Strömung und Gegenströmung ist, ken terte die Zille. Auf das Geschrei der im Wasser Treibenden wurden am Ufer Zillen losgemacht. Gerettet wurden unter anderem der 15jährige Felix Neumüller®^ mit Mutter und Schwester, aber die meisten ertranken und wurden erst in Aggsbach, Fischamend und Orth geborgen. Ein Beispiel zum Greiner SchwalP®: Am 27. August 1909 fuhr oberhalb Grein beim „Sei ler" — nahe der Bahnstation — ein aus Langund Blochholz zusammengesetztes Floß ab und Der Bibliothekar des Stiftes Kremsmünster, Univ.- Doz. Dr. P. Willibrord Neumüller. Die Berichte über Schiffsunglüdce sind im Greiner Wochenblatt erhalten geblieben. Bei der DDSG (Donaudampfschiffahrtsgesellschaft) gibt es darüber keine Aufzeichnung. Alljährlida werden etwa 3000 Havarien behandelt, worunter man alle Besdiädigungen versteht, von einem gesunkenen Schlepp bis zur eingeschlagenen Fensterscheibe. Diese Auf zeichnungen werden immer nach zehn Jahren ver nichtet.
beim Schwalleck auf eine Kugel auf, wodurch viel Holz weggeschwemmt wurde und nicht mehr aufgefangen werden konnte. Das Schwalleck wurde vor dem Einstau auf das Gründlichste abgetragen. Jeder Autofahrer sieht an jener Stelle ein eisernes Kreuz, das sogenannte Halterkreuz, kann es aber nicht deuten. Nach der durchaus glaubhaften Überlieferung®® hat ein Halter (Hirte) in der Nähe des Schwalls Vieh gehütet und dabei, weil ein hoher Wasser stand viel Holz heranbrachte, solches aufgefan gen. Beim Versuch, einen Baumstamm aus dem Wasser zu ziehen, zog ihn dieser mit sich ins Wasser. Der Halter ließ den Stamm nicht mehr los und wurde mit diesem mehrmals in der Kehre herumgetrieben (vgl. Kartenskizze). Der Halter gelobte in seiner Todesangst ein Kreuz zu er richten, wenn er aus dieser furchtbaren Notlage mit dem Leben davonkommen würde. Als der Stamm mit ihm in Ufernähe getrieben wurde, gelang die Rettung. Die Stauung der Donau vor Grein begann schon in der Gegend Ardagger-Dornach. Dort, wo die Geschwindigkeit geringer wird, entstehen durch die Minderung der Schleppkraft des Wassers häufig „Mitterhaufen", das sind Ansammlungen auf Schotterbänken, die sich mit wechselndem Wasserstand verändern und unter der Ober fläche bleiben können. Das bringt einige Gefahr mit sich. So streifte dort am 26. Juni 1908 ein Schlepp der talfahrenden „Deutschland" ein Floß, das dann unter dem Nachbarschlepp hän gen blieb. Die Schiffleute wurden an Bord ge nommen, das Floß oberhalb Grein beim „Seiler" verheftet. Am 30. September 1908 fuhr eine Kommission auf dem genannten Schiff zur Un tersuchung des Falles zu jener Stelle, fuhr in der Nähe des Eizendorfer Mitterhaufens wiederum ein Floß an, so daß sich die Kommission von den Umständen recht genau überzeugen konnte. Ungemein viele Havarien gab es immer im Struden, wo beim Fahren in den S-Kurven der Druck auf das Steuerruder wiederholt zu einem Bruch der Steuerung führte. Oder es riß ein Drahtseil, weil beim Kurvenfahren der „Anhang" zeit weise nur an einem Seil hängt, indem die ande ren aus dem Zug geraten. Nur einige besondere Beispiele seien wieder gegeben®^. Am 22. November 1907 fuhr die „Altenburg" auf der Talfahrt durch den Stru del. Infolge des spätherbstlichen Niederwassers streifte ein beladener Schlepp eine Steinkugel und begann sofort zu sinken. Der Kapitän setzte mit einer Kehrtwendung den sinkenden Schlepp auf eine Sandbank. Viele Waren wurden aus dem nüt Wasser erfüllten Schlepp ausgeladen, so auch Säcke mit Mohn, die durch Quellen bald aufbrachen und wertlos wurden. Nicht aber für die Bewohner der Gegend, die sich den Mohn heimholten, so daß lange Zeit Mohnspeisen ge gessen wurden. Auch die fortgeschwemmte Wohnhütte des Steuermanns konnte aus dem Wasser gezogen werden. Sie wurde als Not unterkunft für den Steuermaim und seine ge rettete Familie aufgestellt. Am 11. Juni 1907 fuhr die „Europa" auf der Bergfahrt mit einem vollbeladenen Schlepp durch den Struden. Nach Versagen der Dampfsteue rung ließ sich der Dampfer zurückrinnen, wobei sich das Zugseil im Wasser an einem Stein ver fing und riß. Der Schlepp rann davon und de molierte in St. Nikola den Landungsponton. Die Zeitung bemerkte, dies sei innerhalb kurzer Zeit schon der vierte Fall, daß im Struden bei berg fahrenden Schiffen die Steuerung versagt. Ein großes Unglück wurde Ende Juli 1921 durch einen tüchtigen Kapitän verhindert. Darüber war ein ausführlicher Bericht in der „Linzer Mittags post"®® zu lesen. Der ungarische Dampfer „Pano Halma" fuhr mit drei Schleppen talwärts durch den Struden. Oberhalb der Stelle des früheren Haussteins versagte die Steuerung, das Schiff rannte an die Steinböschung an, die an gehängten Schleppe fuhren in das Schiff hinein, Schiff und Schleppe drehten sich herum, ein Schlepp holte sich am Ufer ein Leck, ein anderer Petschan Josef, Sagen und Denkwürdigkeiten aus dem Strudengau. Linz, 1929. Petschan war Pfarrer in Gottsdorf, ist 1928 gestorben und hat sehr gewissen haft gearbeitet. Greiner Wochenblatt. Der Satz über die „Mohnver wertung" wurde nadi eigener Erinnerung beigefügt. '5 Der ausführliche Beridit über das Unglück erschien am 2. August 1921. Ich hatte selbst das schwere Unglück von Anfang bis Ende gesehen und einen Beridit darüber verfaßt.
Schlepp verlor sein Steuerruder. Schiff und Schleppe ließen die Anker fallen. Diese hakten alle in Felsen ein, so daß die Ketten rissen. In dieser großen Aufregung vergaß der Kapitän, mit dem Havariesignal — andauernd kurze Pfiffe — die nachfolgenden Schiffe zu warnen. Er fing erst damit an, als vom Struden her bereits das Frachtschiff „Rhein" des Süddeutschen Lloyd mit zwei Schleppen unterwegs war. Als die havarier ten Einheiten hilflos quer zur Donau trieben und knapp unterhalb der Schule von St. Nikola waren, fuhr die „Rhein" mit ganzer Kraft zu einer Landung in die Sandbank gegenüber St. Nikola, ließ schnell seine Schleppe ankern und brachte die „Pano Halma" und die Schleppe an ein Ufer, den lecken Schlepp auf eine Sand bank bei Sarmingstein. Durch den Einstau ist nun alles gefahrlos, aber doch nicht ganz, denn die starken Wendungen können immer wieder zum Übel gereichen. So havarierte das Motorfrachtschiff „Goliath" der DDSG am 12. Mai 1965 bei einer Talfahrt mit drei Schleppen am Ausgang des Hößgangs, weil sich ein Schleppseil im Steuerruder des Schiffes verfing, wodurch das Schiff steuerlos wurde^®. Im Struden hat es bis zum Einstau dort, wo einst der Strudel war, immer Schwierigkeiten gegeben, weil dort die Strömung sehr stark war. Bis zum Ersten Weltkrieg konnten die Zugschiffe wegen ihrer damals viel geringeren Maschinenleistung nur mit einem vollbeladenen oder mit zwei we niger beladenen Schleppen durch den Struden nach Grein fahren, von wo sie wieder umkehren und den in St. Nikola abgestellten Schlepp nach holen mußten. Für die Abwicklung der SchleppManöver war ein Strum-Lots(e) mit dem Sitz ist St. Nikola verantwortlich®^. Wenn man die Vielzahl der Schwierigkeiten für die Schiffahrt an den verschiedenen Stellen und bei den verschiedenen Wasserständen überblickt, kann man sich leicht vorstellen, daß nur mit ortskundigen Kennern der Wasserverhältnisse eine Schiffahrt möglich war. Solche Leute muß ten zu allen Zeiten, auch schon bei den Römern und Kelten, oberhalb der ersten Gefahr, des Schwallecks, ansässig sein, um ihre Dienste den talfahrenden Schiffern anzubieten. Diese natür liche Gegebenheit hat Grein entstehen und mit der zunehmenden Bedeutung der Schiffahrt groß werden lassen. Im Wappen von Grein ist dies durch die Abbildung eines Schiffes mit einem Schiffslenker ausgedrückt. Außerdem hatte Grein ein bedeutendes Hinterland. Daher sehen wir in der Steuer-Fassion von 1749 außer den für Stru den aufgezählten Berufen noch je einen Rauchfangkehrer, Bader, Hurterer, Schlosser, Glaser, Hafner, Färber, Weißgärber, Binder, Trexler, Klampferer (machte „Klampfln" für die Schop per), Lebzelter, Riemer, Seifensieder, Sattler und Zimmermaler. Im Schloß war neben zwei Burg fleischhackern auch ein „Capelmeister" beschäf tigt. Unterhalb des Strudels und des Wirbels ver dienten die Ansässigen durch die Hilfsdienste bei Schiffsunglücken und bei den Gegenfahrten. Die berühmte Raffelstetter Zollordnung®® von etwa 905 macht klar, daß der ganze West-OstHandel hauptsächlich auf der Donau vor sich ging. Der Straßenverkehr war unbedeutend. Aber der Donauhandel war durch allzuviele Mautabgaben ausgenützt worden, daher das Übereinkommen. Als die beste Übersicht über die Sagen des Strudengaues darf man die Sammlung von Petschan®® bezeichnen. Aber die Sagen leben nicht mehr. Die Zeiten eines trauten Beisammenseins bei einem Kienspan oder Petroleumlicht sind vorüber. Doch den Schusterstein an der Fels mauer der Burg Werfenstein kennt jeder. Auf diesem kleinen Platz in schwindelnder Höhe hat Aus den Tageszeitungen vorgemerkt. Oberlotse Franz Waninger hatte 1904 sein SOjähriges Dienstjubiläum gefeiert. Ein Enkel ist heute der Leiter der Nautischen Abteilung, ein zweiter ist Leiter der Technischen Abteilung der DDSG. Die drei Söhne seines Nachfolgers, Kurzbauer, wurden Kapitäne der DDSG. Diesem letzten Strumlotsen verdanke ich die Kenntnisse „des Wassers" mit sei nen Gefahren, des Zillenfahrens beim Bewältigen aller Hindernisse am Ufer, und der Schiffersprache, letzten Endes aber meine lebenslange Gebundenheit an den Strom meiner Jugendheimat. Als letzte Zollstation ist Mautern genannt. Von dort ging der Handel zum Großmährischen Reich hauptsächlich mit Salz, das einen hohen Zollsatz hatte. Für eine Stute oder einen Sklaven mußte 1 Denar gezahlt werden, für einen Hengst oder eine Sklavin aber 4 Denare. 3» Wie Anm. 33.
der Schuster Isenflamm ein Paar Schuhe gedop pelt und damit sein Leben gerettet. Vorher war er wegen seines Liebesbemühens um ein hohes Fräulein zum Tod verurteilt gewesen. Sagen haben meist irgend einen örtlich oder historisch wahren Anlaß. Folgende Sage könnte sich wirklich ereignet haben. Ein Raubritter war auf der Burg Sarmingstein belagert worden. Als seine Lage hoffnungslos wurde, verband der Ritter seinem Roß die Augen und sprengte in die Tiefe, wo Reiter und Roß zerschmettert lie gen blieben. Noch heute endet die etwa drei bis vier Meter hohe, lange Bruchsteinmauer der Ruine an jenem senkrecht abstürzenden Felsen, bei dem sich die Aufführung einer Mauer er übrigt hatte. Wer nicht weiß, wie es früher ausgesehen hat, dem mag das heutige Landschaftsbild recht lieb lich erscheinen, besonders mit dem raschen Wechsel der Ansichten bei der Fahrt durch die Strudenstrecke. Ob dabei das Wasser langsamer oder schneller fließt, kann ihm gleichgültig sein. Früher hatten die Uferbewohner eine viel stär kere Beziehung zum Strom als heute und lebten mit ihm. Der Strom war ein Teil der lebendig erscheinenden Natur mit einem nach Jahres zeiten wechselndem Jahresrhythmus. Es wech selte die Wassermenge und damit die Geschwin digkeit und die Farbe. Das Ufer war keine Linie, sondern unregelmäßig von Kugeln begleitet. Die Menschen lebten mit dem „Wassa, da Doana". Fast jedes Haus hatte seine eigene Zille. Und wer keine hatte, ließ sich überführen. Wenn je mand seine Kinder suchte, wo waren sie — am Wasser. Die älteren Kinder paßten auf die jün geren auf. So lernten schon die kleinen Kinder das Wasser lieben und scheuen. Nie hörte ich, daß einmal ein Kind ertrunken wäre, wenn es am Wasser spielte oder in einer angehängten Zille schaukelte. Aber jetzt sind die neuen Ufer mit senkrechten Mauern mörderisch geworden. Wenn ein Kind ins Wasser fällt, kann es nir gends an der senkrechten Mauer hochkommen, und kaum jemand kann ihm helfen, zumal es auch keine Zillenhaken mehr gibt, die man frü her leicht zur Hand hatte. So ist Ende Juni 1967 in Sarmingstein ein zwölfjähriger Schüler eine Woche vor der Zeugnisverteilung einer solchen mörderischen Mauer zum Opfer gefallen. Im Stauraum des Kraftwerkes Jochenstein hat man überall an den Ufern flache Böschungen angelegt. Dies hatte der bayrische Landschafts architekt Alwin Seifert so eingeplant. Der Strudengau hätte für ein Gleiches genug Gelegen heit geboten. Hier aber haben die Menschen so sehr die schöne, innere Bindung zum Wasser verloren, so daß es von Grein bis Persenbeug keine einzige Überfuhr mehr gibt. Freilich, es ist ja auch das Wasser im ganzen Stauraum so schmutzig-schlammig geworden, daß man sich im Sommer gründlich abwaschen muß, falls man doch in der Donau „baden" war. Beim Hößgang ist zwischen dem Damm und dem Steilhang ein klares Wasser. Dorthin kom men im Sommer sogar Amstettner zum Baden. Im Stauraum hört sich auch das Fischen auf. Man hat wiederholt in den Stauraum hundert tausende Jungfische eingebracht. Aber in diesem Schlamm kann sich kaum mehr Leben halten^". Dank der Arbeit der Schiffsschrauben bleibt ein Gerinne ziemlich schlammfrei. Man merkt auch, daß die Fließgeschwindigkeit jetzt bedeutend größer ist als einen halben Meter in der Sekunde zur Zeit des Einstaues. Doch das sind Verhält nisse, die nicht mehr viel ärger werden können und den Uferbewohner schon ziemlich kalt las sen. Dazu kommt aber jetzt die Hochwasserfrage, die nun ganz anders aussieht als zuletzt im Jahre 1954. Seither sind die Stauräume der Kraftwerke Aschach und Wallsee neu hinzugekommen. Rinsum^^ hat im Jahre 1954 errechnet, daß im Stauraum von Jochenstein jährlich 400.000 cbm Im Sommer 1971 war das Wasser der Donau in der Wachau einige Zeit so mißfärbig braunschwarz wie der Schlamm im Ybbser Stauraum. Ein Fischer bei Spitz zeigte mir einen Weißfisch mit Flecken auf dem Schuppenkleid und mit bleichen statt roten Kiemen. Solche Fische habe er schon mehrere wieder ins Was ser geworfen. Meine Nachforschung ergab, daß man im Stauraum zeitweise Schlamm gebaggert und in große Zillen verladen hatte, die man unterhalb des Kraftwerks in die Donau entleerte. Ein solches Vor gehen zeigt die Hilflosigkeit gegenüber dem Schlammproblem. Rinsum A. von. Der Oberlieger; österr. Wasser wirtschaft, Jg. 6 (1954), H. 1/2, S. 29—38.
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