OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 3/4

Auf die Verbindung Keplers mit Georg Erasmus Tschernembl ist schon hingewiesen worden; leider sind die schriftlichen Nachrichten während der Linzer Jahre Keplers gering, einen um so stärkeren persönlichen Kontakt wird man aber annehmen dürfen^". Und das Interesse für astronomische Fragen war sicher in den Kreisen des Adels bedeu tend, war doch dieser bis zu dem schweren Bruch durch Gegenreformation und Exilierung Träger und Förderer der Wissenschaft (was später auf die Jesuiten und die Stifte des Landes überging, man denke an die Observatorien auf Jesuitenkollegien etwa in Wien, auf dem Nordico in Linz, an die Bauwerke dafür in Kremsmünster und in Lambach). Zusammen fassend sei Kepler selbst zitiert, der sicher mit Recht davon sprach, „das sonderlich diser Ortten vil adeliche Gemüther sich finden, welche nach dem hochlöblichen Exempl ihrer Landsfiürsten und Herrn von dem Haifi Österreich den mathematischen Künsten und Betrachtung der allerweisesten und zürlichisten Werckhe Gottes in Erschaffung Himmels und der Erden, hindangesetzt aller anderer Khurzweil, vernünffliglich ergehen^^.'^ Kepler kam im Mai 1612 nach Linz. Seine Kinder, die zehnjährige Susanne und den viereinhalbjährigen Ludwig, hatte er zuerst bei der Witwe Pauritsch in Kunstadt gelassen, dann nach Wels zu Johann Seidenthaler gebracht. Johann Memhard, der frühere Rektor der Landschaftsschule, hatte seinen Landsmann Kepler auch während dessen Grazer und Prager Aufenthalt nicht aus den Augen verloren, wahrscheinlich stieg Kepler in den ersten Wochen der Linzer Zeit bei ihm ab. Es scheint, daß Kepler schon im September 1612 seine beiden Kinder aus Wels zurückholte und zusammen mit seinem Gehilfen B. Ursinus im Hause von Hans Christoph Plattl lebte''''. Über die Person dieses Linzers - der im gleichen Jahr als Testamentszeuge des Landschaftsingenieurs Stripf auftrat®® und daher mit den Ständen des Landes ob der Enns in Verbindung gestanden haben mag — ist wenig bekannt. Ein Brief des Ursinus an den zu Prag weilenden Kepler vom Februar 1613 endet mit den Worten „Dominus Platelius et Tui Te salutant". Im Juni 1613 ist eine Anschrift an Kepler „inn der Vorstatt zum Weingarten" überliefert, die sich auf diese Unterkunft beziehen könnte®*. Im Jahre 1613 begründete Kepler einen eigenen Hausstand in der Hofgasse®®, wo bisher nicht eindeutig feststellbar war, in welchem Haus nun Kepler die nächsten Lebensjahre verbrachte. Es wurden das Starhemberger Haus Nr. 9 (Kreczi) und das Polheimer Haus Nr. 7 genannt (Reicherstorfer), Justus Schmidt plädierte für das Hohenfelder Freihaus Hofgasse Nr. 21®', Martha List machte das Jörgersche Freihaus Hofgasse Nr. 22 wahrschein lich®'. ®' Zu dem von Sturmberger S. 252 f. herangezogenen Brief eines unbekannten Begleiters Keplers vom 20. Jänner 1616 (nicht in den Gesammelten Werken) kommt Keplers Aufzeichnung über den Jahresablauf 1616 hinzu, wo er ausdrücklich erwähnt „Im Januar Reise zu Baron Tschernembl über Steyr und Enns", Schmidt, Kepler, S. 248 (Übersetzung nach Revotutio anni i6i6. Frisch 8, 2, S. 832). ®' Gesammelte Werke 16, 1954, Nr. 617, S. 381, Caspar- von Dyck 1, S. 387; gekürzte Übersetzung bei Schmidt, Kepler, S. 243. ®® Der Hinweis auf diese Wohnstätte erstmals bei Martha List, Die Wohnstätten von Johannes Kepler in Linz, Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1970 (1971), S. 28. ®' Linzer Regesten, B II A 9/11549 b, B II A 27/18043 a, vgl. Anmerkung 8. ®* Rudolf Reicherstorfer, Des Astronomen Kepler Linzer Wohnstätten, in: Gestalter und Gestalten, Schriften reihe Linz, Erbe und Sendung, 1943, S. 22 f., Hanns Kreczi, Joharmes Kepler in Linz, Bilder aus vergan genen Tagen (Linzer Reihe 1), 1947, S. 55 und 82, Anm. 20, List, Kunstjahrbuch 1970, S. 28. Reicherstorfer zitiert unter den Briefstellen, die sich auf die Hofgasse beziehen, als erste eine Anschrift von „Dienstag nach Maria Himmelfahrt 1613", das wäre also vom 20. August 1613 (S. 23), List vom 12. De zember 1613 (S. 28 f.). In der Einleitung zur „Messekunst Archimedis" sagt Kepler, daß er im vergangenen November eine neue Gattin in sein Haus eingeführt hatte und damals etliche Fässer Wein in sein Haus schaffen ließ. Schmidt, Wohnhaus, Kunstjahrbuch 1970, S. 22 ff. (Wiederabdruck aus „Linzer Aspekte", 1970, S. 55 f.) ®' List, Wohnstätten, Kunstjahrbuch 1970, S. 29 ff.

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