Die Einleitung der Verhandlungen bildete also der Hinweis auf das Eintreffen von Keplers Voraussagen in dem betreffenden Jabreskalender. Und hier ist sieber ein wichtiger Grund für die Stände des Landes ob der Enns zu finden, solch einen Mann an sich zu binden: Er sollte ihnen die günstigen oder gefahrlichen Aspekte bei ihrem Vorgehen berechnen, sie erwarteten von ihm eine Tätigkeit etwa in Form eines Hofastrologen. Und sicher waren es in erster Linie die Vertreter des Herrenstandes, die sich von Kepler das Horoskop stellen ließen^'. Und als es zu einer Art Kampfabstimmung zwischen den Vertretern des Herren standes und denen des Ritterstandes im Jahre 1616 kam, ob Keplers Vertrag verlängert werden sollte, da waren es die Erstgenannten, die ihm zum Siege verhalfen - zum Sieg in einem Streit, an dem er gar nicht beteiligt war, wie er es selbst ausdrücktet^. Zur Familie der Hohenfelder, welche die Schlösser Aistersheim, Almeck, Peuerbach und Weidenholz besaß, hatte Kepler schon als Student in Tübingen Verbindung erlangt. Marx Hohenfelder studierte mit seinen zwei jüngeren Brüdern Ludwig und Wolfgang dort, Kepler sandte ihnen von Graz seinen ersten Kalender auf 1595 und erbat durch Maestlin von ihnen ein Gedicht zum „Mysterium cosmographicum". Marx war auch Hörer von Keplers Lehrer Michael Maestlin und Defensor seiner Disputation „De eclipsibus solis et lunae". 1609 wurde Wolf Hohenfelder zum Scholarchen oder Inspektor der Linzer Landschaftsschule bestellt, nach seinem Tode 1616 übernahm sein Bruder Ludwig das Amt, kam aber nur selten nach Linzts. Auch Helmhard Jörger hatte in Tübingen studiert, als Hofkammer präsident stellte er 1610 in den kritischen Tagen des Zwistes zwischen Rudolf II. und Matthias sein Amt zur Verfügung und begab sich nach Oberösterreich zurück. Er riet Kepler schon im Dezember 1610 zur Übersiedlung ins Land ob der Enns und zum Eintritt in den Dienst der Stände^'. Kepler besorgte in Linz wissenschaftliche Literatur für Jörgers reiche Bibliothek, er widmete diesem und Maximilian von Liechtenstein die „Stereometria doliorum" als Neujahrs gabe für 1613, selbstverständlich verfaßte er auch ein Horoskop für Helmhard Jörger^'. Die Gattin Helmhard Jörgers, Maria Magdalena, geborene von Polheim^®, beriet Kepler bei der Brautschau im Jahre 1613. Auch mit dem Vater, dem kaiserlichen Hof kammerrat und Generalobristen der Landschaft ob der Enns Wolfgang Jörger, scheint Kepler in gutem Einvernehmen gestanden zu haben. Er notierte sich wichtige Daten aus dessen Jugendjahren, verfaßte auf den am 7. März 1613 Verstorbenen eine Leichenrede und war bei der feierlichen Beisetzung in Steyregg am 1. Mai 1613 anwesend^'. Leider ist noch kein Verzeichnis der oben in Anmerkung 6 genannten rund 800 Horoskope veröffentlicht. Von oberösterreichischen Adeligen sind darunter das von Georg Erasmus Tschernembl (26. 1. 1567), Hans Georg Tschernembl (23. 5. 1577; siehe Sturmberger, Tschernembl, S. 251 ff.), HehnhardJörger (17. 2. 1572; siehe Anmerkung 17) und Adam Graf Herberstorff enthalten. Vgl. auch Briefe von Gundacker von Pol heim (16. 11. 1614), Hans Wilhelm von Zelking (4. 1. 1615) und Job Hartmann von Encnkel (13. 7. 1619, für sein Töchterchen) in den Gesammelten Werken, Band 17. " Schon im November 1613 ist unter den Vorschlägen für Instruktionen und Einsparungen der Landschaft auch Kepler genannt; er habe eine ziemlich hohe Bestallung, seine Leistung sei aber gering. Es bliebe den Ständen überlassen, ob er weiterbehalten werden solle. Der Punkt wurde dann wieder gestrichen. Linzer Regesten B IIA 24/17346, Pt. 8. Justus Schmidt, Johann Keplers Linzer Wohnhaus, Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1970 (1971), S. 22 (Wieder abdruck aus „Linzer Aspekte" 1970, S. 55 f.). Martha List, Die Wohnstätten von Johannes Kepler in Linz, Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1970 (1971), S. 25 ff. Der Brief in den Gesammelten Werken, Bd. 16, Nr. 602. " List, ebenda, S. 27, nach einem Versteigerungskatalog von 1940. Vgl. auch Anmerkung 13. Heinrich Wurm, Die Jörger von Tollet, 1955, S. III f. (Heirat am 6. Mai 1596, gestorben 1618), S. 291 (Stammtafel). - Erwähnt sei überdies die Taufpatin von Keplers Tochter Katharina (31. Juli 1617), die Witwe Rosina Freiin von Herberstein, eine geborene von Polheim. Sie war eine Schwester von Maria Mag dalena Jörger, geb. Polheim, siehe Johann Adam Fh. von Hoheneck, Die Löbliche Herren Herren Stände deß Ertz-Hertzogthumb Oesterreich ob der Ennß 2, 1732, S. 102. " Auf diese bisher unbekannten Quellen in den Pulkowoer Kepler-Handschriften hat Martha List, Kunstjahr buch 1970, S. 26, erstmals hingewiesen.
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