b) Schafwollwarenerzeugung Die Schafwollwarenerzeugung hatte bereits am Beginn unserer Epoche ihren Höhe punkt überschritten und weist einen ständigen Rückgang auf. Erst in der Gründerzeit wird auch diese Industriesparte von der Konjunktur erfaßt. Es fehlte nicht an Versuchen, neue Betriebe zu errichten. Bis 1860 existierten in Oberösterreich zwei Schafwollspinnereien, ab 1863 sind es drei, 1871 sogar sieben. 1856 zählten die beiden Schafwollspinnereien 480 Arbeiter, die 6640 q Garn im Wert von 650.331 fl. auf 13.134 Spindeln erzeugten. Zwei Jahre später fiel der Beschäftigtenstand auf 201 und die Produktion auf 1150 q bei halber Spindelzahl. 1860 trat ein Tiefstand der Beschäftigten mit 107 ein. In den folgenden Jahren schwankten der Beschäftigtenstand um 130, die im Einsatz befindlichen Spindeln zwischen 2000 und 2500, die produzierte Garnmenge zwischen 1550 und 1368 q und der Wert der Produktion zwischen 215.000 bis 241.380 fl. Ein neuerlicher Höchststand der Produktion wurde im Jahre 1868 mit einem Warenwert von 460.270 fl. erreicht, wobei 173 Spinner tätig waren. Der bedeutendste Betrieb dieser Branche war die Theresienthaler Kammgarnspinnerei, die 1872 von Cacilia Dierzer in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. 1841 standen 5000 Spindeln in Verwendung, die 1500 q Garn produzierten. Seit 1851 sank die Produktion stark ab, 1854 waren nur mehr 3600 Spindeln in Verwendung, 1845 erhielt das Unternehmen die Landesfabriksbefugnis. Neben der Produktion von SchafwoUwaren ging man 1844 an die Errichtung einer Baumwollspinnerei, weil die Kammgarnerzeugung immer mehr zurückgedrängt wurde. Als erste Fabrik in Österreich führte man vor 1850 Beleuchtung mit Holzgas ein'®. In Grafenau erzeugte 1854 eine Streichgarnspinnerei auf 1460 Spindeln Kammgarn. 1860 wird sie als Kunstwollfabrik bezeichnet. Aus 550 q Schafwollstrazzen produzierte man 50 q Kunstwolle und 3000 Paar Maschinenbörtelschuhe. Die Fabrik besaß seit 1868 eine eigene Niederlage in Linz. Weiters werden noch folgende Schafwoll spinnereien genannt: von 1856 bis 1860 in Engerwitzberg, 1868 bis 1873 in Friendorf, die seit 1868 eine Nieder lage in Linz besaß, von 1868 bis 1873 in ödt bei Traun, die neben Schafwollgarn auch Watte herstellte, 1868 in Marchtrenk und ab 1872 in Brandein bei Wels. Die Schafwollwarenerzeugung nahm eine ähnliche Entwicklung wie die Schafwoll spinnereien. Die Anzahl der Betriebe betrug 1853 drei, 1856 fünf, fiel dann zwischen 1858 und 1860 auf vier und blieb seit 1863 bei zwei (eine Schafwollwarenfabrik und eine Teppich weberei). In den fünfziger Jahren trat eine Aufwärtsentwicklung ein. 1853 produzierten drei Betriebe mit 224 Beschäftigten 3335 Stück im Werte von 201.108 fl. 1858 konnten vier Betriebe mit nur 198 Beschäftigten 42.300 Stück mit einem Wert von 355.120 fl. herstellen, was den Höchststand der Produktion für das nächste Dezennium bedeutete. 1860 sank die Produktion auf 11.950 Stück jährlich. Von 1863 bis 1867 beschäftigten die zwei verbliebenen Betriebe durchschnittlich 110 bis 152 Arbeiter - darunter etwa 30 Frauen, jedoch keine Kinder -, die 16.000 bis 18.800 Stück Stoff und 62.000 bis 68.000 Ellen Teppiche im Werte von 200.000 bis 300.000 fl. auf 110 bis 120 Webstühlen erzeugten. Das Produktionsprogramm der oberösterreichischen Schafwollwarenerzeugung umfaßte (1853) Teppiche, türkische und walachische Gürtel, Lastings, Putzwellenplüsch, Velour d'Utrecht, Flaggenstoffe, Möbelstoffe usw. An Rohstoffen wurde feines Garn aus England und Schafwolle aus Ungarn verwertet. Der Absatz ging nach Mähren, Böhmen, Tirol, Siebenbürgen, Galizien, in die Bukowina und nach Italien". Das bedeutendste Unternehmen war die 1840 gegründete Kleinmünchner Teppichfabrik, die im Grün dungsjahr 70 Arbeiter auf 33 Webstühlen beschäftigte und 1000 Stück Tuch mit 30.000 Ellen produzierte. Die Fabrik übernahm viele Arbeiter der mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden k. k. Wollzeug fabrik in Linz. 1845 entstand eine Baumwollspinnerei in Verbindung mit der Teppichfabrik, die bald bedeutender als diese wurde. 1851 erzeugten 110 Arbeiter 65.000 Ellen. Der Absatz ging 1851 nach Österreich, Bayern imd in "Industrie und Handel, S. 161; Meixner Erich Maria, a. a. Ö., S. 29 ff. " Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer für 1853, S. 25 f.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2