OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 3/4

Keplers Trauung in Eferding Georg Wacha Susanna Kepler, geb. Reuttinger, * 25. 12. 1589, t 30. 8. 1636. 1. Kepler in Linzer Sicht. 2. Die religiösen Verhältnisse in Eferding an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhun dert. 3. Kaiser Matthias auf dem Wege nach Regensburg in Linz. 4. Die Seuche in Linz. 5. Keplers Trauimg in Eferding. Am 30. Oktober 1613 wurde der kaiserliche Mathematiker Johann Kepler zu Eferding in zweiter Ehe mit Susanna Reuttinger getraut. In einem Brief vom 23. Oktober 1613 legte er ausführlich seine Heiratsprojekte dar und schrieb über seine Braut: „Susanna ist der Name, die Eltern Johann Reuttinger und Barbara, Bürger der Stadt Eferding, der Vater seines Handwerks Tischler, beide bereits gestorben^." Wie alle historischen Geschehnisse ist auch dieses vielschichtig. Zu den simplen Fest stellungen des wer, wann und wo kann man aber noch die Fragen nach warum dort, warum damals stellen und damit die Einordnung in den Zeitablauf, die Einfügung in das historische Gesamtbild erreichen. Die Wirkung auf den unbeteiligten Zuschauer ist wieder eine andere Facette des Bildes. Wie mag dieses Ereignis auf die Zeitgenossen gewirkt haben? Wie sahen sie Kepler? 1. Kepler in Linzer Sicht Aus Prag, vom Hof des kürzlich verstorbenen legendenumwobenen Kaisers Rudolf II. kam ein Witwer nach Linz. Daß er aus religiösen Gründen mehr als ein Jahrzehnt früher aus Graz vertrieben worden war, wird ihm vielleicht in der noch überwiegend protestan tischen Bevölkerung der Landeshauptstadt ob der Enns Sympathie verschafft haben. Er schilderte sich selbst als „schmächtig, saftlos und mager^", war eher von zwergenhaftem Wuchs, trug der Mode der Zeit entsprechend einen breiten Kinnbart und einen buschigen Schnurr bart, schon von ersten grauen Fäden durchzogen. Er hatte die Vierzig schon überschritten, und seine Tätigkeiten waren nicht dazu angetan, beim gemeinen Bürger und Handwerks mann Zutrauen zu erwecken. Da saß er doch nächtens, durch eine Zipfelmütze gegen die Kälte geschützt, und beobachtete die Sterne. Bei einer Mondesfinsternis' hatte er sich einen ^ Die Schilderung der Braut stammt aus einem Brief Keplers an einen Unbekannten (wohl den kaiserlichen Rat Baron von StrahlendorfF) aus Eferding vom 23. Oktober 1613, Johannes Kepler, Gesammelte Werke, hg. von Max Casper, Bd. 17 (Briefe 1612—1620), 1955, Nr. 669, S. 79 ff. Eine Übersetzung bei Max Caspar und Walther von Dyck, Johannes Kepler in seinen Briefen, Bd. 2, 1930, S. 25-38, und Justus Schmidt, Johann Kepler, Linz 1970, S. 246 f., n. 65 (Auszug). ' Die Beschreibung Keplers aus dem in der vorigen Anmerkung zitierten Brief. Das Aussehen ist aus dem Bildnis zu erschließen, das im Alter von 39 Jahren von Kepler in Prag gemalt worden ist (Schmidt, Kepler, Frontispiz und Umschlag). Zur Beschreibung des Bildes (Schmidt S. 2) ist richtigzustellen, daß es rechts oben selbstverständlich heißt „AETATIS SUAE 3gji6io" und nicht „Aetatis suae i6io". Die Frage der Por trätechtheit dieses Bildnisses, von Justus Schmidt als einzige authentische Wiedergabe bezeichnet (S. 173: „Alle übrigen Darstellungen Keplers sind wertlos"), ist noch nicht eindeutig geklärt. Hervorzuheben bleibt, daß die Untersuchung durch einen Fachmann (Hochschulprofessor Dr. Helmut Kortan, Meisterschule für Konservierung und Technologie an der Akademie der Bildenden Künste in Wien) erstens die Gleich zeitigkeit von Bild und Beschriftung ergeben hat, zweitens die Feststellung, daß sowohl der technische Aufbau der Malerei als auch der gesamte Materialcharakter dieser Beschriftung nicht widerspricht (Schreiben an den Verfasser, datiert 6. Juni 1968, Stadtmuseum Linz). Martha List hat in ihrem Vortrag beim KeplerSymposion in Linz im August 1971 die Authentizität erneut abgelehnt. ' Die Unterlage für die obige Schilderung bietet die Observatio Eclipsis Lunae Anno MDCXVl als Beilage zum Brief Keplers an Michael Mästlin vom 22. Dezember 1616, Werke 17, Nr. 750, S. 206, übersetzt bei Schmidt, Kepler, S. 251. Die Mondfinsternis hatte am 27. August 1616 stattgefunden.

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