OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 3/4

Als Anfang November die Landstände fünf Fahnen Fußvolk gegen Melk in Marsch setzten^' und später sich Buquoy den Grenzen Oberösterreichs näherte^", verschärfte sich merklich die Lage. Die Stadtobrigkeit ließ sich eine Liste der gemusterten Bürger vorlegen und in Ratssitzungen besprach man eingehend die Verteidigungsmaßnahmen^^. Noch vor Weihnachten gelangten vier Fähnlein aus der Bürgerschaft zur Aufstellung^®. Am 28. Dezember erschien in Steyr der von den Ständen entsandte „General Obrist Wachtmeister und Hauptmann" Georg Fuchs (Fux), besetzte in Abwesenheit des Burg grafen mit städtischen Truppen das Schloß und nahm zu Anfang des Jahres 1620 die Ver stärkung der Stadtbefestigung in Angriflf. Ein welscher Schanzmeister, der monatlich 40 Gul den erhielt, leitete den Bau der Verteidigungsanlagen in der Umgebung der Stadt. In Taschelried und in Ennsdorf wurden Schanzen aufgeworfen. In der Fischhub errichtete man ein Blockhaus für Soldaten. Obrister Kriegskommissär war der Stadtrichter Wolf Madlseder, „das ganze Landt war voller Volckh, Krieg vnd Kriegsgeschrey®®". Die an den Wehranlagen der Stadt und der Burg durchzuführenden Instandsetzungs arbeiten sowie besondere Anordnungen wurden in einem „Munitions-Memorial" festgelegt®^. Die 40 Seiten starke Handschrift vom 8. Jänner 1620 verfaßten jedenfalls Madlseder, Fuchs und der Stadtschreiber Hans Christoph Drummer (Trümmer). Durch die genaue Angabe der vorzunehmenden Arbeiten gibt sie auch weitgehend Aufschluß über das Aussehen der Stadtbefestigung. Von den in dieser Schrift geplanten fortifikatorischen Maßnahmen seien hier die wich tigsten angeführt. Vor allem verlangte man eine bessere Ausstattung der größeren Stadtund Burgtore®® durch Anbringung der schon früher vorhanden gewesenen inneren Torflügel mit Schlieftürl, Schloß, Riegel und Anhebeisen, ferner die Überholung der Schlag- und Aufziehbrücken (Haspel, Ketten, Messingwalzen), weiters die Einrichtung der oberen Torturmstockwerke, der Bastei an der Enns und des Turmes bei der Pfarrkirche zur Auf stellung und Abfeuerung der Geschütze („Stuck") und Doppelhaken®' sowie die Versetzung der Schneller (Torschranken), der Schildwacht- und Torwarthäusl, die Vermauerung des Schuhbodentores und die Deponierung von Munition und Waffen im Wasser- und Knöblturm®', in den Eekwachtürmchen auf dem hohen Burgturm, im Rundellturm der Burg und im Turm bei dem Stadtschreiberhaus®'. Eine besondere Verteidigungsanlage war zwischen Gilgen- und Pfarrtor vorgesehen, „damit mann von dannen hinauß auf der Kapuciner Kirchen (gegen Süden) vnnd alßdann durch den ganzen graben (Stadtgraben) hinab, biß Zum schloß, streichen" könne. Gefordert wurde die Instandsetzung der Wehrgänge auf den Stadtmauern am Stadt graben, an der Enns und in Steyrdorf, die Aushebung „weiter und tiefer" Gräben vor den 1® Edlbacher, Zetl, Chronik, S. 19. ®'' Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns, S. 358. ®i St.A., Rp. V. 25. 10. 1619, Fol. 388; 25. 11.1619, Fol. 404; 20. 12. 1619, Fol. 437; 21. und 22. 12. 1619, Fol. 438. ®® Edlbacher, Zetl, Chronik, S. 20. Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns, S. 358. - Edlbacher, Zetl, Chronik, S. 20 f. ®* St.A., Fasz. Militärsachen, K. XI, L. 38, Nr. 120: „Munitions Memorial Nr. 1 Was bey der Statt Steyr vnd Kay. Burck alda fürzunemben seyn. Anno 1620 den 8 Januarius." Stadttore: Neu=, Reichensch wall =, St. Gilgen =, Steyr =, Enns =, Wasser =, Siechen =, Schuhboden =, Gleinker=, Ort =, Schmiedtor; Burgtore: Haupttor, Tore gegen den „Perg" und in die Hofgasse. Benannt nach dem an der Unterseite des Laufes angeschweißten Haken, der den Rückstoß aufzufangen hatte, Lauflänge etwa 1,5 bis über 2 Meter. ®' Turm an der südlichen Stadtmauer, in dem sich ein freischwebender Balken (Knöbl) befand, auf dem Sträf linge einige Stunden liegen mußten. ®® Siehe Anmerkung 11.

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