OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 3/4

Die Stadt Steyr in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges Defensionsmaßnahmen und Truppeneinquartierungen (1619-1625) Von Josef Ofner Im Jahre 1618 vermerkte der Färbermeister Jakob Zetl in seiner Stadtchronik: „Im Aduent darauf ist ein grosser Comet am Himmel erschünen, welcher einen langen Strall von sich geben, vnd vast bey 3 ganzer Wochen gesehen ist worden, über welchen Comet die Doctores vnd Firmaments erfahrene Prognosticiert, dass in ganz Teutschlandt Krieg, Hunger vnd Pestilenz ervolgen werde, welche 3 Ruethen mann hernach laider 12 ganzer Jahr empfundten, Gott behüette vnss hinfüro vor einem so erschrecklichen Comet Stern^." Diese Himmelserscheinung sowie die politischen Begebenheiten seit dem Prager Fenster sturz erfüllte die größtenteils protestantische Bürgerschaft der Eisenstadt, deren Wohlstand seit etwa vierzig Jahren im Schwinden begriffen war, mit bösen Ahnungen. Als nun am 20. März 1619 Kaiser Matthias starb, befürchteten die mit den böhmischen Adeligen ver bündeten evangelischen Stände im Lande ob der Enns eine Vernichtung ihrer Macht durch den am 28. August zum deutschen Kaiser gewählten Ferdinand II. Bekanntlich hatten die Aufständischen in Böhmen Ferdinand abgesetzt und das Haupt der protestantischen Union Friedrich V. von der Pfalz zum König ausgerufen. Die gespannte politische Situation in diesen Jahren zwang die von Georg Erasmus Tschernembl geführten weltlichen Landstände Oberösterreichs, nicht nur Rüstungen vorzunehmen, sondern auch das Land in den Verteidigungszustand zu versetzen. Von diesen kostspieligen Maßnahmen blieb auch Steyr nicht verschont. Bereits im Februar hatte der Stadtrat auf Grund eines Schreibens der Verordneten „wegen des Tampirischen Volks" die Aufstellung von Wachtposten angeordnet®. Man befürchtete eine Verlegung der Truppen des Grafen Dampierre' in oberösterreichische Städte. Im Mai erging an Steyr der Befehl, zur Landesdefension die Musterung des 10. und 30. Mannes vorzunehmen*, doch zögerte die Stadtobrigkeit mit der Durchführung dieses Auftrages. Erst als aus Böhmen die Kunde von einem Sieg des kaiserlichen Feldherrn Carl Buquoy über die Truppen des Grafen Ernst von Mansfeld einlangte und Budweis von den Kaiserlichen gehalten werden konnte', erfolgte Anfang Juni in Steyr die „endliche Musterung" der Bürgerschaft, „für den Notfall auch des 5. Mannes" und schließlich am 14. Juni die „völlige Musterung®". „Mittwoch vor heyligen Pfingsten", schreibt Zetl in seiner Chronik, „ist die Burgerschafft gemustert worden, vnd haben Sie müessen auf den 30igsten vnd Zehn ten Mann Zetlen heben, auss welchen die lähre Zetlen gehebt, ain Jeder Burger, Zu VnterAbkürzungen: St.A. = Stadtarchiv Steyr, Rp. = Ratsprotokoll, F. = Faszikel, K. = Kasten, L. = Lade, VKSt. = VeröfFentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. 1 L. Edlbacher, Die Chronik der Stadt Steyer von Jakob Zetl 1612-1635. Museal-Jahr. Bericht XXXIII, Linz 1878, S. 15 f. ® St.A., Rp. V. 4. 2. 1619, Fol. 33. ® Graf Duval von Dampierre (1580-1620). Seine Kürassiere schützten am 5. 6. 1619 Kaiser Ferdinand vor den evangelischen Ständen Niederösterreichs. R. Bamherger, F. Maier-Bruck, Österreich Lexikon, Band 1, Wien 1966, S. 200. * St.A., Rp. V. 6. 5. 1619, Fol. 86; - 17. 5. 1619, Fol. 92. ' Mayer-Kaindl-Pirchegger, Geschichte und Kulturlehen Österreichs von 1493-1792, Wien 1960, S. 88. - G. Weher, A. Baldamus, Lehr- und Handbuch der Weltgeschichte, Band 3, Leipzig 1909, S. 328. '' St.A., Rp. V. 7. 6. 1619, Fol. 102. - 14. 6. 1619, Fol. 108. - Auch die Grundherrschaft Steyr hatte Musterungen vorzunehmen. OÖ. Landesarchiv, Linz, Herrschaft Steyr, Schachtel 110, Nr. 3, HIA.

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