OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 3/4

Der Bericht Haselmayrs aus dem folgenden Jahr läßt die Zerrüttung der Gemeinde erkennen. Über dreißig der reichsten Bürger und der adelige Obervogt (Rösch) waren vom Flacianismus förmlich bezaubert, sie hielten heimliche Konventikel und Winkelpredigten, besuchten Taufe und Abendmahl mit großen Unkosten und unter Gefahr der Kinder fünf bis acht Meilen weit auswärts^^. Daß in anderen Orten das Sektenwesen nicht so rasch verschwand, zeigte das Beispiel von Aschach. Der als Flacianer aus Eferding ausgewiesene Drechsler Peter Stanggasaga fand dort zur Zeit Wolfs von Liechtenstein (Alleinbesitzer der Herrschaft Stauf zu Aschach von 1573 bis 1593) Zuflucht und wurde 1591 lutherisch eingesegnet und auf dem St.-LorenzFriedhof bestattet. 1593 bewirkte dies nochmals einen gegen die Flacianer gerichteten Befehl Erzherzog Ernsts^®. Wolf von Liechtenstein hatte in Aschach einen flacianischen Prediger aufgenommen, auch die Polheimer in Wels sowie Achaz von Landau stützten die Sektierer*®. OfBziell herrschte aber in Eferding Ruhe, es konnten sogar Ausgaben für die Kirche (Glocke, Dach) bestritten werden, was immer auf halbwegs geordnete Verhältnisse hindeutet. Durch Verkauf und Teilung war die Herrschaft in Eferding nach Gundakers Tod 1585 von Gotthard von Starhemberg ab Jahresbeginn 1593 auf dessen Vetter Erasmus II. über gegangen. Pfarrer Haselmayr hatte die schweren Zeiten des Bauernaufstandes 1595 zu überstehen, er traute 1598 Erasmus von Starhemberg in Eferding und taufte am 12. Juni 1601 noch dessen erstes Kind. Wenige Wochen später verschied er, hinterließ aber die Pfarre nun wohlgeordnet. Ihm folgte noch im gleichen Jahr wieder ein Württemberger aus Baiingen, M. Ehrenfried Murschel. Auch dieser war auf die Reinhaltung der Augsburger Konfession bedacht. Der seines Glaubens wegen aus der Steiermark ausgewiesene Sekretär der steirischen Landschaft Kaspar Hirsch, der schon im Jahre 1600 in Eferding Zuflucht gefunden hatte und hier das Bürgerrecht erwarb, wurde von Murschel nicht zum Abendmahl zugelassen „propler suam doctrinam", weil dieser nämlich ein Anhänger des Schweizer Theologen Samuel Huber war. Murschel war es nun, der am 30. Oktober 1613 die verwaiste Bürgers tochter Susanna Reutinger mit Johannes Kepler ehelich verband. Nach der alten Stadt geschichte Eferdings fand die Trauung in der Pfarrkirche statt*', urkundlich nachweisbar ist die Abhaltung des Hochzeitsfestes im Gasthof zum Goldenen Löwen auf dem Stadt platz. Murschel wurde im gleichen Jahr 1613 vom Schlag getroffen. Nun genehmigte das Stuttgarter Konsistorium sein bereits eingereichtes Enthebungsgesuch - zum großen Be dauern der Familie Starhemberg und auch der Gemeinde. Murschel zog nach Reutlingen und Johann Josef Friderici wurde als Verweser in Eferding eingesetzt. Es ist nicht leicht, die bisher vorliegenden Angaben über die kirchlichen Verhältnisse in Eferding und über die Familie Reutinger (Reuttinger) zu ergänzen. Der Versuch, mehr über den Bürger Hans Reutinger und dessen Gattin Barbara (beide 1601 verstorben) zu erfahren, schlug fehl, da selbst eine Bevölkerungsliste für Eferding bis 1600 den Namen nicht ** Der Bericht ausführlich bei Eder (siehe Anmerkung 57) 2, S. 178. ** Max Doblinger, Der Protestantismus in Aschach an der Donau und Umgebung, Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 76, 1960, S. 3-35. *® Für Wels nur die Namen der Prediger bei Kurt Holter - Gilbert Trathnigg, Wels von der Urzeit bis zur Gegenwart, 10. Jahrbuch des Musealvereines Wels 1963/64, S. 92. *' Kopal, S. III.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2