OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 1/2

ZUR GESCHICHTE DER SIEDLUNGSNAMEN IN OBERÖSTERREICH (mit 4 Kartenblättern in Beilage) Albrecht Etz Siedlungsnamen gehören zum bodenständigsten Kulturgut eines Landes. Sie geben vielfach Aus kunft über die Art der Besiedlung, weil sie ihre Namen bei der Gründung erhalten und durch viele Jahrhunderte bewahrt haben. Da im Laufe der Zeit durch Lautwandel, Volksetymologie und Verballhornung die ursprüngliche Form des Na mens vielfach entstellt wurde, kann der heutige Name oft nur mit Hilfe urkundlicher Quellen ver standen werden. Dazu kommt, daß die offizielle Schreibimg der Ortsnamen selten auch die sprach richtige ist. Oberösterreich ist in der glücklichen Lage, durch das „Historische Ortsnamenlexikon" von Konrad Schiffmann' ein ausgezeichnet ge ordnetes und übersichtliches Belegmaterial zur Geschichte seiner Ortsnamen zu besitzen. Die folgenden Übersichten, die längst nicht das gesam te Ortsnamengut dieses Bundeslandes behandeln, wohl aber einige wichtige Typen berücksichtigen, schöpfen zum größten Teil aus diesem Quellen werk. Unsere Darstellung ist in zwei Teile gegliedert; einen historischen, der einen Überblick über die Erstnennungen geben soll, und einen namenkund lichen, der den Gang der Besiedlung und KolonisaHon in großen Zügen sichtbar werden läßt. 1. Die ältesten urkundlich belegten Siedlungsnamen Seit dem frühen 8. Jahrhundert liegen in den erreichbaren Urkunden schriftliche Belege für ein ununterbrochenes Bestehen für eine Reihe von Siedlungen auf oberösterreichischem Boden vor. Natürlich bedeutet eine solche Erstnennung nicht, daß der betreffende Ort erst zu dieser Zeit ent standen ist. Es ist aber sicher, daß er um diese Zeit bereits bestanden hat. Im allgemeinen wird man annehmen können, daß eine etwa im 8. Jahr hundert erstmals genannte Siedlung mindestens ein Jahrhundert früher gegründet worden ist. In Karte 1 sind die ältesten uns bekanntgewor denen Belege kartographisch verzeichnet. Sie gibt einen Überblick über die Reichhaltigkeit des Belegmaterials vom 8. bis 11. Jahrhundert. Es zeigt sich, daß sich die Hauptmasse der Belege bereits im 8. Jahrhundert dort ausbreitet, wo nach den Karten von Ä. Kloiber und L. Eckhart^ auch die Häufigkeitszentren der archäologischen Zeug nisse liegen: im Zentralraum von Oberösterreich längs der Traunachse und im westlichen Teil des Innviertels. Das sind aber nun auch genau diesel ben Gegenden, die auch die Klima- und Phänolo gie-Karten von F. Steinhauser und H. Werneck® als die klimatisch am meisten begünstigten Land schaften Oberösterreichs ausweisen. Während für das 8. Jahrhundert noch keine Belege für das Mühlviertel beigebracht werden können, heben sich solche bereits für das 9. Jahr hundert deutlich in den donaunahen Gebieten des Machlandes ab. Sie beginnen sich außerdem in reichem Maße zu häufen im Zentralraum von Oberösterreich, im Räume von Linz und rings um den Attersee. Die Erstbelege aus dem 10. Jahr hundert verdichten das Netz der urkundlich er wähnten Siedlungen auf die fruchtbaren Land schaften im Räume um Kremsmünster und Steyr. Aber immer noch fehlen namhaftere Belege aus dem Mühlviertel und aus dem Salzkammergut. Mit den Erstnennungen des 11. Jahrhunderts bietet sich ein neues Bild: der Zuwachs an bereits bekannten Siedlungen verstärkt sich beträchtlich im Innviertel und im Räume von Eferding und Linz. Trotzdem ist aus dem Kartenbild noch nicht zu ersehen, daß auch neuer Siedlungsraum durch Kolonisation erschlossen worden wäre, wenn auch weit vorgeschobene Neugründungen, wie etwa Pierbach oder Marsbach bei Hofkirchen im Mühl kreis, schon auf den kommenden Landesausbau hindeuten. Trotz der aus diesen Daten sich ergebenden Einsichten muß aber nochmals betont werden, daß die in die Karte eingetragenen historischen Na men nur Auskunft über die durch Urkun den gesicherten Bezeugungen geben, die tatsächliche Besiedlung aber ein bis zwei Jahr hunderte vor diesen Erstnennimgen erfolgt sein dürfte. ^ K. Schiffmann, Historisches Ortsnamenlexikon des Lan des Oberösterreich. 3 Bde., Linz 1935 und München X940. ^ s. Atlas von Oberösterreich, herausgegeben im Auftrag der oö. Landesregierung vom Institut für Landeskunde von Oberösterreich. 3. Lfg., Bl. 59: Ä. Kloiber, Gräberarchäologie; a. a. O. Bl. 59 a: Ä. Kloiber und L. Eckhart, Siedlungsarchäo logie. ' a. a. O., 3. Lfg., Bl. 42: H. L. Werneck, Phänologie; a. a. O., 4. Lfg., Bl. 57: F. Steinhauser, Klima.

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