rian. Gerade die letzte Bürde nahm er sehr ernst, vor allem das Laienspiel, dichtete selbst zwei Schauspiele mit Gesang und ein Krippenspiel mit Liedern. Trotz dieser zahlreichen Verpflichtungen fand er aber noch Zeit zum Komponieren, und gerade die Jahre 1909 bis 1915 waren für ihn von größter Bedeutung; in dieser Zeit entstand seine einzige Symphonie, die D-Dur-Symphonie, seine bekannteste Messe, die Augustinusmesse, und sein größtes Werk, das Orato rium „Der heilige Augustinus". 1922 berief Bischof Gföllner Müller als Musiklehrer ans Bischöfliche Lehrerseminar. 1924 wurde Müller Domkapellmeister; diese Funktion hatte er bis 1943 inne. Gerade die Betrachtung des Repertoirs des Linzer Domchores beleuchtet die Stellung Müllers zwischen dem epigo nalen Neoklassizismus und dem sturen Cäcilianismus. Müller fand jedoch einen eigenen Weg, resultierend aus einer Vertiefung in das Schaffen Anton Bruckners. Mit besonderer Hingabe widmete er sich dem An denken Bruckners, stellte sich bereitwillig als Vortra gender bei Brucknergedenktagen und -feiern im Inund Ausland zur Verfügung. Obwohl nicht direkter Schüler Bruckners, bekannte sich Müller wiederholt zu dessen Stil und Werk und schrieb selbst fundamen tale Beiträge zur Brucknerforschung, die in dem umfangreichen Anhang als glänzende Beweisstücke wiedergegeben sind. Den zweiten Teil dieser Arbeit bilden die vom musikwissenschaftlichen Standpunkt besonders wert vollen Untersuchungen über die kirchenmusikalische Situation, in der Müller geschaffen hat. Daran schlie ßen sich die Bearbeitungen der Meßkompositionen, seiner Melodik, der Intervalle, Motive, Harmonik, der Rhythmik und des Taktes. Rückblickend demon striert der Autor die vier Wesenszüge Müllers - als Mensch, Domkapellmeister, Lehrer und Komponist, wobei jeder für sich von der genialen Persönlichkeit Zeugnis ablegt. Im Anhang vereinigen sich Aufzeichnungen und Veröffentlichungen Müllers, seine persönlichen Er innerungen an Anton Bruckner, Briefe, Tagebuch notizen und zeitgenössische Kritiken. Ein Literatur verzeichnis, 143 Notenbeispiele und ein Personen register vollenden diese wertvolle und vorbildliche Arbeit. Heidelinde Jung Ernst Burgstaller, Das Allerseelenbrot. Ver lag des Institutes für Landeskunde von Ober österreich. Linz, Landstraße 24/III, Linz 1970, 120 S., V Tafeln, 1 Karte. Preis 70 Schilling. Wenn wir die volkskundliche Bibliographie der Brot- und Gebäckskunde der letzten Jahrzehnte be trachten, so zeigt sich, daß es nur sehr wenige Werke gibt, welche den heutigen wissenschaftlichen Anfor derungen genügen, was vor allem daran liegt, daß zu wenig systematische Grundlagenforschungen auf breiten kulturgeographischen Räumen betrieben wur den. Burgstaller ist nun ein Forscher, dem nicht nur seine jahrzehntelange, allgemeine volkskundliche Tätigkeit zugute kommt, sondern der es auch immer wieder versteht, das diesbezügliche Thema von Grund auf neu zu bearbeiten. Er gibt sich nicht mit der ins Licht tretenden Vordergründigkeit zufrieden und erforscht stets wieder neu die Hintergründe, die ursprünglichen Erscheinungen und deren Quellen. So gelangt er in abwägender und vorsichtiger Vergleichung der Brauchhandlungen der verschiedenen Zeiten und Landschaften zu neuen Erkenntnissen. Das trifft auch für sein neues Buch „Das Allerseelen brot" zu. Bedeutend schon in der Fülle des darge botenen Stoffes über die einstigen Bearbeitungen des Themas durch E. L. Rochholz (Das Allerseelenbrot, Germania XI, 1 ff.) und M. Höfler (Allerseelengebäcke. Oesterr. Zs. f. Volkskunde 1907) hinausgehend, ist das Werk bereits durch seine packende Lebendigkeit und wissenschaftliche Zuverlässigkeit bemerkenswert. Seine eigentliche Bedeutung liegt aber darin, daß der Verfasser hier jenes Hauptproblem aller Bräuche und Riten der europäischen Völker in breit ange legter Erörterung behandelt, das auch zur Ausbildung wichtiger Gebäcksformen geführt hat: den Gedanken an den Tod und das Weiterleben der Verstorbenen in einer jenseitigen, aber der unsern unmittelbar benachbarten Welt. Durch die sorgfältige Aufglie derung des Stoffes nach den Brauchelementen und in minutiöser Beweisführung gelingt dem Verfasser ein auf strengster Wissenschaftlichkeit aufgebautes, anschauliches Gesamtbild einer archaischen, aber mitten in die heutigen Brauchformen noch hinein wirkenden Welt. Sein prägnanter Stil und die komprimierte Dar stellung der wesentlichen Sinngehalte der einzelnen Bräuche machen das Buch zu einem ebenso grund legenden Werk der modernen Gebäcksforschung wie der Volkskunde. Max Währen Direktor des Schweiz. Archivs für Brot- und Gebäcksforschung Kunstgeschichte des Backwerks. Geschichte und Entwicklung der Gebäcksarten und ihrer Formen, herausgegeben von H. J. Hansen unter Mitarbeit von J. Bauer, B. Bazinska, E. Burg staller, R. Calvel, L. C. Vazquez, W. Eiselen, W. J. Fance, G. A. Floris, F. Hahn, E. Hanssen, N. St. Hazelton, T. Kaukonen, Th. Magnussen, M. Pfister-Burkthalter, Ch. Pieske, K. Rüstig, E. Thiele, P. Toschi, M. Währen, P. Weiner und P. Zoras. Oldenburg 1968. G. Stalling-Verlag. 284 Seiten. Hunderte von (nichtnumerierten) Schwarzweiß- und Farbfotos und Strichzeich nungen. Nach seinem mit erstklassigem, sonst sehr schwer erreichbarem Bildmaterial ausgestatteten Sam melwerk „Europäische Volkskunst" (im selben Ver lag 1967) legt Hansen nunmehr eine hinsichtlich der Mitarbeit der ersten Fachleute und der Ausstattung des Werkes hervorragend zu nennende Mono graphie über den Komplex des figürhchen Backwerks in geschichtlicher Retrospektive seit der Antike vor. Hansens Buch greift damit über das zur Dokumen tation der ikonographischen Themen einzelner Lebkuchen- und Gebildbrotformen unentbehrliche Werk von Alfred Walzer, „Liebeskutsche, Reiters mann, Nikolaus und Kinderbringer. Volkstümlicher Bilderschatz auf Gebäcksmodeln, in der Graphik und Keramik" (Stuttgart 1965) weit ihnaus, obwohl auch Hansen stets auf die Parallelität der Gebäcksarchi tektur mit jener der Porzellankunst hinweist. In 10 Abschnitten werden behandelt: Geschichte und Entwicklung des abendländischen Alltagsbrotes (wo bei in dankenswerter Weise auch bereits die neuesten Ergebnisse der historischen Gebäcksforschung Max Währens mitberücksichtigt sind); Gebildbrote und Volksbrauchtum; Geschichte und Ikonographie der
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2