OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 1/2

3. Keplers eigene Berichte zu seinem Lebensweg mit Anmerkungen hiezu; 4. ein Anhang mit Erwähnung des Hexenpro zesses gegen die Mutter, einem Auszug aus dem heutzutage aktuell gewordenen Nachlaßwerk „Traum vom Mond", und schließlich der Wiedergabe bisher ungedruckter und ins Deutsche übersetzter Briefe Keplers. Abgesehen von einem kleinen Druckfehler (Gassend statt Gassendi Seite 193, 18. Zeile von unten) ist lediglich ein sachlicher Irrtum zu berichtigen. Die Angaben S. 115 (7. Zeile von unten) und Seite 117 (18. Zeile von unten) widersprechen nämlich einander: Kepler nahm irrtümlich an, die Anziehungskraft der Sonne nehme im einfachen Verhältnis zur Planeten entfernung ab, richtig ist aber, daß sie sich im Quadrat der Entfernung vermindert. Diese bibliophile Kostbarkeit ist für jeden Gebil deten lesenswert und umso beachtenswerter, als sie einem Geistesheros und Bahnbereiter der Weltraum fahrt gerecht wird: ohne Keplers wissenschaftliche Vorarbeit hätte Newton sein Gravitationsgesetz nicht finden können und wären Raketen nicht heutzutage ins Planetensystem vorgestoßen! Dr. W. Martinetz Vom Baderlehrling zum Wundarzt. Carl Rabl, ein Mediziner im Biedermeier. Ausgewählt und erläutert von Dr. med. Gottfried Roth mit einem Beitrag von Rudolf Walter Litschel. 1971 Linz, Landesverlag. 155 Seiten, 29 Abb. Als jüngste Neuerscheinung brachte der Linzer Landesverlag ein reizvolles Buch über die Arzneikunst des beginnenden 19. Jahrhunderts heraus und wird damit sicherlich einen breiten Leserkreis finden. Der Mediziner Dr. Gottfried Roth nahm eine gut zusammengestellte Auswahl der Tagebücher des Wundarztes Carl Rabl (1787—1850) vor und gibt durch Edition dieser Texte ein authentisches Bild des österreichischen Biedermeier. Rabis Laufbahn begann bereits mit seinem 10. Lebensjahr als Lehrbub bei seinem Vater, einem Wundarzt, in seinem Geburtsort Kematen am Innbach (Oberösterreich). Nach Gesel lenjahren in Steyr begann er sein Studium in Wien und war anschließend bis zu seinem Tode vor allem in Wels als Wundarzt tätig. Carl Rabl entstammte einer Arztfamilie, in der sich die Ausübung des Medi zinerberufes vom Dreißigjährigen Krieg bis in unsere Gegenwart forterbte. Nicht weniger als 23 Bader und Ärzte gingen aus dieser Sippe hervor, darunter bedeu tende Kapazitäten der medizinischen Wissenschaft, wie der Professor für Anatomie in Wien, Prag und Leipzig Carl B. Rabl (1835-1927). Roth wählt aus den Tagebüchern Rabis den Zeit raum von 1806-1820 vmd ediert in vollem Umfang die Wiener Studienzeit von 1807-1810, wodurch dem Leser ein eindrucksvolles Bild Wiens und seiner Um gebung mit den Kunstwerken und Sehenswürdig keiten vor Augen geführt wird. Für den historisch Interessierten erweist sich die Schilderung der Bela gerung Wiens durch die Franzosen mit nachfolgender Kapitulation der Österreicher vom Jahre 1809 und der wirtschaftlichen und kulturellen Lage als ergiebige Quelle. Der Volkskundler findet Notizen über ver schiedene Bräuche, wie die Schilderungen des am Osterdienstag in Wien üblichen Bäckeraufzuges, der Palmsonntagsprozession der Wiener auf den Hernalser Kalvarienberg und die Berichte von Hochzeitsfeiern und Taufen in und um Kematen. Das Studentenleben im beginnenden 19. Jahrhundert spielt sich vmmittelbar vor dem Leser ab, mit seinen Vorlesungen und Prü fungen, wobei die zu dieser Zeit tätigen bedeutendsten Mediziner und Lehrmeister der Universitär vorge führt werden. Daneben gewinnt man Einblick in die zahlreichen Schwierigkeiten, meistens verbunden mit finanziellen Nöten. Rabl mußte sich sein Studium größtenteils selbst verdienen; er arbeitete als „Subjekt" hei verschiedenen Wundärzten und Badern. Seine verzweifelte Quartiersuche erscheint gerade in unserem Jahrhundert höchst aktuell und zeitnah. 1810 beendete Rabl sein Studium und erhielt sein Diplom. Von dieser Zeit an wird der Tagebuchtext bruchstückhafter, Ab schnitte mit philosophischen Überlegungen folgen, denen Roth einen Kommentar über das Verhältnis Rabis zur romantischen Medizin anfügt. R. W. Lit schel stellt Wels, die eigentliche Wirkungsstätte Rabis, im Biedermeier vor. Der Dokumententeil liefert Zeugnisse aus der Lehr zeit, Prüfungszeugnisse der Universität Wien, das Diplom für Wundarzneikunde und Geburtshilfe sowie ein Verzeichnis von Rabis Büchern. Ein Quellen- und Personenverzeichnis mit Kurzbiographien, vornehm lich aus der Wiener Studienzeit, stellen eine wichtige Ergänzung dieses mit schönen Abbildungen ausge statteten Büchleins dar. Heidelinde Jung Josef Mayr-Kem: Franz Xaver Müller. Ein österreichischer Komponist zwischen Anton Bruckner und Johann Nepomuk David. 1970 (Linz, OÖ. Landesverlag), 140 Seiten, 32 Seiten Notenbeispiele, 8 Abbildungen. Ende des vergangenen Jahres erschien als verspä tete Gabe zu dem am 10. 5. 1970 gefeierten 100. Ge burtstag des Komponisten und Domkapellmeisters Franz Xaver Müller die erste zusammenfassende Würdigung dieser großen oberösterreichischen Per sönlichkeit, die - wie im Titel angekündigt - eine Mittlerposition zwischen den großen Söhnen Ober österreichs, Anton Bruckner und J. N. David, ein nimmt. Mit dieser Problemstellung erweiterte der Autor den Rahmen einer Monographie eines für Oberösterreich bedeutenden Komponisten. Mayr-Kern schildert im ersten Teil den Lebens weg Müllers, die Kindheit in Dimbach bei Grein, die Zeit als Sängerknabe in St. Florian, die 1890 mit der Matura abgeschlossenen Gymnasialstudien im Aloisianum auf dem Freinberg. Schon in diesen frühen Jahren brach Müllers starke Liebe zur Musik durch, am Freinberg machte er - wie er selbst bekennt — seine ersten musikalischen Gehversuche in Form von Liedern. Es folgte der Eintritt als Novize in St. Florian, 1895 die Priesterweihe. Neben den theo logischen Studien widmete sich Müller in diesen Jahren der Musik und dem Theater, neben Gstanzldichtung und lustigen Theaterspielen fällt in diese frühe Schaffensperiode die mit Erfolg aufgeführte Opernparodie „Odysseus". Nach musikalischen Stu dien in Gmunden bei Johann Evangelist Habert, dem Begründer des österreichischen Cäcilienvereines, und in Wien bei Johann Venantius Wöß wurde Müller 1904 Stiftorganist und von 1906-1924 Regenschori in St. Florian. Seine besondere Sorgfalt galt den Florianer Sängerknaben, zu denen unter Müller auch J. N. David und die Brüder Daxberger gehörten. Daneben war Müller aushilfsweise Theologieprofessor an der theologischen Haus-Lehranstalt in St. Florian und Präses des katholischen Gesellenvereins St. Flo-

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