OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 1/2

Zeit seines Lebens war Stelzhamer sehr am Singen seiner „Liada" gelegen. Bei seinen ersten Mundartgedichten, die ganz dem Innviertier Boden entstammen, hatte er nicht Gedichte zum Lesen oder für den Vortrag bestimmt im Sinne, sondern Lieder, für die er gleichsam den Text verfaßte, Lieder, wie sie in seiner Heimat lebendig waren. Stelzhamer suchte einige Jahre später, nachdem sich Zöhrers Vertonungen als große Erfolge herausgestellt hatten, einen zweiten Musiker auf, nämlich den Linzer Domorganisten Pranghofer. Ja, Stelzhamer äußerte sogar, er werde selbst zu komponieren beginnen. Die Idee, seine Gedichte sollten eine Seele bekommen, sein „Dauba" Flügel erhalten, hinfliegen ins Innviertel und vom Landvolk, von jung und alt gesungen werden, war der Beweggrund für Stelzhamers An näherung an Eduard Zöhrer. Und dieser suchte seinerseits Lieder für die Pfarrjugend, Gesänge zur Unterhaltung. Stelzhamer und Zöhrer hatten somit dieselben Gedanken, dasselbe gemeinsame Ziel. Stelzhamer lieferte im Sprachgewand des Innviertels den Text, Zöhrer Innviertier Melodien und Klänge. Nach dem frühzeitigen Abgang Stelzhamers aus dem Seminar sahen sich die beiden erst in Reichersberg wieder, als Stelzhamer, einer Passauer Schauspieltruppe den Rücken kehrend, über Schärding kommend im Stifte am Inn eintraf. Um die dem Dichter nun vor Augen schwebende Drucklegung seiner ersten Gedichte verwirklichen zu können und diese nun nicht mehr ausschließlich in Liedform einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, suchte er einige Subskribenden unter den Reichersberger Chorherren. Stelzhamer hatte somit nicht den Musiker Zöhrer aufgesucht, obwohl im Festsaal des Stiftes seine Lieder gesungen wurden. Hier ist der Grund zu suchen, warum Eduard Zöhrer in seinem Brief an Fellöcker dieses Zusammentreffen nicht erwähnte. Nachdem die Patres zu Stelzhamers Plan 24 Silbergulden beigetragen, schied der Piesenhamer, der wie der vornehmste Gast empfangen und auch so entlassen wurde. Der Prälat des Stiftes stellte ihm seinen Privatwagen zur Verfügung, den der hoffnungsvolle Stelzhamer, frohen Mutes beim Torbogen hinausfahrend, Richtung Aurolzmünster diri gierte. Dort angelangt, ließ sich nun Stelzhamer zum Kegelspiel gegen den Fleischer des Ortes hinreißen. Er setzte die gutgemeinten Subskriptionsgulden selbstsicher auf sein Können und verlor sie an den besser spielenden Gegner. Mit Sicherheit dürfen wir annehmen, daß jener unglückliche Wettstreit den Chorherren am Inn und damit auch Zöhrer zu Ohren kam. Stelzhamer hatte die Güte und Freigebigkeit seines ehemaligen Seminarkollegen zum erstenmal mißbraucht, und er sollte es nocheinmal tun. Ein drittes Mal war es Stelzhamer, der Zöhrer aufsuchte, indem er sich, von Wien kom mend, auf den weiten Weg in die Pittener Mark im südwestlichen Niederösterreich auf machte. Zöhrer verbrachte dort im kleinen Ort Edlitz als Kooperator die Jahre von 1841 bis 1847. Stelzhamer trat an ihn mit dem Anliegen heran, ihm für die in Wien stattfindenden Vorlesungen einige Kompositionen zu leihen. Zöhrer kam dieser Bitte nach, nahm aber Stelzhamer das Versprechen ab, daß die Melodien nicht gedruckt werden dürften. Der eigenwillige Stelzhamer ließ jedoch gegen diesen ausdrücklichen Willen des Komponisten fünf Lieder beim Musikalienverlag Haslinger in Wien erscheinen. Diese Lieder wurden 1845 veröffentlicht. Die Begegnung von Edlitz mußte daher in diesem Jahr oder kurz vorher stattgefunden haben. Durch dieses eigenmächtige Handeln Stelzhamers zerbrachen die freundschaftlichen Bande vollständig. Der aufgebrachte Zöhrer legte beim Wiener Verlag Protest ein und wurde mit dem geringen Entgelt von 30 fl abgefertigt. Reiste Stelzhamer mit der festen Absicht nach Edlitz, die Kompositionen drucken zu lassen? Nahm Stelzhamer den Gedanken einer Drucklegung erst unmittelbar nach der

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