OÖ. Heimatblätter 1971, 25. Jahrgang, Heft 1/2

zu nicht geringer Ärgernus deren umstehenden fast völlig entblössen, allerhand sündhafte Zotten und Possen treiben, ja sogar verschiedener Abergläubischen Dingen und Sprüchen, wodurch selbe die Geschwindigkeit zu erlangen vermeinen, sich gebrauchen sollen". A. Haberlandt stellt in seinem Taschenwörterbuch^® aus älteren Berichten zusammen, daß es sich bei diesem Wettlauf um einen solchen der Burschen bei Hochzeiten handelte, die in Hemd und Leinenhose nach einem Schab Stroh liefen, den ein Mann hielt. Im Böhmer wald wurde statt des Strohs eine Stange, auf die ein Hut aufgesetzt war, verwendet. Mög licherweise ist die Hose aber kein alter Bestandteil der Wettkampfkleidung, wie Haberlandt im Anschluß an Adrian^® ausführt, sondern ein junger, erst aus den Verboten heraus ent standener. I. S. Popowitsch^i schreibt in seinem Dialectus Welsensis, Cremifanensis et sup. Austriae: „Offen-Schissellaufen, das wird von Bauernpurschen verrichtet. Sie laufen 1 Viertel Stunde weit im Hemd, bei Bauernhochzeiten." Besondere Verbote von Wallfahrten, ausgenommen solche außer Landes, die eines besonderen Ausweises^® bedürfen, Votivgaben, der Bekleidung von Statuen, Verordnungen über Kirchenschmuck und Zahl der Altäre wurden für Oberösterreich bis 1760 nicht erlassen. Hier genügten die allgemeinen Verordnungen, auf die noch eingegangen wird, wohl aber wurde gerügt, daß „in der Gegend von Ybbs, als auch in diesem Land Österreich ob der Enns von verschiedenen herum vagierenden Leuten nicht allein das sogenannte Christophori-, sondern auch andere Schatzbeschwörungs-Gebetter abgelesen und denen Einfaltigen zur Verführung ausgetheilet" werden^®. Wenige Jahre später heißt es, „daß nicht allein verschiedene Landes-Insassen in ihrer Leichtigkeit so weit giengen, daß sie das jenige, was ihnen ein Traum oder Einbildung vorstellet, oder durch andere betrügerische Leute vorge spiegelt wird, für Gespenster und Hexerei hielten, nicht minder denen für besessene sich ausgebenden Leuten alsogleich den Glauben beymesseten, sonderen, daß sie auch in dieser ihrer Leichtgläubigkeit oftmals von einigen mit Vorurtheilen eingenommenen gestärket würden, wie dann in einem allerhöchst Dero Erbland die Sache so weit getrieben worden, daß verschiedene Körper unter dem Vorwand, daß sie mit der sogenannten Magia posthuma behaftet gewesen, aus dem Freythof ausgegraben und einige davon verbrennet worden wären. Im gleichen Circulare wird einige Zeilen später noch verlangt, daß „ein solcher Casus eines Gespenstes, Hexerei, Schatzgräberei oder eines angebentlichen vom Teufel Besessenen vorkommen sollte" sofort angezeigt werde. Im Sinne der Aufklärung wurde auch die Volksfrömmigkeit teilweise zum Aberglau ben gezählt. So heißt es 1762, daß „hierlandes zu Markt-, Kirch- und anderen Tägen sich öfters verschiedene Leute mit gemahlenen heiligen Bildern, Rosenkränz, Agnus Dei und dergleichen, so die Gnaden-Örter sollen berühret haben und von dasiger Geistlichkeit geweihet worden seyn, einfinden und derley Waaren unter vielen erdichteten Mirackeln dem einfältigen Volk verkaufen, wodurch vielmals zu falschen Andachten, Aberglauben und anderen Unordnungen Anlaß gegeben wird".^® (Über weitere Einzelheiten zur Volks religion s. u. den Abschnitt „Religiöses Brauchtum".) " A. Haberlandt, Taschenwörterbuch der Volkskunde II, S 100. K. Adrian, Von Salzburger Sitt' und Brauch, Wien 1924, 317 f. s. G. Gugitz, Joh. Siegm. Valent. Popowitsch tind seine Beiträge zur oberösterreichischen Volkskunde. Heimat gaue XVIII, 102; Über Wettläufe bei Hochzeiten s. P. Sartori, Sitte und Brauch. Leipzig 1914. I., 90, 118. " Patente S 273 Nr. 5. - Linz 13. 2. 1756. " Patente S 31 Nr. 3. - Linz 25. 5. 1748. " Patente S 257 Nr. 44. - Cirkulare Linz 11. 3. 1755. Patente S 421 Nr. 36. — Cirkulare Linz 10. 11. 1762.

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