In Wels fand er schließlich als Direktor der Welser Museen und Leiter des Stadtarchives eine neue Heimat und vor allem ein kaum auszuschöpfendes Betätigungsfeld. Neben seinen Wirkungsbereichen als Neugestalter und Neuschöpfer musealer Anlagen, als Stadtgeschichts schreiber und Kunsthistoriker ist seine Tätigkeit als Ausgräber besonders zu betonen. Außer bei den zahlreichen Welser Grabungen, die er fast ausschließlich allein durchführte, wirkte er auch bei zahlreichen auswärtigen archäologischen Untersuchungen mit, so zum Beispiel bei der Freilegung der Reste der römischen Siedlung Tergoalpe, bei Untersuchungen zur Baugeschichte von Lambach und bei den Freilegungen am Salzburger Dom. Das Verzeichnis der Veröffentlichungen von Dr. Gilbert Trathnigg umfaßt mehr als dreihundert Titel. Ein Großteil davon befaßt sich mit der Erforschung der Welser Stadt geschichte. Darunter befinden sich Veröffentlichungen verschiedene Handwerke betreffend, Abhandlungen über Meistersingerhandschriften im Zusammenhang mit Hans Sachs, volks kundliche Publikationen vor allem über Gebildbrote, Krippen und Volksbräuche. Zu den bedeutendsten Werken aus seiner Feder zählen die Herausgabe der „Pancharte" von Wels — des Welser Freiheitsbuches - und das umfassende stadtgeschichtliche Werk „Wels von der Urzeit bis zur Gegenwart", das er gemeinsam mit seinem Freund Professor Dr. Kurt Holter verfaßte. Im Auftrag des Bundesdenkmalamtes erstellte Dr. Gilbert Trathnigg in vier um fangreichen Bänden die Vorarbeiten zur Österreichischen Kunsttopographie. Gebührend erwähnt soll auch werden, daß Dr. Gilbert Trathnigg trotz seiner durch umfassende Arbeiten stark eingeschränkten Zeit stets Gelegenheit fand, sich der studierenden Jugend, soweit sie für Lehramtsprüfungen und Dissertationen Welser Themen bearbeiteten, zu widmen. Eine stattliche Anzahl von Fachkollegen wurden durch seine gütige Hilfe und sein umfassendes Wissen zu Historikern ausgebildet. Die Anerkennung, die dem Wissenschafter Dr. Gilbert Trathnigg gebührte, wurde ihm auch im verdienten Maße gezollt. Zahlreich sind die Auszeichnungen und Ehrenstellen. Nur eine kleine Auswahl soll Erwähnung finden: Dem Welser Musealverein gehörte er als Gründungsmitglied seit 1954 an, 1966 wurde er vom „Vorbereitenden Ausschuß zur Gründung eines Verbandes der Landwirtschafts museen Europas" in Prag als Funktionär bestellt und in der „Gesellschaft für Frühmittel alterforschung Österreichs" wirkte er seit 1969 als Schriftführer. In Anbetracht der unschätzbaren Verdienste auf dem Gebiete der Geschichtswissen schaften erfolgte 1954 die Ernennung zum „Konservator des Bundesdenkmalamtes", im Jahre 1959 die zum „Wissenschaftlichen Konsulenten der oberösterreichischen Landes regierung" und seit 1961 war Dr. Gilbert Trathnigg „Korrespondierendes Mitglied der österreichischen Archäologischen Institute". Im Jahre 1967 verlieh der Herr Bundespräsident dem Welser Museumsdirektor den Titel „Professor", und die Stadt Wels rechnete es sich zur Ehre, Konsulent Professor Dr. Gilbert Trathnigg im Sommer 1970 durch die Verleihung der „Kulturmedaille der Stadt Wels" in Gold auszeichnen zu dürfen. Alle diese oft von höchster Stelle verliehenen Auszeichnungen und Ehrungen ließen ihn jedoch der Mensch bleiben, als den wir ihn in Erinnerung behalten wollen: pflicht bewußt, bescheiden, allseits anerkannt und geschätzt. Überraschend ist er am 25. September 1970 während der letzten Tage seines Urlaubs, auf den er sich so gefreut hatte und von dem er sich neue Schaffenskraft erhoffte, in einem kleinen Ort bei Ancona von uns gegangen.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2