Für den Turm des Rathauses, in dem zwei Glocken hingen', verfertigte um diese Zeit (1575-1577) der Augsburger Großuhrmacher Georg Wagner eine neue Uhr®. Der Ratssaal war in der Reformationszeit Mittelpunkt des kulturellen und gesellschaft lichen Lebens. Hier veranstalteten die Meistersinger Singschulen' und die Rektoren der evangelischen Lateinschule mit den Schülern Theateraufführungen'". Bis 1582 stand der Saal allen Bürgern für den Hochzeitstanz zur Verfügung. Da aber der Bürgermeister be fürchtete, daß aus den angrenzenden Stuben Steuergelder entwendet werden könnten, beschloß in diesem Jahre der Rat, den „gemeinen Bürgersleuten", zu denen hauptsächlich die Handwerker zählten, den Hochzeitstanz einzustellen". Der tiefere Grund für diese Maßnahme mag aber die große soziale Kluft zwischen den reichen Kaufleutebürgern und den Handwerkern gewesen sein. Im Jahre 1592 verfügte das Ratskollegium, dem Bürgermeister, dem Waagmeister" und dem Stadtkämmerer je einen Schlüssel zum Tor des Rathauses auszufolgen. In der Barockzeit mußte die Rathausuhr („Stadtuhr") mehrmals instand gesetzt werden. Der Salzburger Hofuhrmacher Hans Sauther machte sich 1680 erbötig, gegen Beistellung des Eisens, der Unterkunft und Verpflegung sowie einer Diskretion die Uhr wieder in Gang zu bringen und sie so einzurichten, „daß man die Stunden so tags als nachts erkennen möge". Da er überdies für seine Arbeit den Betrag von 200 Gulden forderte, lehnte der Magistrat das Angebot ab". Eine größere Reparatur, die 68 fl. 21 kr. kostete, wurde 1687 von dem Großuhrmacher Hans Kauffmann durchgeführt". Weitere Instandsetzungen mußten in den Jahren 1693", 1703" und 1720" vorgenommen werden. In diesen Jahrzehnten wurde, weil schon unbedingt erforderlich, die Einrichtung der Ratsstube erneuert. So ließ 1681 der Magistrat drei Dutzend Sessel anfertigen, von denen jeder 1 fl. 30 kr. kostete". Ein neuer Teppich wurde 1706 für den Platz des Bürgermeisters benötigt". Erwähnt sei auch, daß im März 1733 der Schulmeister Johann Georg Donn dem Magistrat ein „mit eigener Hand auf Kupfer Art mit der Feder gemachtes KruziflxBild" überreichte, das in der Ratsstube aufgehängt wurde"". Hier fand 1762 auch ein „Herr gott" Platz, den vermutlich der Bildhauer Ferdinand Kreitsch geschnitzt hatte"'. Der Turm des schon im 17. Jahrhundert baufälligen Gebäudes"" war im Jahre 1720 „im Ghilz (Gehölz) Völlig erfault", so daß die Stadtobrigkeit die auf 300 Gulden geschätzte ' Die Glocken sollen 1570 in Augsburg gegossen worden sein. K. B., Steyr vor 300 Jahren. Pfingstbeilage der Steyrer Zeitung 1926. ® Die alte Uhr wurde auf den damals erbauten Wasserturm zwischen den Brücken übertragen. Rp. 1575, Hs. Bd. 4, 24. Oktober. - 1577 hatte Wagner vor dem Bürgermeister zu erscheinen, „weil sein gemacht Urwerch auf hir(i)gen Ratthauß Thuern Vnrecht geth, dos Er die Menngl wennden Vnd solch werch aller seits in Stätten gerechten ganng bringen wolle". Rp. v. 29. 11. 1577, Hs. Bd. 5, S. 662, 708. ° J. Ofner, Zur Geschichte des Meistergesanges in Steyr. Oberösterr. Heimatblätter, Jg. 2, Heft 2 (1948), 's. 163-167. '" R. Stumpfl, Das alte Schultheater in Steyr zur Zeit der Reformation und Gegenreformation. Heimatgaue, Jg. 12 (1931), S. 1-33, 136-158, Jg. 13 (1932), S. 13-24, 95-128. " Rp. V. 12. 11. 1582, Hs. Bd. 9, S. 59. '" Der Waagmeister führte die Aufsicht über die ebenerdig im Rathaus untergebrachte Stadtwaage. - Rp. 1585, S. 397. " Rp. 1680, S. 63, 72. " Rp. 1687, S. 208. " Rp. 1693, S. 233. '» Rp. 1703, S. 9. " Die Reparatur kostete 100 Gulden. - Rp. 1720, S. 36. " Die Sitze waren mit Kalbsfell überzogen und mit gesottenem Roßhaar gefüllt. - Rp. 1681, S. 134. " Rp. 1706, S. 67. Rp. V. 11. 3. 1733, S. 55. "' Der Bildhauer erhielt für seine Arbeit 1 Gulden. — Rp. 1762, S. 148. "" Schon 1634 wurde das Rathaus als baufällig bezeichnet. - Rp. 1634, 100. 1661 wurde das Gebäude durch einen Brand beschädigt. - Rp. 1661, 21.
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