Innviertier Erntezeit Fritz Merwald Der Einbruch der Maschinen in die bäuerliche Welt, der besonders seit Ende des zweiten Weltkrieges ungemein rasch erfolgte, hat diese in einem Ausmaß verändert, daß wir die sich daraus ergebenden Auswirkungen heute vielfach noch gar nicht ermessen können. Ein Großteil der früher verwendeten Arbeitsgeräte wird kaum mehr benützt, und die Bräuche, die einst mit der bäuerlichen Arbeit so eng verbunden waren, geraten immer mehr in Ver gessenheit. Traktor und Mähbinder haben die Grundlagen für ihre Erhaltung ausgeschaltet. Vor allem aber hat sich das Verhältnis des bäuerlichen Menschen zur Arbeit grundlegend geändert. Diesen Wandel wird nur der wirklich empfinden und erfassen können, der selbst einmal hinter dem nickenden Pferdegespann herging und den Pflug lenkte, der selbst Schwie len an den Händen bekam von dem harten Griff der Gabel oder des Rechens und der im Gleichschwung der Sensen an so manchem heißen Sommertag mitmähte. Wer die bäuer liche Arbeit und das einst mit ihr verbundene Brauchtum nur als müßig Betrachtender zu erfassen versuchte, wird bei aller Kenntnis um Ursachen und Zusammenhänge nie ganz seine Tiefe ausloten, nie seine Stimmungswerte erfassen können, weil ihm das persönliche Erlebnis fehlt. Es war mir in meiner Jugendzeit in den Jahren 1923 bis 1930 vergönnt, die Erntezeit im Innviertel durch eigene Mitarbeit kennenzulernen. Wenn ich heute an die Sommertage zurückdenke, die ich im Koblstadlhof in Greiling bei Mörschwang verbringen durfte, so ist mir bewußt, daß sie für mich, wenn auch durch jugendliche Begeisterungsfähigkeit und Erinnerung verklärt, mit zu den schönsten und unverlierbarsten Erlebnissen gehören, die mir in meinem Leben beschert waren. So sehr haften diese Tage in meinem Gedächtnis, daß ich mich heute noch an ihren Duft und an ihre Stimmungswerte deutlicher und klarer erinnern kann als an andere, scheinbar größere und eindringlichere Erlebnisse. Damals, vor nun 40, 45 Jahren, ratterte noch kein Traktor über die Felder und die wenigen landwirtschaftlichen Maschinen wie Heuwender und Mähmaschinen, wurden von Pferden gezogen. Lediglich die schon allgemein übliche Dreschmaschine trieben Lokomobile, zum Teil auch schon Elektromotore an. Heute ist das Pferd als Zugtier im Innviertel bereits fast völlig verschwunden, und viele Geräte und Arbeitsmethoden, die früher benützt wurden, sind durch die Maschine verdrängt und geraten langsam in Vergessenheit, ja sind der bäuerlichen Jugend bereits unbekannt. Dasselbe gilt für die Bräuche, die im Innviertel fast völlig erloschen sind. Es erscheint mir im Hinblick auf das Dargelegte angebracht, die Erntezeit im Innviertel, wie ich sie in meiner Jugend noch selbst mitmachte, zu beschreiben, die vielfach schon in Vergessenheit geratenen Namen der Geräte und Arbeitsabläufe anzugeben, sowie die damals lebendigen Bräuche zu schildern. Es soll so festgehalten und aufgenommen werden, wie es einst war, denn bald werden sich nur mehr sehr alte Leute an sie erinnern können. Meine Arbeit befaßt sich nur mit der Erntezeit, die ich in einem kleinen Bauernhof im Dorfe Mör schwang bei Obernberg am Inn kennenlernte. Sie kann daher keineswegs als eine für das gesamte Innviertel gültige Zusammenstellung der Erntearbeit und Erntebräuche gewertet werden, da diese sogar in benachbarten Gemeinden oft sehr verschieden waren.
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