OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 3/4

Die Farbe der Bauernhäuser in Frankenburg am Hausruck Ernst Wolf Spricht man vom Brauchtum, so denkt man meist an Umzüge, Festbräuche und Trach ten. Das ist begreiflich, denn diese Dinge fallen besonders auf und werden auch bewußt erhalten, sei es aus Traditionsbewußtsein, sei es um des Fremdenverkehrs willen. Es gibt aber noch andere Gebiete, auf denen eine Einheitlichkeit zu erkennen ist, die dem jeweils Modernen trotzt. Dazu gehört die Farbe der Bauernhäuser. Es scheint, daß hier die Ent wicklung noch im Gange ist, ja vielleicht erst beginnt. Kommt man in jenes Tal am Südhang des Hausrucks, dessen Hauptort Frankenburg ist, so fällt einem bald auf, daß in manchen Dörfern fast alle Häuser den gleichen Anstrich haben: Grün mit weißen Kanten. Und die Zahl solcher Häuser ist im Wachsen. Dabei sieht man, daß auch Gebäude, die eigentlich das „herrschaftliche" Gelb oder Gelb/Weiß zeigen müßten, wie zmn Beispiel der alte Posthof (der diese Farbe früher tatsächlich hatte), allmähhch (d. h. manchmal über Zwischenfarben) zum Grün/Weiß übergehen. Das liegt vielleicht daran, daß der Posthof heute nicht mehr als Amtsgebäude dient und nur mehr Wirtshaus ist. Andererseits sieht man die Verwendung der „richtigen" Farben sehr schön, wenn etwa ein Vierseithof die Farben Grün/Weiß hat, die zugehörige Kapelle aber die Farben Gelb/Weiß. Es ist dies eine Art „color-code", wie er ja heute immer häufiger anzutreffen ist. Soweit es sich um bäuerliches Brauchtum handelt, erfolgt die Wahl der Farben unbewußt und ohne den Rat von Psychologen. Fragt man die Besitzer der Häuser, warum sie diese Farben gewählt haben, so erhält man Antworten, die im ersten Augenblick unbe friedigend erscheinen: „Weil es schön ist." „Weil es so üblich ist." Das sind keine logischen Begründungen. Aber gerade darin äußert sich ja das Brauchtum. Es entspringt dem im Unterbewußtsein wurzelnden Wunsch, etwas schön zu machen und zugleich Zusammen gehörigkeit auszudrücken. Jede Entscheidung, jede Wahl, auch eine im Unterbewußtsein getroffene, hat aber irgendwelche Gründe. Und diese sind im vorliegenden Fall noch ungeklärt. Wie begann die Entwicklung? Man könnte sagen, die weißen Kanten deuteten das Gerüst des Hauses an, und die grünen Felder seien die Füllflächen der Wände. Das würde aber eine Entwicklung aus dem Fachwerkbau voraussetzen, und dieser ist weder im Frankenburger Tal noch in seiner Umgebung heimisch. Die einzigen Fachwerkbauten, die man zu sehen bekommt, sind alte Eisenbahngebäude. Bevor sich der Ziegelbau durchsetzte, dominierte in dieser waldreichen Gegend das Blockhaus, und noch heute findet man im Ortsgebiet von Frankenburg solche Häuser, die allerdings durch Verputz und Bemalung im Aussehen an die Steinhäuser ange glichen wurden. Früher waren diese Holzhäuser durch Wandschindeln gegen Witterungs einflüsse geschützt, heute treten an die Stelle dieser Schindeln oft Eternitplatten. Weder das massive Holzhaus noch das Ziegelhaus kennen aber eine Unterteilung der Wand in Stützen und Füllflächen. Es dürfte interessant sein, die weitere Entwicklung zu verfolgen. Gegenwärtig liegt der Schwerpunkt dieser einheitlichen Farbgebung am Westhang des Tals. In Frankenburg selbst sind solche Häuser zwar schon häufig, aber noch keineswegs in der Mehrzahl. Am Osthang des Tals sind sie schon selten, und im nächsten Tal im Osten scheint es keine sol cherart bemalten Häuser mehr zu geben. Dort scheint sich eher ein Rohziegelbau mit weiß umrandeten Fenstern und Türen durchzusetzen.

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