Verkehr bestand zwischen den Tiroler Wiedertäufern im „Oberland" und den Gemeinden in Mähren, wo die armen Älpler reiche Arbeitsmöglichkeit und billige Lebensbedingungen fanden, wobei zwischen 1529 und 1622 für die Reise „hinab" (nach Mähren) ebenfalls Inn und Donau, sodann ab Krems der Landweg über Maißau benützt wurde. Zu Hall oder Rattenberg bestiegen die Wiedertäufergruppen die Schiffe, wobei sie sich vor den sie ver folgenden Behörden hüten mußten, denen eigens die Kontrolle dieses Verkehrsweges befohlen worden war. Manche Gruppen nahmen auf ihre Reise Verzeichnisse aller Herbergsmög lichkeiten zwischen Wasserburg am Inn und Mähren mit®. Die Reisenden besaßen also zweifellos Kenntnisse der Donautopographie und der Möglichkeiten zur Überwindung der Stromschnellen im Bereich von Grein, das ja den Lotsen im Wappen führt, der den Schiffern mit ausgestreckten Armen anzeigt, wie sie durch die Klippen des Strudels fahren sollen (Abb. in OÖ. Heimatbl. 3, 1949, nach S. 330). Damit stellt sich die ganze Stelle bei Aventin von „Est oppidum" bis „nuncupant" als zeitgenössische Erklärung der Stromschnellen bei Grein nebst ausführlicher, etwas Schau dern erregen wollender Beschreibung des Strudels dar, wie die deutsch sprechenden Bewohner der Gegend (diese meint Aventin mit „Teutones", nicht etwa die alten Germanen) diese Klippenstrecke nennen. Damals (tum) nannte man sie Poenostonos (Paige, Pogen, Bogenstein), und damit ist Aventin wieder im 11. Jahrhundert. Nun berichten nach Aventin die wissenschaftlichen Schilderer der Donau von Sebastian Münster (1567) bis Johann Siegmund Valentin Popowitsch (1750), ja noch bis Schuhes (1827) übereinstimmend von drei Schiffahrtshindernissen oder „Katarakten" im Raum Grein: vom Saurüssel zwischen Linz und Grein, vom Strudel unterhalb von Grein und anschließend vom Wirbel®. Alle drei Begriffe wären noch linguistisch zu durchleuchten. Den Geographen verblüfft, daß sie ihrem ursprünglichen Sinn nach die jeweilige Stromsituation treffend wiedergeben. Der „Rüssel" ist eigentlich ein „Wühler" (engl. to root = aufwühlen mit der Schnauze, für die lat. rostrum oder angelsächs. wrot sprachverwandt sind). Dort wühlte ein felsiger Ufervorsprung unter der Wasseroberfläche die Donau tatsächlich auf. „Wirbel" kommt von „werben" (= ursprünglich „sich drehen"), entspricht genau den durch den Anprall an den Hausstein in Drehung versetzten Fluten und hat als einziges dieser Wörter bis heute seinen Sinn behalten. „Strudel" (ahd. stredan = wallen) hängt mit der indogermanischen Wurzel „ser" (= fließen; vgl. Seret) zusammen und bedeutet „(rasche) Strömung, Stromschnelle", ® Vgl. hiezu AÖG, Band 78 (S. 484 fF., bes. S. 511, Anm. 3, und 513, Anm. 3) und 79 (S. 130 ff.). Zu Zeiten eines schärferen Durchgreifens in Mähren zogen Wiedertäufer wieder nach Tirol zurück, wobei sie aber kaum den Donauweg benützten. ® Neweklowsky (I, 353) behauptet, Münster (Cosmographia, Basel 1567, III, 965) gebe „eine geographisch unrichtige Schilderung. Er spricht von einem ,Saurüssel', den er zwischen Linz und Grein versetzt, . . . mit dem er offenbar den Strudel meint". Daß ihm die Tatsache des Saurüssels oberhalb Greins vollkommen entgangen ist, erscheint in Anbetracht von Neweklowskys reichen Literaturangaben unverständlich. Popo witsch (Untersuchungen vom Meere, Frankfin-t-Leipzig 1750, S. 199) verfolgt genau die falsche Lokalisierung des Wirbels bei manchen Schriftstellern „unter Grems" (wohl statt Grein verlesen) trotz der richtigen Angaben bei Aventin und Herbinius. Die unsinnige Beifügung „Strudel bei Stockerau" geht auf die Randbemerkung des Herausgebers (Hieronymus Ziegler) der Aventin-Ausgabe von 1554 zurück („Strudell in der Thonauu bey Stockerauu"), hat mit Aventins Originaltext nichts zu tun und blieb daher in der Gesamtausgabe mit Recht unberücksichtigt, wenngleich ein Fußnotenhinweis zweckmäßig gewesen wäre. Über die Schiffer legende, daß das im Wirbel angeblich verschluckte Wasser im Neusiedler See oder Plattensee zutage trete, braucht wohl kein Wort verloren zu werden. Seit Athanasius Kircher (1601-1680), dem sie für seine Karst wasserspekulationen gelegen kam, wurde sie hartnäckig wiederholt. Schuhes (II, 236-239) verbindet seine diesbezügliche Kritik gleich mit einem Seitenhieb auf die Jesuiten und tut ebenfalls Aventin Unrecht, obwohl er Popowitsch zitiert.
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