OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 3/4

weiters kennen wir Divertimenti, Cassationen und Partiten in verschiedenen kammermusi kalischen Besetzungen, Symphonien, verschiedenste vokale Profankompositionen (oft im oberösterreichischen Dialekt) sowie Singspielmusiken und Opern für die studentischen Theateraufführungen in Stiftsgymnasien. Der Volksmusik zeigt er sich nicht nur in seinen Pastoralkompositionen verbunden, sondern auch in vielen Sätzen seiner Instrumentalwerke. Aumanns Nachfolger in der Leitung der Stiftsmusik Franz Xaver Kurz (1771-1843) konnte ihm deshalb 1817 in der Allgemeinen musikalischen Zeitung sogar vorwerfen, daß sich in seinem Schaffen volkstümliche Elemente zu sehr breit gemacht hätten®. Was aber von Kurz als kritischer Vorwurf gedacht ist, macht gerade den Reiz dieser Pastorella aus. Neben Pastoralmessen und lateinischen Motetten als liturgische Weihnachtsmusik haben sich von ihm zahlreiche solche weihnachtliche Hirtenmusiken überliefert, teils einzelne Chöre wie dieser, teils zwei- oder dreiteilige Miniaturkantaten, in welchen schon mehr über das Erlebnis der Hirten berichtet wird. Aumanns siebensätzige Cassation „La Pastorella®" mit ihrer volksmusikalischen Dreiklangsseligkeit hat hingegen anderen Charak ter: Sie bringt nicht Weihnachtsstimmung zum Ausdruck, sondern die seit Rousseau neu entdeckte Freude am Landleben, womit wir noch eine zweite Art der durch die Kunstmusik imitierten ländlichen Musizierpraxis kennengelernt haben, wie sie ihren schönsten Nieder schlag in Ludwig van Beethovens (1770-1827) 6. Symphonie, der „Pastorale" gefunden hat. „Ihr Hirten, kommt herbeil" hat als Besetzung vierstimmigen gemischten Chor, Strei cher (2 Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabaß), ein solistisches Horn in A und Orgel vorgesehen. Das Horn nennt Aumann bezeichnenderweise „Cornu pastorum", weil die Melodieführung ganz den klanglichen Möglichkeiten des ventillosen Naturhorns folgt. Der Text bringt die Aufforderung an die Hirten, zur Krippe zu eilen; die Dringlichkeit unterstreichen die Unisonorufe „Kommt, kommt herbeil". Da erinnern sie sich, daß das Kind, „so dort schlafet", nicht in seiner Ruhe gestört werden soll — in langen Notenwerten mit Pianovorzeichnungen, die im bewußten Kontrast zur aufgeregten Freude der übrigen Stellen stehen. Der melodische und harmonische Pastoralcharakter wird durch den wie genden Sechsachteltakt noch unterstrichen. Einen anderen Typus verkörpert Stanislaus Reidingers (1734-1794) dreiteilige Pa storella „Auf, auf, ihr Hirten 1" für drei Solostimmen (2 Soprane und Baß), 2 Flöten, 2 Hörner, 2 Violinen, Violoncello, Kontrabaß und OrgeP". Der erste Teil ist den beiden Solosopranen anvertraut, die gleichsam mit Engelsstimmen den Hirten die frohe Nachricht bringen und jubelnd - meist mit besonders auffalliger synkopischer Betonung - ihr „Gloria" verkünden. Ein dadurch geweckter Hirt muß sich in einer gesprochenen Textstelle fragen: „Holla, was ist das?" Er will näher kommen, damit er die Verkündigung besser versteht. Aber ein anderer hat schon verstanden. Nur von den Streichern in aufgeregten Sechzehntelbewegungen umspielt, erklärt er seinen Freunden in einem Strophenlied das Geschehen und zieht mit ® Othmar Wessely, Franz Kurz als Musikschriftsteller, in: OÖ. Heimatblätter, 2. Jg., Linz 1948, S. 167 ff.; Altmann Kellner, Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, Kassel und Basel 1956, S. 554; Die Behauptung von Gottfried Johann Dlabacz (Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen . . ., 1. Bd., Prag 1815, Sp. 62), Aumann stamme aus Böhmen, ist sicherlich ein Irrtum. Seine Geburt läßt sich für den 19. März 1728 in Traismauer nachweisen, wo sein Vater Johann Michael seit 1723 als Lehrer und Chorregent wirkte (Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diöcesanblatt, 5. Bd., St. Pölten 1895, S. 663). ° Musikarchiv Stift Schlögl, Nr. 29. Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Sonnleithner-Sammlung, Oberösterreich X/48. Die hiesige Abschrift nennt als Autor nur „Sig.(uore) Reidinger. Die erfahrene und reife Satzweise ist jedoch sicherlich Stanislaus Reidinger und nicht seinem zwar auch kompositorisch tätig gewesenen Bruder Zacharias Reidinger, der von Stanislaus an Bedeutung und Talent überragt wurde, zuzuschreiben.

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