Psalterium Romanum und Gallicanum in den Benediktinerklöstern Oberösterreichs Ein Beitrag zur Geschichte der lateinischen Bibel Johann Marbeck Dem bayrisch-österreichischen Raum gebührt ein beachtenswerter Platz in der Ge schichte der lateinischen Bibel des frühen Mittelalters. Die Schreibschulen in Freising, Regensburg, Salzburg und Mondsee sowie Kremsmünster sind dafür beredte Zeugen^. Dieser Raum war bedeutsam als Schnittpunkt angelsächsischer, italienischer und westlicher Einflüsse, die sich auch im Bibeltext erkennen lassen^. W. Neumüller hat für den Übergang vom achten zum neunten Jahrhundert die Existenz eines bayrisch-österreichischen Vulgatatypus aufgewiesen, der im Codex Millenarius von Kremsmünster bezeugt ist. Er spricht von einer „eigenen, bayrisch-österreichischen, man könnte sagen ,agilolfingischen' Textform, die durch die ,Reichsbiber Alkuins und Karls d. Gr. fast vollständig verdrängt worden ist'." Der vorliegende Beitrag versucht, an Hand von Psalterienfragmenten die Verwendung der lateinischen Psalmenversionen des Psalterium Romanum und Gallicanum in den Bene diktinerklöstern Oberösterreichs zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert zu verfolgen^. 1. Oberösterreichische Psalterienhandschriften Die aus oberösterreichischen Benediktinerklöstern stammenden bzw. dort befindlichen lateinischen Psalterienfragmente seien vorerst in chronologischer Reihung angeführt. Cod. Fac. Med. 409, Montpellier, Psalterium aus Mondsee, Ende 8. Jh. Hs. 274 der Studienbibliothek Linz, Psalterienfragmente aus d. 10. Jh. auf den Deckel blättern einer Hs. aus Suben a. Inn. Fragm. HI/121-125 der Stiftsbibliothek Kremsmünster, 12. Jh. Cod. LXXHIa, Rituale Lambacense der Stiftsbibliothek Lambach, 12. Jh. Hs. 324 der Studienbibliothek Linz mit Psalterienfragmenten auf den 2 Deckblättern, aus Garsten, 12. Jh. Cod. cm der Stiftsbibliothek Lambach, Psalterium, 13. Jh. Cod. CLVI der Stiftsbibliothek Lambach, Liber precum, 13. Jh. Hs. 354 der Studienbibliothek Linz, mit Psalterienfragmenten auf dem rückwärtigen Deckblatt, Carsten 13. Jh. 2. Zur Geschichte des Psalterientextes in Oberösterreich a) Aus Mondsee ist uns der einzige aus Österreich und überhaupt aus dem südost deutschen Raum stammende Textzeuge für das Psalterium Romanum überliefert. Die in 1 B. BischofF, Panorama der Handschriftenüberlieferung, in: Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben, II, herausgeg. von B. Bischoff, Düsseldorf ^1966, 245-247. 2 B. Fischer, Bibeltext und Bibelreform unter Karl d. Gr., in: Karl der Große, Lebenswerk u. Nachleben, II, 156-216, erwähnt z. B. für Regensburg zwischen 750 und 790, daß die Schreiber Angelsachsen waren, aber italienisch bestimmte Mönche Seite an Seite mit den angelsächsischen arbeiteten (S. 207). ® W. Neumüller-K. Holter, Der Codex Millenarius, Teil I: W. Neumüller, Der Codex Millenarius als Denk mal einer bayrisch-österreichischen Vulgatarezension, Graz 1959, 67. * Der Aufsatz faßt Ergebnisse einer Dissertation zusammen: J. Marböck, Das Eindringen der versio gallicana des Psalteriums in die Psalterien der Benediktinerklöster Oberösterreichs, Maschinschr. Graz 1960. Zur seit her erschienenen Literatur vgl. außer dem unter 2) genannten Aufsatz noch B. Fischer, Die Texte, in: Der Stuttgarter Biidei-psalter Bd.II: Untersuchungen, Stuttgart 1968, 223-288. - L. Lentner, Alte Bibeln in Öster reich, Bibel und Liturgie 1969, 119—131 referiert über die Ergebnisse der Arbeiten von Neumüller-Holter und B. Fischer sowie B. Bischoff für den österreichischen Raum.
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