OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 3/4

finanzielle Hilfe von der Landesbehörde zu erhalten®'. Der Erfolg blieb nicht aus. Schon am 1. Mai stellte die Landeshauptmannschaft der Stadt Steyr einen Betrag von 4891 Gulden zur Verfügung, verlangte aber, daß „dieses Quantum unter Darfürhaftung des Bürger meisters und Stadtkamers nicht überschritten, und falls es wider besseres Verhoffen schon beschehen wäre, der ganze Rathausbau, unter Vertrettung erstbesagter beeden Individuen, alsogleich eingestellet werden solle". Bis zum 31. Oktober 1776 wurden von der angewiesenen Summe 2712 fl. 44 kr. ausgegeben, so daß für die restlichen Bauarbeiten noch 2178 fl. 16 kr. vorhanden waren®®. In diesem Jahre übernahm den Rathausbau der Stadtbaumeister Johann Wolfgang Hueber. Sein Vorgänger Wolfgang Hueber war im Sommer verschieden®®. Die von Steyr am 27. Februar 1777 abgegebene Erklärung, das Gebäude bis Ende des Jahres zu vollenden und es mit Einrichtungsgegenständen auszustatten'®, konnte nicht eingehalten werden. Die I.andesregierung verlangte daher am 26. Juni 1778 die Fertigstellung des Rathauses im Laufe des Jahres'^. Mit der Vollendung des Hintergebäudes wurde im Herbst der Bau zum Abschluß gebracht. Ab 16. Oktober konnten in diesem Trakt in dem mit einem vornehmen Marmor türgewände und einer reizvollen Stuckdecke versehenen Saal die Ratssitzungen abgehalten werden'®. Stadtschreiber Matthäus Guggenbichler verfaßte anläßlich der ersten Ratsver sammlung eine kurze Gedenkschrift in lateinischer Sprache. Sie stellt ein Chronogramm dar, in dem die Jahreszahl 1778 zweimal enthalten ist'®. In der Nähe des Sitzungssaales befindet sich der Eingang in den gewölbten zweischiffigen Archivraum, der zu den schönsten im Lande ob der Enns gehört'®. Er liegt im ersten Stock des südlichen Flügels und beherbergt die reichen Urkunden-, Handschriften- und Akten bestände, von denen für die österreichische Wirtschaftsgeschichte die Archivalien der Eisen handlungsgesellschaft und der 1625 gegründeten Innerberger Hauptgewerkschaft besonders wertvoll sind'®. Die gegen die Enns zu liegenden Trakte sind einfacher gehalten, doch sind die Säulen der Arkadengänge und einige Türgewände schöne Steinmetzarbeiten. Um das in einer Bauzeit von dreizehn Jahren aufgeführte Rathaus erwarben sieh be sondere Verdienste die Bürgermeister Johannes Simon Carl Angerholzer (1764-1770), Bernhard Großrucker (1771) und Johann Reichard von Paumgartten (1772-1781)'®. In der Folgezeit wurde das Gebäude mehrmals restauriert. Im 19. Jahrhundert ent fernte man den im Erdgeschoß befindlichen Brotladen (1841)" und beleuchtete die Fassaden uhr (1872)'®. Nach dem zweiten Weltkrieg erhielt das Rathaus durch Angliederung des benachbarten Wickhoffhauses (Stadtplatz Nr. 25) neue Büro- und Sitzungsräume'®. ®' Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 25. ®® F. Bau- und Straßensachen 1490-1777, K. III, L. 19, Nr. 4480. «» I. Schroff, Regesten, Hs. Bd. 6, S. 879, K. VII. '» F. Bau- und Straßensachen 1490-1777, K. III, L. Nr. 4480. " I. Schroff, Regesten, Hs. Bd. 6, S. 882. '® I. Schroff, Regesten, Hs. Bd. 6, S. 882. '® Ki-obath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 26. '® I. Zibermayr, Das oberösterreichische Landesarchiv in Linz (1950), S. 222. '® Über 50.000 Aktenstücke. E. Schmidel, Aus dem Rathaus der Stadt Steyr. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tages-Post vom 25. 2. 1906. '® Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 27-50. " J. Kautsch, Aus den Aufzeichnungen eines Steyrer Bürgers. Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913, S. 100. '® Kautsch, Aufzeichnungen, Kalender 1918, S. 145. '® o. V., Umbau des Hauses Stadtplatz 25. Amtsblatt der Stadt Steyr, Jg. 3 (1960), Nr. 12, S. 9 ff.

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