OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 3/4

1956 entfernt. Die nächste Statue schwingt einen Weihrauchkessel (turribulum) und hält in der linken Hand einen Weihrauchbehälter (naviculum). Sie deutet auf die Kirchenpatronanz der Stadt hin. Die letzte Figur der Balustrade dürfte die Verwaltung, die auf Grund verbriefter Rechte ihre Tätigkeit ausübt, darstellen. Auf Anbauten des Turmfußes thronen zwei weitere Statuen, von denen eine ein Szepter mit dem Auge Gottes und die andere einen Spiegel trägt. Sie symbolisieren die Allwissenheit Gottes und die Selbst erkenntnis^®." Da die eindrucksvollen Steinbildhauerarbeiten stilistisch den bemerkenswerten Portal figuren im Stift Seitenstetten nahestehen, könnten sie von einem Florianer oder Salzburger Bildhauer stammen®®. Im „Dehio" wird das herrliche Rathaus der Eisenstadt, das die Lebensfreude der Bürger schaft nach den vielen Kriegen in der Barockzeit erkennen läßt, besonders gewürdigt: „Die gestellte Aufgabe, inmitten der z. T. gleichfalls sehr reich geschmückten Bürgerhäuser einen den Stadtplatz beherrschenden Monumentalbau bei einer Breite von nur 5 Fensterachsen aufzuführen, ist unter Beibehaltung des seit dem Ende des 16. Jahrhunderts bei Rathäusern häufigen axialen Fassadenturmtypus durch ungewöhnliche Steigerung der Höhenausdeh nung auf das glänzendste gelöst. Diese macht eine Streckung und infolgedessen durchaus einmalige Behandlung der einzelnen Bauglieder erforderlich, in der der Architekt seine Meisterschaft erweisen konnte®"." Die Arbeitsräume wurden im Juli 1773 eingerichtet. Bilder, Spiegel, Luster und eine „schöne Uhr" kaufte der Magistrat um 300 Gulden in Mauthausen®^. Auch die Öfen gelang ten damals zur Aufstellung®". Der Bau der hinteren, einen weiten Hof umschließenden Trakte nahm noch fünf Jahre in Anspruch. Bis zu Anfang des Jahres 1775 konnte die Stadtgemeinde die Baukosten be streiten®®. Allerdings mußte Mayrhofer ab und zu mit einem Vorschuß aus seiner Privat kasse aushelfen®®. Auf Grund der von Zeit zu Zeit in den Ratsprotokollen vermerkten „ex cassa civitatis" bewilligten Pauschalbeträge®® und einiger Kassa-Amtsrechnungen®' können die Bauauslagen bis zu dem genannten Zeitpunkt annähernd ermittelt werden. Schätzungs weise dürfte Steyr etwa 33.000 Gulden ausgegeben haben. Da im April alle Mittel erschöpft waren, wandte sich Bürgermeister Reichard von Paumgartten an Landrat von Spaun, um Geld zur Vollendung des Gebäudes zu bekommen. Seine auf eigene Kosten unternommene Reise nach Linz zeitigte kein günstiges Ergebnis. Die Fortführung des Baues, so sagte man ihm, würden nur dann bewilligt, wenn die Stadt über „eigene Gelder" verfüge. Die Stadt väter aber ließen sich nicht einschüchtern. Sie versuchten auf schriftlichem Wege, eine Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 27. Portalstatuen für Seitenstetten lieferten 1751 der Bildhauer Johann Paul Sattler aus St. Florian, die Kolossal statuen, darstellend die Apostelfürsten, stammen von dem Salzburger Josef Anton Pfaffinger. M. Riesenhuber, Die kirchliche Barockkunst in Österreich (1924), S. 464, S. 471. Dehio-Handbuch, Oberösterreich (1958), S. 332. I. Schroff, Regesten, Hs. Bd. 6, S. 874, K. VII. Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 25. Möglicherweise hatte die Landesregierung schon einen Zuschuß gegeben. Im Rp. 1766 findet sich folgende Eintragung: „Mayrhofer zum Rathaus 1200 fl.; weil er dieses Geld schon in Vorschuß gegeben, dasselbe zur Österreicher Rayß benötige." Rp. 1766, 246. — 1775 ersuchte Mayrhofer um Rückzahlung geliehener Beträge. Krobath, Bürgermeister, VKSt., Heft 28 (1967), S. 25. 66 Rp. 1765, 272;- 1766, 123, 182, 301; - 1767, III, 283;- 1768, 127, 211, 298;- 1769, 130, 222, 284; - 1770, 212; - 1772, 149. 66 Die in den Kassa-Amtsrechnungen angeführten Pauschalbeträge umfassen die Ausgaben für den Bau des Rathauses und die übrigen Auslagen des Stadtkammeramtes. Die Rechnungen der Jahre 1774—1776 ent halten keine Baukosten. In den Jahren 1777, 1778 und 1779 werden für das Rathaus 30 „Monatgelder" a 50 fl. = 1500 fl. ausgewiesen. Belege sind nicht mehr vorhanden. Kassa-Amtsrechnungen, Hs. 62-64.

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