OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 1/2

Schrifttum Robert Bauer, Die bayerische Wallfahrt Altötting. Verlag Schnell u. Steiner, München 1970. 70 Seiten, 108 Abb. (mit Imprimatur vom 7. 7. 1969 durch Generalvikar Geyer, Passau). 500.000 Wallfahrer besuchten in den letzten Jahr zehnten alljährlich Altötting. Daher wird man es sehr begrüßen, daß, nachdem die alten Darstellungen längst vergriffen sind, über diesen großen Wallfahrts ort, dem an gesamteuropäischer Berühmtheit nur das österreichische Mariazell an die Seite gestellt werden kann, wieder eine auch wissenschaftlich aufschluß reiche Monographie vorliegt. Die Berichterstattung ist vollkommen objektiv, das Bildermaterial hervor ragend. Die Geschichte der Örtlichkeit wird bis in die Tage der Agilolfinger (Herzog Tassilo III. unter zeichnete hier mehrere Urkunden) zurückgeführt, das Wallfahrtsbrauchtum seit dem Auftauchen des 1. Mirakelbuches (1494/95) dargestellt. Für 1497 wird die Anbringvmg des ersten belegbaren Votivbildes an den Wänden der schon durch ihre oktogene Ge staltung als bis ins Karolingische zurückreichend ersichtliche Gnadenkapelle nachgewiesen. Ausführlich behandelt werden die ab 1490 feststellbaren Pilger zeichen, die Andachtsbilder (darunter die interessan ten „Schleierbilder" seit 1737), die zahlreichen Weihe gaben (wozu man aber auch das große Werk von M. A. König, Weihegaben an U. L. Frau von Alt ötting. 1939 vgl.) in Wachs, Silber (darunter die berühmte Figur des „Silberprinzen", 1737), Gold (darunter als weltweit bekanntes Glanzstück das „Goldene Rößl", 1404) und die wichtigsten Votivbilder. Zu den hervorragendsten Zeugnissen religiösen Lebens zählen die 3 „Blutweihebriefe" (von Kurfürst Max I., 1645, seinem Sohn Ferdinand und dessen Gemahlin Henriette Adelaide) und die zahlreichen Herzen regierender bayrischer Fürsten und deren Familienmitglieder. Durch deren Beschreibung und die Schilderung des gegenwärtigen Wallfahrtsbrauch tums wird das bestens ausgestattete Buch zu einer interessanten Dokumentation nicht nur zur Wall fahrtsvolkskunde, sondern auch zu den sakralen Tra ditionen dynastischer Familien. E. B. Leopold Kretzenbacher, Kynokephale Dämo nen südosteuropäiscker Volksdichtung. Ver gleichende Studien zu Mythen, Sagen, Masken bräuchen um Kynokephaloi, Werwölfe und süd slawische Pesoglavci. Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients. Bd. V. DDr. Rudolf Trofenik-Verlag, München 1968. 148 Seiten, 10 Textabb., 7 Kunstdrucktafeln. Das neue Werk des bekannten Münchner Ordi narius für Volkskunde steht in großer Tradition. Nach den das Thema erstmalig aufschließenden Untersuchungen von L. Weiser (Altgerm. Jünglings weihen usw. 1927; Die Sage vom Hundekönig. Wiener Prähist. Zs. 1932) und O. Höfler (Kultische Geheimbünde der Germanen 1934; Cangrande von Verona und das Hundesymbol der Langobarden. Fehrle-Festschrift 1940), die den Mythos von Hundeköpfigen und die Realität von in Tiermaskierung auftretenden Weihekriegern für die altgerm. Ver hältnisse bezeugten, stellt Kr. den Sagenkomplex der Pesoglavci bei den Slowenen und Kroaten in gesamt europäischen Zusammenhang. In mehreren in sich geschlossenen Studien handelt er die antiken Berichte der Hundsköpfigen (mit ihren bis nach Indien aus greifenden Wurzeln), ferner die frühchristlichen und frühmittelalterlichen Sagenzeugnisse und in ihrem Zusammenhang auch die höchst merkwürdige Gestalt vom „heiligen Hundekopf" St. Christophorus (über den bereits H. F. Rosenberg, Der hl. Christophorus, 1937, berichtete) ab und wendet sich schließlich als zentralem Kapitel den germanisch-finnisch-estnischen Überlieferungen (einschließlich des berühmten litau ischen Werwolf-Protckolls von 1691) zu. Die für die Sozial-, Masken- und Mythenkunde gleich wichtigen Ausführungen werden mit der Erkenntnis beendet, daß es sich bei dem Sagenkomplex um die Hundskopf träger um antikes Erbe handelt, das in Europa zwei Hauptverbreitungsgebiete erfahren hat, nämlich den skandinavisch-baltischen Norden tmd den slowenisch kroatischen Südosten. - Wir können nicht umhin, diese Feststellungen dahingehend zu ergänzen, daß sich zwischen diese beiden Überlieferungsbereiche ein dritter, in Österreich gelegener, einschiebt, der ge kennzeichnet wird durch das Auftreten von Hunde masken (bis zur 1944 erfolgten Zerstörung der öbjekte durch deutsche Soldaten beim Nikolausaufzug in St. Roman im Sauwald - s. E. Burgstaller, Ein Nikolausbrauch im oö. Innviertel. Oberd. Zs. f. Volksk. 1943 -, in den von L. Kretzenbacher ange führten Nikolausumzügen in Mitterndorf im Ennstal gibt es keine derartigen Hundemasken); in dem Vorkommen von Abstammungssagen adeliger Fa milien wie der Grafen Hundt im Innviertel, der „Hunde von Kuem-ing" in Niederösterreich; in der Ausstattung der Pfettenenden in Form von nach allen vier Seiten ausblickenden Flundeköpfen in Ober österreich (Rez., Maskenschnitzereien an oö. Bauern häusern. Geramb-Festschrift 1949); den Berichten über die Verschleppet von Kirchenbaumaterial in Form von Wesen mit menschlichen Beinen und Hän den, aber Tierhäuptern in Rainbach-Eibenstein (Rez., Der Eibenstein und seine Probleme. ÖÖ. Heimatbl. 1969) und schließlich dem Bericht über beliebige Verwandlung von vier Burschen in Wölfe im Salz burger Lungau (M. Dengg, Limgauer Sagen. 1968), so daß sich nunmehr die Lücke zwischen dem nörd lichen und südlichen Verbreitungsgebiet zu schließen beginnt und eine einheitliche, Mitteleuropa durch ziehende Ostgrenze der Berichte über die dämonischen Hunde- und Wolfsköpfigen sichtbar wird. E. B. Karl Felix Wolff, Dolomitensagen. Sagen und Überlieferungen, Märchen und Erzählungen der ladinischen und deutschen Dolomitenbewohner. 12. Aufl., 167. Tausend. Tyrolia-Verlag, Innsbruck 1969, 800 Seiten. Obwohl die Universität Innsbruck dem 1966 verstorbenen greisen Schriftsteller F. K. Wolff 1957 die hohe Auszeichnung mit der Medaille „Excellente de Litteris" in Würdigung seiner großen Verdienste um die Erforschung der rätisch-ladinischen Volks überlieferungen im Dolomitengebiet verliehen und ein so großer Forscher wie Prof. V. v. Geramb das Erscheinen der Dolomitensagen seinerzeit als „Alpen glocken des Volkstums" feierlich gewürdigt hat, wird der heutige Sagenforscher dem stattlichen Werk mit einiger Zurückhaltung gegenüberstehen. Denn K. F.

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