OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 1/2

Fällen neben den Anwesen und Liegenschaften auch die Namen der Inhaber. Die Familien namen haben sich in diesem Bereich erst im späten Mittelalter meist aus den Hausnamen oder aus der Berufsbezeichnung gebildet. Die freieigenen Höfe waren Überreste aus der Rodungszeit, ihre Besitzer waren freie Bauern und von Abgaben und Leistungen befreit. Dieses erste Urbar nennt aber auch einen Mairhof, das heutige Liebenstein Nr. 14. Dieser Name kennzeichnet den Hof als sehr große bäuerliche Wirtschaft oder vielleicht auch als Sitz eines herrschaftlichen Meiers (Güter verwalters) während der Rodungszeit, Er kann eventuell auch die leitende Funktion inner halb der Dorfgemeinschaft ausgeübt haben. Diese freie Dorfgemeinschaft verfügte seit der Rodungszeit über oft nicht unbedeutenden Grundbesitz, die sog. Almende; noch im Josephinischen Lagebuch von 1787 war dieser Grundbesitz mit 284Joch veranschlagt. Ein Gemeindehirte war im Dienste der Dorfgemeinde und hatte als Wohnsitz das gemeindeeigene Halterhäusl.^' Auch über eine eigene Mühle, die sog. Pelzmühle, die 1449 genannte ,Liebenstainer muF"' (heute Eibenberg 15), und die schon 1400 urkundlich belegte ,Stubn', ein etwas abseits vom Dorfe gelegenes Gebäude, das für das Rösten des Flachses, vielleicht aber auch als Badestube in Verwendung stand, verfügte die Dorfgemeinschaft.^^ Das Gesamturbar der Herren von Wallsee von 1449 jedoch zählt alle diese Bauernhöfe bereits zum Besitz der Herren von Wallsee zu Seisenegg.^^ Die Tatsache, daß im ältesten Urbar von 1400 Liebenstein noch als Dorf freier Bauern aufscheint, läßt sich aus dem geschichtlichen Hintergrund der rund 50 Jahre bis zum nächsten Urbar erklären. Schwere Zeiten kamen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts über unsere Heimat. Die Raubzüge und Plünderungen der Hussiten griffen von Böhmen auch auf das Mühlund Waldviertel über. Die Grenzen gegen Böhmen wurden mit Mannschaften besetzt, die freien Bauern mußten Kriegsdienste leisten und für die Verpflegung der auf ihre Kosten ausgerüsteten Soldaten aufkommen. Diese Ereignisse haben sicherlich dazu beigetragen, daß sich die ehemals freien Bauern von Liebenstein unter die Obhut eines großen und mächtigen Herrschaftsgeschlechtes stellten und sich deren militärischer Abwehr einordneten. Es war dies das Geschlecht der Herren von Wallsee (1407-1450) als angrenzendes Adels geschlecht. So erscheinen diese Bauern auch im Urbar von 1449 als abgabenpflichtige Unter tanen dieser Herrschaft auf. Die acht, ehemals freien Bauern waren mit je 10 Pfennig und der Mairhof mit 14 Pfennig veranlagt. Es war also eine besondere Zwangslage, die diese freien Bauern zur Aufgabe ihres althergebrachten Rechtes veranlaßte. Die Herrschaft trachtete nun, in diesem neuerworbenen ehemaligen Freibauerndorf einen herrschaftlichen Vertreter anzusiedeln. Zur Ausführung dieses Planes benötigte man einen entsprechenden Wohnsitz. Im oberösterreichischen Lehensrecht war festgelegt, daß Herr Schäften zur Errichtung eines Hauses für ihre Zwecke berechtigt waren; nähere Bestimmungen über das Aussehen eines solchen herrschaftlichen Sitzes waren nicht gegeben. Die Wehrhaftigkeit aber war eine unumgängliche Forderung. Daher deutete ein Turm den herrschaft lichen Besitz an, bei kleinen Sitzen war überhaupt nur der gemauerte Turm allein vorhanden. Als die Herrschaft Wallsee nun daranging, im geschlossenen Dorf Liebenstein einen " Ebd. S. 491. " Ebd. S. 477. Ebd. S. 405. " Ebd. S. 391. Schloßarchiv Wallsee: Gesamturbar der Herren von Wallsee 1449.

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