bücherlich sichergestellten Forderungen an sich und konnte so mit Kaufvertrag vom 1. De zember 1839 das gesamte Anwesen, ohne für mehr als die Amtsgebühren aufzukommen, übernehmen. Da er selbst schon im Markt das Haus Nr. 34 besaß, wurde als Käufer sein löjähriger Sohn Johann eingetragen®^. Die zum Hause Nr. 20 gehörigen Gründe wurden nun vom Hause des alten Schmoll aus bewirtschaftet. Die Wohnung aber blieb weiterhin der Familie Mittermüller, denn die alte Mutter, Franz Schmolls Schwester, hatte sich nach dem Tode des Gatten einen bescheidenen Naturalauszug in der oberen Stube gesichert. Nach ihrem Ableben im Februar 1843 scheint dort der immer noch unverheiratete Sohn Karl, anscheinend völlig passiv, dahinvegetiert zu haben. Ob seine Hilflosigkeit auf geistiger oder körperlicher Unzulänglichkeit oder auf beiden beruhte, kann nicht mehr festgestellt werden. Als er sich im Hersbt 1845 den Arm brach, stellte Pfarrer Reindl dem „armen Karl Mittermüller", wie er ihn in seinem Journal immer nannte, ein Empfehlungsschreiben an die Barmherzigen Brüder zu Linz aus, denn der Markt bader verweigerte ihm wegen seiner notorischen Zahlungsunfähigkeit jede Behandlung®®. Doch unterblieb aus eben diesem Grund die notwendige Amputation,und am 15. April 1846 starb der letzte Mittermüller im Markt Windhaag, 50 Jahre alt, „an Abzehrung infolge eines unheilbaren Hautgeschwürs durch zu leichte Behandlung eines gebrochenen Armbeines". Die Geschicke seiner vier Schwestern sind rasch erzählt. Außer einer, die noch im Alter von 34 Jahren einen Freistädter Tischlermeister heiratete, aber dann bald starb, brachten es die drei anderen zu keinem Ehemann, wohl aber zu je einem unehelichen Kind. Da sie im ehemaligen Elternhause keine Existenzmöglichkeit mehr hatten, verdingten sie sich bei Bauern in der Umgebung als Mägde, wo sie, teilweise in recht hohem Alter, gestorben sind®'. Der Niedergang der Familie Mittermüller zu Windhaag, der hier als notwendige Er gänzung zum Aufstieg ihres Begründers geschildert wurde, ist ein besonders krasses Beispiel für das uralte Gesetz von der Unbeständigkeit alles Irdischen. Im Markt Windhaag, wo kein Haus bisher länger als 200 Jahre bei demselben Namen geblieben ist, verschwanden die Pramhofer von Nr. 8 nach 193, die Puchmayr von Nr. 1 und die Diridl von Nr. 10 nach rund 165, die Pils von Nr. 6 nach 145, die Gensegger von Nr. 21 nach 123, die Pachner von Nr. 33 nach etwa 110, die Peyrl von Nr. 3 und die Jobst von Nr. 36 nach rund 85 Jahren. Doch in allen diesen Fällen gelangte das Stammhaus durch Heirat an einen Schwiegersohn oder einen zweiten Gatten oder, in zwei Fällen, durch Kauf an einen nahen Verwandten, während Familie und Name der Vorbesitzer sich auf einem Haus in der Umgebung oder in einer Stadt - meist Freistadt - weiter fortpflanzten. Nirgends aber kam es dabei zu einem so entsetzlichen totalen Zusammenbruch, gleich erschöpftem Erlöschen nach übermäßiger Anspannung, wie bei den Mittermüller auf dem Hause Nr. 20, rund 110 Jahre, nachdem es Joseph Mittermüller erworben hatte. Seinen Nachkommen in Blindenmarkt und GroßSiegharts ging ihr Besitz noch rascher verloren. Möglicherweise sind sie in den Sog der Groß stadt Wien geraten, wo ihre Familien einen neuen Aufstieg erfahren haben mögen. Verschont von dem allgemeinen Niedergang blieben nur die Nachkommen von Joseph Mittermüllers Töchtern, und auch seine Urenkelinnen erwiesen sich zum guten Teil als tüchtiger und vitaler als die männhche Nachkommenschaft, eine Erscheinung, die oft genug bei degenerierenden HerrscherfamiHen zu beobachten ist. Grundbucharchiv a. a. O., Gewährbuch 7 d. Herrsch. Reichenau, 322. " PfA. Windhaag b. Fr., Journal d. Pfarrers Reindl, 184. " Als letzte die 76jährige Anna Mittermüller am 25. März 1874 zu Oberwindhaag Nr. 5. Die erwähnten außer ehelichen Kinder, durchwegs Mädchen, starben in zartestem Alter im Hause Windhaag Nr. 20.
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