OÖ. Heimatblätter 1970, 24. Jahrgang, Heft 1/2

das ihn nicht nur seinen Mitbürgern, sondern noch mehr der Obrigkeit in Reichenau ver pflichtet hätte, mehr Kraft und Zeit widmen hätte müssen, als ihm daraus Gewinn erwachsen wäre. Von dem Ansehen, das seine Umsicht und Genauigkeit bei der Bürgerschaft gewonnen hatten, zeugt, daß man ihn ab 1736 zum Ratsbürger wählte, als der er den jährlichen Rech nungsabschluß der Marktkasse neben dem Marktrichter und dem Gemeinredner überprüfte, was vorher und später allein Sache dieser beiden Männer gewesen war^^. Auf jeden von Joseph Mittermüllers fünf Erben entfiel eine Erbschaft im Wert von 3992 Gulden, vier Schilling, 24 Pfennig. Seiner Witwe wurde außerdem die im Heirats kontrakt vorgesehene Summe von 700 Gulden und das Haus Nr. 28 zum Alleineigentum überwiesen, wogegen sie aufjeden Auszug verzichtete. Nach dem Tode ihres zweiten Mannes, des Maurermeisters Philipp Walch, verkaufte sie das Haus dem Maurer Klopf und wohnte dann bis zu ihrem Tode 1785 bei ihrer Tochter in Leopoldschlag. Joseph Mittermüllers älterer Sohn Johann hatte mit starker finanzieller Hilfe durch den Vater den Braugasthof „Zum goldenen Adler" in Blindenmarkt bei Amstetten erworben, den er aber schuldenhalber nicht halten konnte. Mit Hilfe der väterlichen Erbschaft kaufte er sich dort ein zweites Mal an, doch mit dem gleichen Mißerfolg. Nachdem er sich noch einige Zeit als Marktschreiber durchgebracht hatte, starb er 1766, erst 58 Jahre alt''. Im Gegensatz zu ihm scheinen seine beiden Stiefschwestern stärker nach dem Vater geraten zu sein. Beide wurden 67 Jahre alt und fanden als „gute Partien", ehe sie das 20. Jahr erreicht hatten, tüchtige und begüterte Männer als Gatten, welchen sie zahlreiche Kinder schenkten: Maria Anna den Brauer Scherb auf dem Hause Leopoldschlag Nr. 17, das sie dann auf ihren zweiten Mann, den Müllerssohn Johann Michael Reckenzain, übertrug, Theresia den Freistädter Gastwirt Ignaz Leeb. Der 1730 geborene Leopold Mittermüller, dem als dem jüngsten Sohn nach Landes brauch das Elternhaus mit allen Gründen und Fahrnissen eingeantwortet wurde, konnte mit Hilfe des reichlich vorhandenen Bargeldes und der einzutreibenden Schulden alle Ab gaben an die Herrschaft und die Ansprüche seiner Miterben termingerecht befriedigen. Nicht ganz ein Jahr nach der Übernahme des Besitzes vermählte er sich mit der 22jährigen Justine Jobst, die ihm außer einer schönen Mitgift zwei Jahre später, nach dem Tode ihres Vaters, des Marktrichters Carl Jobst auf dem Hause Windhaag Nr. 36, noch eine Erbschaft von rund 800 Gulden zubrachte'^. Das Kapital und die Betriebsmittel, mit welchen der 25jährige Leopold seine Wirksamkeit begann, beliefen sich in ihrem Gesamtwert auf das 40fache dessen, womit seinerzeit der Vater angefangen hatte. Doch dem Sohn fehlte manche der Eigenschaften, die jenen ausgezeichnet hatten, so z. B. Selbstbeherrschung und Sach lichkeit, sonst hätte er nicht 1751 gleich seinem Vetter Taddäus Puchmayr einen Gulden Strafe in die Marktkasse zahlen müssen, weil sich „beede in Marckfreyheiten vergriffen"" hatten, und auch die unverwüstliche Gesundheit, denn er starb schon im Alter von 45 Jahren am 1. August 1775. Seine letzten sieben Jahre hatte er als Witwer verbracht, ohne sich ent schließen zu können, seinen fünf unerwachsenen Kindern eine zweite Mutter zu geben. Offenbar fehlte es ihm auch an Unternehmungsgeist und Selbstvertrauen. Leopold Mitter müller hat sich ja zeit seines Lebens nur in gebahnten Geleisen bewegt, ohne jeweils Neues planen oder aufbauen zu müssen. Dem anstrengenden Maurerhandwerk, das sein früh- " OÖLA. MA.W. Sch. 3. " Pf.A. St. Georgen a. Ybbsfeld, MA. Blindenmarkt, NÖ. OÖLA. LGA. R 168, 77 ff. " D. h. während der Jahrmarktzeit, als das Marktfreiungszeichen ausgesteckt war. (OÖLA. MA.W. Sch. 4.)

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